Hunters – Nazi-Jagd in den USA
Was ist von der Amazon-Prime-Serie „Hunters“ zu halten?
Erstes Zitat: „Gedenkstätte Auschwitz verurteilt “Hunters“: In der neuen Amazon-Serie “Hunters“ geht eine Gruppe auf Nazi-Jagd. Einige Szenen seien historisch unkorrekt, kritisiert die Gedenkstätte Auschwitz. Sie wirft dem Online-Riesen sogar eine “Einladung für Holocaustleugner“ vor.“ (NTV, 24.2.2020).
Das ist harter Tobak, insbesondere stören sich die Verantwortlichen an den sehr fiktiven Gräuelszenen im KZ. Das kann man erst einmal so stehen lassen. Und doch, das zweite Zitat: „Nach dem Zweiten Weltkrieg wandert ein ehemaliger KZ-Wächter mit seiner Familie unbehelligt in die USA aus. Doch Jahrzehnte später wird er doch noch aufgespürt“ und weiter: „NS-Jäger Rosenbaum sagte nun, B. sei womöglich einer der letzten in den USA lebenden NS-Schergen, „vielleicht der Letzte“.“ (NTV, 6.3.2020). Damit wäre diese Serie, so fiktiv sie auch ist, durchaus fundiert.
Die Serie im Kurzüberblick
Der junge Jude Jonah wächst bei seiner Großmutter in New York auf und wird Zeuge ihrer Ermordung. Schnell kommt er mit einer Gruppe von Nazi-Jägern in Kontakt, sie wissen, warum seine Oma ermordet wurde. Und sie suchen untergetauchte Nazis und fackeln nicht lange. Doch auch das FBI interessiert sich für diese Todesfälle und so werden Jäger zu Gejagten und mehr als nur ein großes Komplott wird offenbart. Verluste gibt es auf beiden Seiten. Das Ganze läuft über 10 Folgen, in denen sich außer Jonah und der FBI-Agentin Millie höchstens noch der amerikanische Handlanger der Nazis Travis weiter entwickelt.
Kritik/Bewertung
Zunächst: siehe oben. Es gibt sie noch bzw. es gab sie wirklich, die ehemaligen Nazis, die in den USA Unterschlupf fanden. Doch muss man deshalb KZ-Szenen vollkommen wirklichkeitsfern „nachstellen“? Um diesen Streit soll sich Amazon kümmern.
Doch was ist von der Serie zu halten? Die Schauspieler bzw. ihren Rollen: Al Pacino als Meyer-Offermann, dem Anführer der Jäger und Dylan Baker als Biff Simpson, der es zum Berater von Präsident Carter gebracht hat. Spielen grandios. Alle anderen?
Klischee über Klischee.
Da gibt es im Team der Jäger -natürlich!- eine junge Schwarze, natürlich mit Afrolook, einen Asiaten, der in Vietnam gekämpft hat, einen jüdischen Schauspieler der 3. Liga, ein altes jüdisches Ehepaar, eine Nonne mit jüdischen Wurzeln und Verbindungen zum britischen Geheimdienst (das macht ja wirklich Sinn!).
Und die Nazis? Wollen ein 4. Reich errichten, was denn sonst. Ach ja, und als Meyer-Offerman Personenschutz benötigt, engagiert er die „Kosher-Nostra“. Geht’s noch??
Die Geschichte selbst? Nach einem wirklich starken Beginn in der ersten Folge wird die Story anfangs klar, und gradlinig fortgeführt -der unbedarfte Jonah kommt zu den Jägern und kann helfen, um dann Folge für Folge immer mehr überall hin auszuufern. Muss die FBI-Agentin Millie wirklich erstens schwarz und zweitens noch lesbisch obendrauf sein? Muss die Angst vor dem Kommunismus wirklich alles in den USA rechtfertigen?
Die McCarthy-Ära war in den 50er Jahren, also noch nicht (!) 1945 und nicht mehr 1977. Das passt einfach alles nicht.
Da nützt es auch nichts, wenn Simon Wiesental und seine Organisation von den Jägern aufgesucht wird. Das soll Authentizität erzeugen, die aber nicht da ist. Und dann die letzte Folge, Folge 10. So viele Wendungen, dass einem schwindlig wird. Wohin soll die Reise (also die nächste Staffel) gehen? Nach Europa -da wollen die Jäger hin? Nach Südamerika -Hoppla, da lebt ein alter Mann mit einem markanten Bärtchen unter der Nase? Oder bleiben wir in den USA, wo Travis sich im Gefängnis eine weiße Armee aufbauen will? Das alles in Kürze Historisch Bewanderte werden sich an den vielen Fehlern reiben. Eine tolle Story ist es auch nicht, trotz gewisser Belege für die „wahren Begebenheiten“.
Große Schauspielkunst ist nicht zu erwarten, die beiden Ausnahmen habe ich oben angeführt. Einmal anschauen ist schon ok, aber wer die Serie nicht gesehen hat, hat definitiv nichts verpasst. Staffel 2? Ohne mich!