Vergangene Woche protestierten in Bregenz 500 Bürger gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung. Ich finde es gut, wenn man kritisch durchs Leben geht und vieles hinterfragt, aber das ständige Nörgeln und Jammern auf hohem Niveau nervt. Auch die vielen neugeborenen Corona-Fachleute und die ewigen „Nohejasser“, die alles besser wissen, sind nicht gerade förderlich für einen wirklichen Zusammenhalt. Man mag von Sebastian Kurz denken und halten was man will, aber ich finde, er hat alles richtig gemacht.
Der Lockdown muss nun enden und Begriffe wie „neue Normalität“ werden hoffentlich zusammen mit „Corona“ zum Unwort des Jahres 2020 gewählt werden. Abgesehen von den vielen Schicksalen, welche die Krise hervorgebracht hat, den Menschen, die durch das Virus schwer erkrankt oder gar gestorben sind, Menschen, die ihre Arbeit verloren haben und in Not geraten sind und mit Ängsten leben müssen, gibt es auch die andere Seite. Stichwort: Keine Nachteile ohne Vorteile. Eine Bekannte von mir ist seit Wochen auf Kurzarbeit und arbeitet nur Montags, von Dienstag bis Sonntag hat sie somit Wochenende. 10 % Arbeiten, 80 % bezahlt bekommen. Ihr Freund ist Lehrer und arbeitet zuhause. Er sagt, dass der Fernunterricht viel anstregender wäre, aber er spare sich den täglichen Weg zur Arbeit und genieße es, nicht mehr im Stau stecken zu müssen und auch dass Konferenzen quasi von der Couch im Wohnzimmer über Videochat gemacht würden. Bei Kaiserwetter haben die beiden ihre Zweisamkeit genießen können, machten ausgiebige Spaziergänge, sonnten sich und genossen die freie Zeit, um all jenen Dingen nachzugehen, für die sich sonst im Alltag keine Zeit findet. Das eine Zimmer wurde neu gestrichen, der Garten auf Vordermann gebracht, der Keller entrümpelt und die Fahrradkette geölt. An den wenigen Tagen, an denen es regnete, schauten sie alte Filmklassiker, sortierten und bearbeiteten Fotos und machten lange liegengebliebene Fotobücher aus den Urlauben der letzten Jahre. Zudem chatteten sie mit Freunden – er machte den Männerabend über Zoom und sie ihren Frauenabend mit den Ladys über Skype. Jeden Tag haben die beiden gemeinsam gekocht und auch neue Rezepte ausprobiert. Schließlich geht Liebe durch den Magen. Dazu mixten sie – richtig – leckere Koecktails. „Krise kann so schön sein“ sagte er. Und sie fügte hinzu: „Das darfst du nicht laut sagen, aber dieses Corona ist die vielleicht beste Zeit in unseren bisherigen Leben.“ Es fühlte sich an wie Urlaub auf Balkonien, ungestört zu zweit, ohne Störfaktoren wie Schwiegereltern, der nervige Chef oder die unzufriedene Mitarbeiterin oder ein Nachbar, der sich allabendlich das Feierabendbier abholen kommt oder einen Riecher dafür hat, dann zu Besuch zu kommen, just wenn der Grill angeschmissen und die Würste aufgelegt werden.
Uns in Österreich geht es im Vergleich zu den meisten anderen Ländern auf der Welt ausgesprochen gut. Unser Staat schaut auf uns (natürlich schaut er zuerst auf sich, aber das liegt in der Natur der Sache) und unterstützt uns. Es wäre also durchaus angebracht, einmal Danke zu sagen anstatt sich immer nur zu beschweren und nach Fehler zu suchen!