Staunen ist die häufigste Reaktion, welche Antonia Sohm erlebt, wenn sie sich von einer Minute auf die andere in einen lebensgroßen Dinosaurier verwandelt. Durch das authentisch gemachte Kostüm wurde für sie ein Kindheitstraum Realität. Wir haben das 21-jährige Multitalent zur Gsibergerin der Woche gewählt.
Bevor wir über Antonia Sohms Kindheitstraum sprechen und wie es zur Realisierung dessen gekommen ist, wollten wir wissen, wie es der Bregenzerwälderin in Zeiten von Covid-19 geht? „Soweit alles gut. Am Anfang war es etwas komisch, dass plötzlich die ganzen Gewohnheiten wie Training, Studium, Freunde treffen und sorgenloses Miteinander verschwinden“ antwortet sie wie aus der Pistole geschossen. „Doch ich habe die Zeit gut genutzt und tue es immer noch, um mal einige Gänge runterzuschalten und mich auf das wirklich Wichtige zu konzentrieren, nämlich (ohne egoistisch zu klingen): Mich.“ Was genau versteht sie darunter? „Endlich mal das Zimmer ausmisten und anderes lang Aufgeschobene abarbeiten, endlich mal die ganzen verstaubten Bücher lesen, am Besten im Wald in aller Ruhe. Endlich mal lernen, Cello zu spielen. Viel Zeit mit der Familie verbringen. Und mir Zeit geben, um an meinem ganz Inneren zu kratzen und spüren, was ich wirklich will“ so die vielseitig Interessierte Studentin.
Bregenzerwälderin aus Leidenschaft
Die 21-jährige Antonia Sohm kann sich sehr gut daran erinnern, was sie als junges Mädchen ihrer Mutter geantwortet hat, als diese sie fragte, was sie einmal werden möchte: „Ein Pferd“ habe sie geantwortet. Da es mit dem Pferd nicht funktioniert hätte, sei sie halt ein Dinosaurier geworden. „Das nenne ich mal ein Upgrade“ lacht sie heiter. Bis 2007 hat Antonia zusammen mit ihren Eltern und den beiden Geschwistern in Lauterach gewohnt. Dort besuchte sie auch die Mittelschule. Mit dem Umzug nach Alberschwende sei sie zuerst überhaupt nicht einverstanden gewesen. „Hier hatte ich meine Freunde, meine Schule, unser tolles Haus – wieso sollte ich woanders hin?“ Doch es stellte sich heraus, dass Alberschwende perfekt für sie war und immer noch ist. Abgesehen von der Tatsache, dass sie dort ihre beste Freundin kennenlernte und dutzende Möglichkeiten hatte, sich mit Pferden zu beschäftigen, ist sie sich heute gewiss: Es gibt keinen schöneren Ort als den Bregenzerwald. Antonia absolvierte die Tourismusschule in Bezau. Dort habe sie sehr viel gelernt, nicht nur Theorie. Durch die insgesamt 32 Wochen Praktika, die sie auch im Ausland verbrachte, konnte sie sehr viel für ihr späteres Leben mitnehmen. „Ein Tattoo von mir hat den Umriss der Insel Capraia, auf der ich 12 Wochen arbeitete“ verrät sie ihr bleibendes Souvenir aus der Toskana. Das Tattoo scheint wohlüberlegt zu sein: „Da ich mich in dieser Zeit wirklich selbst gefunden habe, hat dieser kleine Fleck im Meer eine sehr besondere Bedeutung für mich.“
Kindheitstraum erfüllt
Die Wahl-Bregenzerwälderin hat ein recht außergewöhnliches Hobby, das vor zehn Jahren begann: Es war einer dieser typischen Samstagabende, an denen die Fernsehsendung „Wetten, dass…???“ mit Thomas Gottschalk lief. „Dort sah ich zum ersten Mal ein solches Kostüm und drehte mich zu meiner Mutter und sagte: ‚So etwas habe ich einmal!