Der Shutdown legte unsere Kulturlandschaft für Wochen lahm. Dem wollte LiteraturVorarlberg zusammen mit dem Theater am Saumarkt entgegenwirken und lud Autoren ein, über ihr Lieblingslokal zu schreiben. Gsi.News veröffentlicht die Texte – heute ein Loblied auf den Freihof in Sulz von Margit Heumann.
Margit Heumann: Auf Turkey
(Loblied auf den Freihof Sulz)
Ich trinke nicht regelmäßig und niemals allein. Wein schmeckt nur in Gesellschaft, aber dann schmeckt er gut. Corona verbietet beides, beschert mir kalten Entzug. Wahn versetzt mich an meinen Stammtisch im Freihof Sulz. Halluziniere Dietmar, den Wirt, der aus gluckernden Flaschenhälsen flüssiges Gold und Samtrot kredenzt. Im Delirium treffe ich Baron Riesling von kühler Ausprägung, Frau von Blaufrank rund am Gaumen, Mademoiselle Pinot Noir mit arome de la Kirsch und Edler von Scheurebe. Als Krönung beehrt mich das absolute Herrscherpaar, die Autorität unter den österreichischen Weinen.
„Bei aller Trockenheit“, spricht Kaiser Grüner Veltliner der Süffige, „bin ich von angenehm floralen Tönen, geschmacklich würzig bis pfeffrig, mit Anklängen an Blüten, Melone und gelegentlich Steinobst.“
„Und ich“, meint Ihre Hoheit Friederike von Zweigelt und schwenkt ihr violett-rötlich funkelndes Glas, „besteche mit Duft nach reifem Obst und feinen Holztönen. Reine Nase von Salmiakpastillen und knackiger Waldfrucht. Mit kräftigem Tannin sowie geschmeidig mit Impressionen üppiger Frucht, im Abgang ein Hauch von Karamell.“
Oh Corona, gib mir meinen Freihof zurück!