Wie erlebt jemand die momentane globale Krise, wenn er nach zwei Wochen häuslicher Quarantäne wieder zum ersten Mal rausgeht. Was findet er vor, auf unserem ehemals blauen Planeten, der seit 2020 wohl passender als „Corona-Planet“ bezeichnet werden könnte. Er sieht Menschen, die wortlos, einzeln und meist in Trainerhosen wie Zombies herumspazieren. Auf den Straßen befinden sich kaum Fahrzeuge, weder PKWs, LKWs oder auch Fahrräder und Kikis. Der Himmel ist blau, keine Flugzeuge in Sicht. Es ist kurz vor Mittag. Die Apotheke hat noch geöffnet. Der vielleicht wichtigste Ort. An der Tür klebt ein übergroßes weißes Plakat. In roten Lettern steht darauf: „Maximal drei Personen gleichzeitig. Warten Sie an der Tür, bis wir sie hineinlassen.“ Da heute Samstag ist und kurz vor Mittag, ist niemand außer den beiden Bediensteten im Inneren. Vor jedem der beiden Tresen ist eine große aus Plexiglas gemachte Wand, die vor Tröpfcheninfektion schützen soll. „Ausgezeichnet“, denkt er sich, denn wenn diese netten Menschen am Virus erkranken, dann ist es ganz aus. n dieser gefühlten Ewigkeit, in der die Apothekerin die Sachen sucht, traut er sich kaum zu atmen. Beim Tresen steht ein Schild, worauf die Kunden aufgefordert werden, wenn möglich mit Kreditkarte zu bezahlen. Das ist ihm recht, er hat sie bereits in der Hand und bezahlt bargeldlos. I Die Feuerwehrsirene ertönt, wie jeden Samstag. Es ist exakt 12 Uhr. Und wie jeden Samstag wirft er einen Kontrollblick auf seine Armbanduhr. „Stimmt“ denkt er sich, der Uhrenvergleich ist gelungen. Dieses akustische Signal erzeugt in ihm ein Stückchen Sicherheit, denn solange wenigstens noch diese Sirenen ertönen, ist die Welt ja noch halbwegs in Ordnung. Ist sie das wirklich?
Keine öffentlichen Versammlungen mehr, keine Fußballtrainings oder Matches, kein Kino, kein Hallenbad, keine Restaurantbesuche, rein gar nichts. „Wenn es so weiter geht, dann wird noch eine Ausgangsperre verhängt, weil noch viele unvernünftige Menschen sich nicht an die Anordnungen der Regierung halten und wegen diesen die Polizei einschreiten muss“ denkt er sich und sitzt sich sogleich ins Auto. Neben ihm das Desinfektionsmittel. Er würde sich damit am Liebsten überschütten, damit duschen. Die Medikamente und die Rechnung wird er jetzt zwei Tage einfach auf dem Beifahrersitz liegen lassen, da könnten ja kontaminiert sein. Dass er jemals zu so einem Hypochonder werden würde, hätte er sich seinen Lebtag nie vorstellen können. Ihm graust jetzt, Türklingen anfassen zu müssen, sich Personen auf weniger als einen Meter zu nähern oder einkaufen zu müssen. Er versucht zu verstehen, wie die alte, gewohnte Welt innert so kurzer Zeit sich so drastisch verändern hatte können. Er fragt sich ernsthaft, ob es jemals wieder so wird wie früher. Er gesteht sich eines ein, nämlich dass dieses Corona ihn noch sein Leben lang begleiten wird und er seinen Enkelkindern wohl „von den Anfängen des Endes der alten Welt“ erzählen wird!