Digitale Kulturarbeit im Bildungsbereich gestartet: Ideenaufruf und erste Projekte in Umsetzung

Carina Huber

Der Vorarlberger Kulturservice (VKS) und die IG Kultur Vorarlberg haben sich anlässlich des mit Covid-19 verbundenen Ausfalls von Kulturvermittlungsangeboten im Bildungsbereich auf die Suche nach Projektideen für digitale Kanäle gemacht. Ziel des Aufrufs war, mit der Expertise und den Ideen von Vorarlberger Kunst- und Kulturschaffenden eine Ausschreibung für Projekte zu gestalten, die die Begegnung mit Kunst und Kultur und die aktive Beteiligung daran auch in Zeiten häuslicher Isolation möglich machen.

Die fünf eingereichten Projektideen waren für die Kooperationspartner überraschend detailliert ausgearbeitet und zum Großteil bereits umsetzungsreif. Die unterschiedlichen künstlerischen und kulturellen Felder decken auf innovative Weise verschiedene Zugänge und Inhalte ab. Sie werden nun durch Projektgelder des Vorarlberger Kulturservice gefördert und von der IG Kultur Vorarlberg in einer interaktiven und interdisziplinären Weiterführung unterstützt.

Sabine Benzer, Projektinitiatorin vom Vorarlberger Kulturservice: „Wir sind begeistert von der Vielfalt an Ideen zu digitaler Kulturvermittlung im Bildungsbereich, die uns nach diesem Aufruf erreicht haben. Wir hatten aufgrund unseres Fokus auf direkte und partizipative Kulturvermittlung diese virtuelle Ebene bisher nicht im Blick und nicht wirklich Vorstellungen davon, wie sie funktionieren könnte. Jetzt haben wir eine Ahnung davon, welche Möglichkeiten sich da für die Kulturvermittlung auftun. Und wir möchten sie gerne in Zukunft nützen und unterstützen.“ Zur Zielsetzung der Kooperationspartnerschaft sagt sie: „Mit der IG Kultur Vorarlberg haben wir eine kongeniale Partnerin, die nicht nur kurzfristig an neue Formen der Kulturarbeit in der Krise denkt, sondern mit dieser Form von Kulturvermittlung auch ihre Vorstellungen von Solidarität und Zusammenarbeit im Kulturbereich noch einmal nachhaltig betont.“

Carmen Pratzner

Für Mirjam Steinbock, Geschäftsführerin der IG Kultur Vorarlberg, kam die Idee des Vorarlberger Kulturservice zum richtigen Zeitpunkt: „Der VKS regte gleich zu Beginn der Corona-Krise zu diesem Projekt an. Für uns ist neben Existenz-erhaltenden Maßnahmen für Kultureinrichtungen und Kulturakteuren aufgrund des Veranstaltungsverbots bis Ende Juni wichtiger denn je, mithilfe von niederschwelligen Formaten und Projekten und wertvoller Kulturarbeit handlungsaktiv mit aktuellen Herausforderungen umzugehen. Wir setzen auf Schwarmintelligenz, die wir in dieser Gruppe haben, um Neues zu denken und gestaltend aktiv zu sein.“ Johny Ritter, Vorstandsmitglied der IG Kultur Vorarlberg und Projektmitarbeiter, ergänzt: „Alle Projektteilnehmern haben ganz unterschiedliche Hintergründe und bringen umfangreiche kulturelle, soziale und politische Kompetenzen mit. Dies soll uns vor allem daran erinnern, diese Unterschiede nicht nur zu akzeptieren, sondern sie auch anzunehmen und miteinander zu verbinden.“

Der Vorarlberger Kulturservice fördert die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Kultur, zwischen Schülern, Lehrern, Kulturschaffenden und Kultureinrichtungen.

Carmen Pratzner

Entsprechend dem Slogan „Schule macht Kultur. Kultur macht Schule“ sieht sich der Vorarlberg Kulturservice als Bindeglied zwischen Schulen und Kultur, zwischen Schüler, Lehrer, Kulturschaffenden und Kultureinrichtungen Seine Aufgabe liegt auch in der Beratung und finanziellen Unterstützung sowie der Schaffung von öffentlichem Bewusstsein für die Bedeutung schulischer Kulturarbeit.

Teilhabe am kulturellen Leben, Zugang zu zeitgenössischer Kunst sowie Möglichkeiten kreativer Betätigung – dafür wird der Grundstein in der Schule gelegt. Hier werden alle Kinder erreicht. Es gilt also auch in Zukunft, diese Schnittstelle intensiv zu gestalten.