‘“ Wer Antonia Sohm besser kennt weiß, dass sie eine äußerst zielstrebige junge Frau ist. Seit diesem Zeitpunkt recherchierte, schrieb, telefonierte und skypte sie mit chinesischen und amerikanischen Unternehmen. Antonia informierte sich über jedes noch so kleine Detail und das über Jahre hinweg: Produktion, Versand, Versicherung. Von A bis Z wurde alles durchgecheckt und abgeklärt. „Ende November 2017 habe ich ihn bestellt, Anfang Januar war er fertig und genau an meinem Geburtstag stand die 3 m Kiste auf unserem Vorplatz“ erzählt sie freudig, als wäre es gestern gewesen. Der lebensecht aussehende Utahraptor ohne Federn hat eine Länge von vier Metern und eine Höhe von 1,70 cm und wurde auf Antonias Körper maßgeschneidert. Innert Sekunden schlüpft sie in sein Inneres, in dem sich eine Kamera und zwei Hebel befinden, mit dem sie das kolossale Maul und die Augenlider steuern kann und auf einem Farb-LCD-Display sieht, wie ihr Umfeld auf sie reagiert. Es seien magische Momente, die sie bisher schon erleben durfte. Dazu zählt sie etwa das Staunen, Lachen, Erschrecken von Kindern und Erwachsenen. „Ich muss dann im Dino auch immer grinsen, wenn ich merke, wie sehr ich den Menschen eine Freude machen kann.“
Kuscheln mit Dino
Schöne Erlebnisse mit ihrem „Ruby, the Raptor“ habe es zuhauf gegeben. „Der Moment, wenn ich nach einem Einsatz aus dem Dino schlüpfe und mich die Leute zum ersten Mal sehen, mich ansprechen und sagen, wie unglaublich echt das war und dies und das und bravo und wow. Das ist wirklich schön“ schwärmt sie. Das größte Lob für sie sei, wenn ihr Leute sagen, wie toll sie es finden und dass sie auf jeden Menschen individuell eingehen könne. Ein Beispiel: Wenn ein kleines Kind weine und Angst habe, gehe Antonia in die Knie, neige den Kopf ein wenig und blinzle das Kind ein wenig an. Wenn Kinder (oder auch Erwachsene) offen auf sie zugehen, lasse sie zu, dass sie mit „ihr“ kuscheln können, aber auch Tricks und Kommandos ausprobieren. „Es gefällt mir, wenn Kinder mit mir respektive „Ruby“ Fangen oder andere Spiele spielen.“ Nach einem Einsatz bei einem Kindercamp habe ein kleiner Junge gefragt, ob der Dino jetzt wirklich echt sei. Antonia habe ihn gefragt, was er denn denken würde und er habe gesagt: „Nein, weil einmal, da habe ich deine Füße gesehen.“ Doch die häufigste Reaktion, die Antonia erlebe, sei ein schöner Mix aus Schock, Unfassbarkeit und Freude. Wie man eben reagiert, wenn man zum ersten Mal einen Dinosaurier vor sich stehen hat. „Ich habe schon so ziemlich alles erlebt: Lachen, Tränen, Schreie, Erschrecken, Wegrennen, sofortiges Streicheln und auch schon Applaus“ gesteht sie offen.
Rundum glücklich
Langeweile kennt Antonia nicht, da sie viele Hobbys und Leidenschaften pflegt. Dazu zählt etwa das Voltigieren oder die Musik. Doch keine Freizeitbeschäftigung würde ihr das geben, wie wenn sie in ihrem Dinosaurier stünde. Glück ist ein ganz zentrales Thema bei der heute 21-jährigen. Es gebe so viele Dinge, die sie glücklich machen würden, vor allem Kleinigkeiten. Wie etwa den USB-Stick beim ersten Mal richtig einstecken, Wassertropfen auf einem Grashalm, Lachyoga, knusprige Chicken Nuggets, Power Naps, Pakete erhalten und aufmachen, der Mond, das besondere Knistern, bevor die Musik einer Platte zu spielen anfängt, oder fröhliche Hunde, einen geraden Betrag tanken, aber auch neue Musik hören. „Am meisten macht mich glücklich, wenn ich sehe, wie ich meine Mitmenschen glücklich machen kann oder sie einfach glücklich sind.“ Da Antonia kein Kind von Traurigkeit ist, versucht sie täglich, sich an allen möglichen Kleinigkeiten des Lebens zu erfreuen. „Was mich bedrückt ist die ‚Zuvielfalt‘, die uns permanent und überall mit Reizen überschüttet.“ Aber auch der Perfektionismus, der vor allem im Social Media Bereich herrsche, wo uns Models, Fitnessgurus und Schminkprofis das „Ideal-Ich“ vorleben würden, ist etwas, das Sohm nicht mag.
