In unserer beliebten Kolumne geben wir Gastkommentatorin Susi (Lydia Gaßner), die ursprünglich aus Oberösterreich stammt und seit einiger Zeit in Gsiberg wohnt, jeden Sonntag Platz für ihre fantasievollen Texte, welche immer nach einer Prise Wahrheit verfasst werden.
„Es is supr‘. Üs verschtot koana. Do könnan ma in Ruah reda.“ – „Jo, es is wüarki cool“. Ich blicke vom Buch auf, trinke einen kühlen Schluck Radler und lächle. Um auf den langen Zugreisen nach Vorarlberg viel Platz zu haben, habe ich mir früh angewöhnt, mich zu der saufenden Jugend zu setzen. Danach möchte keiner mehr in dieses nach Alkohol und Testosteron stinkende Abteil und sucht sich lieber einen anderen Platz. Um meine Sympathien noch zu reduzieren, habe ich selber Bier und – der Hammer – ein Thunfischbrot mit. Herrlich, da wird die Nase gerümpft und der eine oder die andere wechselt schnellstens den Platz. Somit kann ich die Füße hochlagern. Die zwei Burschen erzählen über vieles, in der Gewissheit, niemand würde sie verstehen. Nach einem kurzen „Oh, Pech. I verstand eu leider scho!“ mussten sie erstmal schlucken.
Verzweifelt suche ich die Apotheke, denn offensichtlich habe ich mich in der Straße verirrt und da ich eine Frau bin, spreche ich umgehend die nächste Person, die mir über den Weg läuft, an. Prompt kommt sehr langsam mit – mir scheint fast geplagtem – Hochdeutsch die Antwort: „Ja, da g-e-h-en Sie am besten…“ Ich erlöse den Mann mit den berühmten und offensichtlich besten Satz, den ein Vorarlberger in seinem Leben jemals hören kann: „Sie können ruhig im Dialekt sprechen. Ich verstehe Sie schon!“ – „Ah guat!“ Ein entspanntes schulterfallendes Aufatmen, ein erleichtertes Aufblitzen in den Augen und die Falten verschwinden aus dem Gesicht, und er sprudelt in seiner gewohnten Sprache weiter.
Gibt es gewisse Sprachregeln, die ein Zugezogener lernen kann? Mir war anfangs eigentlich klar, dass die Westösterreicher ziemlich sportlich sein müssen und umweltbewusst obendrein, denn sie gehen überall hin. Aber ich wurde eines Besseren belehrt, denn sie gehen in der Regel immer mit dem Auto.
Und vielleicht kennen Sie das Lied „Wer will fleißige Handwerker sehn“? Am Ende heißt es, der Kuchen wird bald fertig sein. Ja, genau, heraus mit ihm aus dem Ofen! Aber was heißt das, wenn die Schwiegermutter zu mir sagt, der Kuchen ist fertig? Ich denke, ja, fein, ich nehm‘ ein Stück, wo ist er denn?
Ja, der Kuchen, der ist leider fertig.
Hier gehts zur Kolumne #7:
Denn sie gehen in der Regel mit dem Auto… köstlich.