Heute beginnt auf Gsi.News eine neue Serie, welche durch die Coronapandemie hervorgerufen wurde. Da Museumsbesuche im Moment leider nicht möglich sind, bietet das Feldkircher Schattenburgmuseum Einblicke in Amtsräume mit Ausblick.
„Wir versuchen mit der Serie ‚In 18 Bildern durch das Schattenburgmuseum‘, das Schattenburgmuseum mit seinen Räumen und Kunstschätzen auch in Zeiten der Sperre zu Interessierten zu bringen“ erklärt Michaela Doppelbauer die Beweggründe. Heute starten wir auf Gsi.News mit den ersten beiden Räumen, dem gotischen Zimmer mit den Wappen und im Anschluss die Vogtei mit dem Tafelbild von Clessin der „Auferstandene“.
Aus Berichten des k. k. Konservators Gustav Härtenberger (1828 – 1909) geht hervor, dass das Innere der Schattenburg nie besonders prunkvoll ausgestattet gewesen sei. Nur im mittleren Turm, dem „Vogteiturm“ (Bild unten), zeigte sich ein anderes Bild.
Hier befand sich schon in früheren Jahrhunderten das mit gotischem Täfer, profilierten Fugenleisten sowie gotischen Spitzbögen aus dem Anfang des 16. Jh. etwas geräumigere und besser ausgestattete Zimmer, das heute im Museum unter dem Namen „Gotisches Zimmer“ bekannt ist. Rund Zweihundert Jahre später wurden im oberen Bereich an die zwanzig Wappen verschiedener Patriziergeschlechter, besonders aber der Vogteiverwalter aufgemalt. Denn das sogenannte gotische Zimmer war eines der ehemaligen Amtsräume des Vogtes oder Vogteiverwalters mit zwei Fenstern gegen die Stadt, den Ardetzenberg und die Burg Tosters und einem Fenster seitwärts mit Blick auf das Vorderland und Schloss Amberg. Hier pilgerten über die steinerne „Bettlerstiege“ die Feldkircher Bürgerinnen und Bürger herauf, um dem jeweiligen Vogt untertänigst ihre Bitten darzubringen.
1875 wurde jedoch alle Wappen – mit einer einzigen Ausnahme – nach München verschenkt. Über dem Durchgang zur Vogtei, dem Ziel unseres nächsten Berichtes, finden wir nur mehr die Wappen von Vogteiverwalter Heinrich Walther von und zu Weissenberg und jenes seiner Ehefrau Maria Elisabeth geborene Furtenbach (1667). Die beiden Räume wurden während des zweiten Weltkriegs als eigene kleine Wohnung genutzt und erst 1953 dem 1912 gegründeten Heimatpflege- und Museumsverein für das Museum wieder freigegeben. Neben dem Raum selbst gibt es hier die schwarze, gotische Stollentruhe aus Eisen mit den altbewährten Schlüssellochschlangen, die spätgotische Wanduhr aus Schmiedeeisen oder auch die Stadtkassa von Feldkirch, die bei Familien-, Geburtstags- und Schulführungen besonders wichtig ist, Heiligenfiguren, einen spätgotischen Zargentisch oder Renaissancestühle zu bewundern. Es lohnt sich, die Objekte genau zu studieren. Viele Details erschließen sich erst bei näherer Betrachtung und selbst langjährige Fans der Schattenburg entdecken immer wieder Erstaunliches.
Schattenburgmuseum: Epitaphe und Tafelbilder in der Vogtei
Auch vom heute zweiten Raum des Schattenburgmuseums, der Vogtei, berichtet k. k. Konservator Gustav Härtenberger, dass bereits Anfang des 19. Jahrhunderts die letzten Reste beweglichen Mobiliars von kunsthistorischem Interesse abhanden gekommen seien.
Dem Feldkircher Museumsverein gelang es Schritt für Schritt, den Raum mit bedeutenden Kunstschätzen aus der Region neu einzurichten. Die Vision einer bewohnten Burg stand bei allen Überlegungen als Museumskonzept im Hintergrund.
Beherrscht wird die Vogtei durch eine Reihe äußerst interessanter Epitaphe. Grabbilder – sogenannte Andachtsbilder – die zum Gedenken an Verstorbene gestiftet wurden. Drei große Bildtafeln mit Segmentbogenabschluss befanden sich früher in den Nischen der Friedhofsarkaden von St. Peter und Paul. Die von Bürgerfamilien gestifteten Epitaphe wurden teilweise über mehrere Generationen verwendet, was die öfter übermalten Stifterwappen beweisen. Im unteren Bereich der Bilder findet man häufig sämtliche Familienmitglieder, vom Kleinkind bis zu den Großeltern, im Mittelfeld sind Szenen aus der Bibel dargestellt. Im Rahmen hingegen lässt sich häufig ein Widmungstext erkennen. Der historische Wert dieser Werke aus vier Jahrhunderten liegt vor allem im der Dokumentation der Alltagskleider aus jener Zeit.
Noli me tangere
Ein für Feldkirch zentrales Werk stellt das Tafelbild von Johann Georg Clesi (Clessin) „Auferstandener vor dem Grabe mit den drei Frauen“ von 1607 dar. Dieses einzige noch bekannte (oder erhalten gebliebene?) Tafelbild aus dem ehemaligen Magdalenenzyklus der St. Magdalenenkirche in Feldkirch-Levis ist eine kunsthistorische Besonderheit. Erst bei der 2011 erfolgten Renovierung, bei der auch das Hauptbild mit dem Segmentbogen zusammengeführt wurde, konnten die Restauratoren Dipl. Rest. Angela Kaufmann und Mag. Art. Arno Gehrer (Bregenz) die Vorlage für das Gemälde ermitteln. Es handelt sich dabei um einen Kupferstich von Johann (Jan) Sadeler d. Ä. (1550 – 1600/01), den dieser nach dem Gemälde „Noli me tangere“ (Rühr mich nicht an) aus dem zwölfteiligen Bilderzyklus „Passion Christi“ von Marten de Vos (1532 -. 1603) angefertigt hatte. Clessins Werk und der Kupferstich stimmen in allen wesentlichen Details überein. Der Feldkircher Künstler ließ lediglich einen Baum im Mittelgrund weg, gab Jesus eine Schaufel in die Hand und stellte die Motive seitenverkehrt dar. (Sadelers Werk siehe: https://www.metmuseum.org/art/collection/search/654701)
Dieses Werk stellt für die Schattenburg und die Region eine große Besonderheit dar, kann man doch nur selten Werke des Feldkircher Malers bewundern. Sein bekanntestes ist jedoch das großformatige Fastentuch der Pfarrkirche Bendern, das sich heute im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz befindet.