Neuer Scheidungsboom während Corona-Krise?

Während der Corona-Krise wird die Anzahl der Scheidungen wohl wieder stark ansteigen. Gerade wenn man mehr Zeit miteinander verbringt, treten die Differenzen vermehrt zutage. In Österreich gilt bei der Scheidung immer noch das Verschuldensprinzip. Das bedeutet, dass der Ehepartner, den das alleinige oder überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe und somit der Scheidung trifft, dem anderen Ehepartner Unterhalt leisten muss, soweit dieser darauf angewiesen ist. Trifft beide Ehepartner ein gleichteiliges Verschulden an der Zerrüttung der Ehe, bestehen grundsätzlich keine wechselseitigen Unterhaltsansprüche. 

Trifft den Ehepartner, der einen Ehebruch begangen hat, automatisch das Verschulden an der Scheidung?

Ein Seitensprung, auch als Ehebruch oder Fremdgehen bezeichnet, ist wohl der häufigste und schwerwiegendste Scheidungsgrund in Österreich. Oft herrscht verbreitet die Ansicht, dass den Ehepartner, der den Ehebruch begangen hat, auch das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trägt. Dies ist jedoch keinesfalls immer so.

Der Oberste Gerichtshof hat in der Vergangenheit bereits mehrmals entschieden, dass für die Frage, ob eine schwere Eheverfehlung im Sinne des § 49 EheG vorliegt, das Gesamtverhalten des betreffenden Ehegatten unter den konkreten Lebensumständen maßgebend ist. In einem vom Gerichtshof entschiedenen Fall (2Ob523/90), hatte die Ehefrau während der Ehe ein intimes Verhältnis zu einem anderen Mann. Der Ehemann begehrte daher im Scheidungsprozess der Ehefrau das alleinige oder überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe zuzusprechen. Der Oberste Gerichtshof entschied jedoch, dass der Ehemann das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft.

Es kommt darauf an, wann die Eheverfehlungen gesetzt wurden!

In diesem entschiedenen Fall hatte der Ehemann während der Ehe ein massives Alkoholproblem und war spielsüchtig. Dies führte letztlich dazu, dass er sogar seine Erwerbsgrundlage verlor, da über den Betrieb, den er als Gesellschafter führte, der Konkurs eingeleitet werden musste. Zusätzlich verfolgte der Ehemann seine Ehefrau im betrunkenen Zustand mit unbegründeten Eifersuchtsvorwürfen, beschimpfte sie während der Ehe und forderte sie sogar auf, die Ehewohnung zu verlassen. Dieses Verhalten wertete der Oberste Gerichtshof als schwere Eheverfehlung im Sinne des § 49 EheG, dass zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe führte.

Nach ständiger Rechtsprechung stellen, neben vielen anderen Gründen, Spielsucht und Alkoholmissbrauch grundsätzlich eine schwere Eheverfehlung vom Gewicht eines Scheidungsgrundes dar. Dies insbesondere dann, wenn dadurch der Unterhalt der Familie beeinträchtigt oder gefährdet wird.

Nach Ansicht des Gerichtshofes war es letztendlich maßgeblich, dass der Ehegatte die Zerrüttung der Ehe schuldhaft einleitete und die weit spätere Eheverfehlung der Ehegattin Folge der bereits durch das Verschulden des anderen heraufbeschworenen Verhaltens in der Ehe waren. Der Gerichtshof führte dazu aus, dass auch wenn der Ehebruch als schwerste Eheverfehlung gegen die ehelichen Treuepflichten grundsätzlich besonders schwer wiegt, kommt es jedoch darauf an, ob und inwieweit der Ehebruch zur Zerrüttung der Ehe beigetragen hat. Da der Ehemann seine Eheverfehlungen lange vor der Eheverfehlung der Ehefrau gesetzt hatte, traf in diesen Fall den Ehemann das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe und somit der Scheidung.

Was tun?

Wie man in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs sehen kann, kommt es doch darauf an wann die Eheverfehlung begangen wurde und kann eine Ehe auch bei Ehebruch aufgrund des Verschuldens des betrogenen Ehepartners geschieden werden. Dies hat zur Folge, dass der andere Ehepartner seine Unterhaltsansprüche nicht verliert.

Wenn Sie sich jetzt in der Corona-Krise mit dem Gedanken tragen, sich scheiden zu lassen, sollten Sie vorher unbedingt einen Rechtsanwalt kontaktieren. Eine Scheidung sollte genau vorbereitet werden und auch frühzeitig Beweise gesichert werden, bevor man den Partner von seiner Absicht verständigt. Insbesondere eine Scheidungsvereinbarung sollte nie ohne rechtlichen Rat unterzeichnet werden, da man dort seine Ansprüche und Rechte für immer verlieren kann. Ich kläre Sie in einem persönlichen Beratungsgespräch auf, wie Sie die Scheidung vorbereiten, wie Sie Beweise sichern und welche Punkte Sie sonst noch beachten müssen.

Diese Rechtsauskunft wurde Gsi.News zur Verfügung gestellt von Mag. Sascha Flatz, www.rechtsanwalt-flatz.at.

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