Tiefgründige Gedanken
„Ich würde gerne einmal auf dem Mond ein Rad machen. Vielleicht auch nur einen Purzelbaum“ scherzt Antonia und meint es irgendwie ernst. Schade, dass Dinosaurier nicht sprechen können, so bleiben viele ihrer tollen Gedanken im Verborgenen. Und da der Mensch im Durchschnitt pro Tag 60.000 Gedanken hat, sind es bei Antonia echt philosophische Dinge, die sie eines Tages näher ergründen möchte: „Denken Krabben, dass Fische fliegen können?“ Oder: „Der Fakt, dass wir Orka-Wale nicht Pandafische genannt haben, ist eine Unverschämtheit. Wir versuchen, Menschen zu roboterisieren und Roboter, zu humanisieren. Die Zahl 0 ist genial. Es gibt unendlich viele Zahlen, aber 0 ist immer genau in der Mitte.“ Die Welt sei so groß und es gebe so viel zu entdecken, weiß die 19-jährige, die gerne in der nahen Zukunft viel reisen und Neues kennenlernen möchte, ohne zu vergessen, wo sie zuhause ist und wie gut es uns hier geht. „Wir müssen es nur zu schätzen wissen.“ Ihr Kindheitstraum hat sich mit ihrer zweiten Haut von „Ruby, the Raptor“ erfüllt. Jetzt hegt sie einen neuen Traum: „Ich wollte vor zwei Jahren gerne einen kleinen Lada. Diese Autos sind einfach etwas Besonderes für mich.“ Auch diesen zweiten großen Traum hat sie sich zwischenzeitig erfüllen können: „Letzten September habe ich mir mein absolutes Traumauto, einen Volvo 480 Trubo gekauft.
Ebensolang wie sie ihr Traumauto besitzt besucht sie die Fachakademie für Medieninformatik- und Gestaltung im WIFI in Dornbirn. „Um mir das Ganze finanzieren zu können, arbeite ich in Teilzeit als Zustellerin bei der Post (feine Arbeitszeiten für Rubys Events am Nachmittag und Wochenende).“ Auch wenn es in dieser Zeit sehr kräfte- und nervenraubend sei, sei sie froh und dankbar, dass sie arbeiten könne. „Die Ausbildung gefällt mir sehr gut, da es die ganzen Bereiche umfasst, die mich schon immer interessiert haben. Auch beruflich könnte ich mir gut vorstellen, mich eventuell in diese Richtung selbstständig zu machen (natürlich mit Ruby als Nebenaction). Ich träume immer noch von einem Tamaskan, jetzt ist zusätzlich ein Van dazugekommen. Ich sehe es schon von mir, wie ich im Norden Europas mit meinem selbstausgebauten Van inklusive Hund durch die Landschaft fahre, fotografiere und filme, dokumentiere und erlebe.
Oder ein Ruby-Roadtrip durch Österreich! Oder doch zuerst noch eine Pferde-Safari in Afrika? Oder kein „oder“ sondern „und“? Viel zu viele Ideen durch die viele Zeit. Langweilig wird es sicher nicht“ lacht sie begeistert.
Wir holen sie aus den Träumen zurück in die Realität: Was hat sich für Antonia und ihre Ruby seit der Corona-Pandemie alles verändert?
„Mit Ruby musste ich leider alles absagen. Wir verpassen viele Kindergeburtstage und richtig coole Events“ bedauert sie. Sobald es wieder möglich sein werde, freue sie sich riesig. „Bis dahin wird auch Ruby etwas upgegraded, hier und da neu gemalt und bessere Boxen/Kamera installiert.“
Zur Person
- Antonia Sohm
- Geboren am 14. März 1999 in Bregenz
- Wohnort: Alberschwende
- Familie: Merbod, Konstrukteur; Regine, Sozialpädagogin, Jodok (21), Konstrukteur; Johanna (10), Schülerin.
- Beruf: Teilzeitdinosaurier und Studentin
- Hobbys: Lacherin, Macherin, Voltigieren, Singen, Tanzen, Lesen, Musik hören und machen, Dinosaurier, Vollzeit-Ulknudel, Farben, Formen, Wasser
- Lieblingsland: Italien (speziell Capraia)
- An Vorarlberg schätze ich: Das Vielfältige (Berg, See, Land, Sprache), das Traditionelle und Regionale, und vor allem unsere wunderschönen Dialekte.
- Feldkirch bedeutet für mich: Größtes Schnitzel der Welt in der Schattenburg, die schönste Altstadt, geheimnisvolle Winkel und Gassen, Ruhe und Erholung. Ich bin eingroßer Wildpark-Fan.
- Kontakt: antonia@rubytheraptor.at; Tel. 0678/1259185, www.rubytheraptor.at