Die IG Kultur Vorarlberg ist die Interessenvertretung von über fünfzig autonomen Kulturinitiativen in Vorarlberg. Sie ist kulturpolitisch mitgestaltende Kraft und agiert im eigenen Namen wie im Namen ihrer Mitglieder, um die Arbeitsbedingungen für Freie Kulturarbeit zu verbessern.

Die Projekte developDance – Tanzpodcast der Tänzerin Carina Huber, die Geschichten für daheim von Hertha Glück und die Zeitzeug*innen-Berichte des Museunmsvereins Klostertal wurden zum Großteil bereits umgesetzt, das multimediale Projekt SCORES – Feel and Touch Your Surroundings von Tänzerin Carmen Pratzner und Fotografin und Filmerin Sarah Mistura ist wie auch „Wir machen Kunst!“, dem Leitfaden für Videoporträts von Vorarlberger Künstler*innen von Florian Gerer aktuell in der Ausarbeitung. Details zu den Projekteinreichenden, dem jeweiligen Projektstatus und weiterführende Links auf den Websites von Vorarlberger Kulturservice und IG Kultur Vorarlberg.

„Bubble Gum“ © Florian Gerer

Die Projekte im Detail NS Zeit im Klostertal – Zeitzeugen berichten

Daria Gula, Zeitzeugin Der Museumsverein Klostertal arbeitet u.a. auch daran, die regionale Geschichte im Zusammenhang mit der NS-Diktatur aufzuzeigen. Dazu wurde bereits zahlreiches Bildmaterial und Interviews von Zeitzeug*innen gesammelt. Geplant ist nun die Erarbeitung einer Plattform, die die Interviews der Zeitzeugen digital für Schulen ebenso wie für Interessierte zur Verfügung stellt und die durch Projektgelder unterstützt wird.So wird die Zeitzeugin Daria Gula, die als Zwangsarbeiterin an den Arlberg verschleppt wurde, in Kürze auf weitererzaehlen.at zu hören sein und über Marianne Brunner, Mitglied der Widerstandsbewegung in Klösterle, kann man sich bereits auf der Homepage des Museums informieren.

Statement Christoph Thöny: „Beim Museumsverein Klostertal befassen wir uns schon lange mit der Digitalisierung des materiellen und immateriellen Kulturerbes unserer Region. Naturgemäß spielt das auch in der Vermittlungsarbeit eine Rolle, etwa die Erinnerungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die wir seit mehr als 15 Jahren sammeln. Den Eindruck eines Besuchs im Klostertal Museum können digitale Formen natürlich nicht ersetzen, sie bilden aber eine wichtige Ergänzung.“ Kontaktdaten Christof Thöny, christof@thoeny.eu Museumsverein Klostertal, https://www.museumsverein-klostertal.at/

„Wir machen Kunst!“ – Vorarlberger Künstler Selbstporträts © Florian Gerer Für die Vermittlung des Vorarlberger Kunstschaffens fehlt oft das entsprechende Informationsmaterial für Schulen, vor allem in digitaler Form. Kleine filmische Selbstporträts von Künstlern sollen die digitale Vermittlung ihrer Arbeit fördern, indem sie und ihre Kunst sowohl niederschwellig von Lehrern im Unterricht, als auch in öffentlich zugänglichen Vorarlberger Kunstarchiven präsentiert werden können. Aus Projektgeldern wird die Entwicklung eines Leitfadens für die einfache Umsetzung der Videos der Künstler finanziert. Der Künstler Florian Gerer entwickelt und begleitet das Projekt, und zeichnet für den Filmschnitt verantwortlich. Angefragte Kooperationsvereine: Kollektiv-Raum, Kunst Vorarlberg und Berufsvereinigung Bildender Künstlerinnen und Künstler Vorarlbergs. Weitere Partner angefragt. Statement Florian Gerer: „Die digitale Kunst- und Kulturarbeit hat die Chance, einen barrierefreien Zugang zur Kunst und Kultur zu ermöglichen, während die analoge vor allem menschliche Begegnung fördert. Somit sollte es sich bei der digitalen und analogen Kunst- und Kulturarbeit nicht um ein „entweder, oder“, sondern vielmehr um ein „sowohl als auch“ handeln.“ Kontaktdaten Florian Gerer, florian.gerer@gmx.at, www.floriangerer.com

developDance – Tanzpodcast

Carina Huber (links) im Gespräch mit der Tänzerin Sibylle Hasler developDance, der von der Vorarlberger Tänzerin Carina Huber initiierte Tanzpodcast für Tänzern, Tanzpädagogen und Tanzinteressierte, möchte mit umfassenden Informationen und themenspezifischen Einblicken die Tanzszene im Bodenseeraum miteinander vernetzen und das gemeinsame Tanzschaffen fördern. Carina Huber bietet außerdem regelmäßig Online Tanzkurse mit interaktiver Kommunikation. Die Tanzkurse bestehen bereits und werden weitergeführt. Aus Projektgeldern wird die Arbeit von Carina Huber unterstützt. Freiwillige Spenden für den Tanzunterricht auf Instagram unter https://www.carinahuber.com/shop-1

Statement Carina Huber „Ich sehe durch den Podcast die Chance, mehr Menschen zu erreichen und sie für Tanz zu interessieren und zu begeistern. Mit dem Tanzpodcast möchte ich Tanz hörbar machen, wenn man ihn jetzt schon nicht sehen kann. Er soll Tänzern auch eine Plattform geben, über ihre Kunst zu sprechen. Die Online-Formate bieten damit gerade aktuell eine wichtige Ergänzung, ersetzen können sie die persönlichen Interaktionen und Lehrangebote aber nicht.“

Kontaktdaten Carina Huber, carina.huber1@gmx.at, www.carinahuber.com, Insta: @carinahuber_ In Kooperation mit netzwerkTanz – Verein für zeitgenössische Bewegungskunst

Geschichten für Daheim – zum Zuhören, Weiterspinnen und Weitererzählen Hertha Glück Hertha Glück ist Geschichtenerzählerin, die Märchen aus aller Welt ebenso wie Vorarlberger Sagen, Kräutermärchen und selbst verfasste Geschichten auf unnachahmliche Art und Weise vermittelt. Ihr Ziel ist es, die Fantasie und Kreativität Ihrer Zuhörer*innen zu beflügeln. In diesem Rahmen präsentiert sie aus ihrem riesigen Geschichtenrepertoire spannende Erzählungen, Märchen, Sagen für Kinder im Volksschulalter. In Zusammenarbeit mit Radio Proton – das freie Radio kann man die Geschichten im Proton-Kinderradio nachhören.

Statement Hertha Glück „Schickt mir doch Zeichnungen, Fortsetzungsgeschichten oder eigene Sagen zur gehörten Geschichte, Sage oder zum Geschichtenanfang. Macht es einfach so, wie es ‚aus den Fingern fließt‘. Alles ist richtig. Es gibt für die außergewöhnlichsten Ideen Buchpreise als Kreativgeschenk.“ Mit Angabe zu Name, Alter und Wohnort bitte an: hertha.glueck@aon.at

Kontaktdaten

Hertha Glück, hertha.glueck@aon.at, www.herthaglueck.at In Kooperation mit Radio Proton – das freie Radio

SCORES – Feel and Touch Your Surroundings Carmen Pratzner Ein Projekt für Tanz-Choreografie und neue Medien. In dieser Zeit ist der Raum beschränkt. Die Menschen müssen sich in ihren eigenen vier Wänden orientieren. Die Tänzerin Carmen Pratzner setzt sich in ihrer Arbeit mit Raumentzug und ihrer Auswirkung auf den Körper auseinander. Über soziale Medien leitet sie die Menschen an, ihre Körperwahrnehmung mittels Improvisationen zu schärfen. Ziel ist es auch, den eingeschränkten Raum in den alltäglichen Bewegungsroutinen zu erforschen, zu dokumentieren und eine neue Perspektive dazu einzunehmen. Die TeilnehmerInnen werden dazu aufgefordert, diese künstlerische Forschung mit kleinen Videos und Fotos festzuhalten. Die Medienkünstlerin Sarah Mistura setzt damit einen Film zusammen, der später in Kultureinrichtungen gezeigt werden soll. Statement Carmen Pratzner „Als Künstlerin und Pädagogin lasse ich mich natürlich oft von Fotografien oder Videos inspirieren. Selbst habe ich das bisher noch nicht als alleiniges Tool verwendet, da der Tanz doch erhebliche physische Präsenz benötigt und gleichzeitig eine sehr soziale Kunstform ist. Über den digitalen Kanal gehe ich mit unserem Projekt in ein analoges Erforschen. Inspiriert hat es mich auch, mit diesen Kanälen den Dialog an alternativen Orten zu suchen. Für dieses neue Projekt gibt es hier sogar einen noch niederschwelligeren Zugang. Voraussetzung dafür ist die Technik. Das sehe ich auch kritisch, ohne die unterstützende Technik ist man (speziell in dieser Zeit) außen vor.“

Die mobile Version verlassen