Von Thomas Bertram
Lasst euch überraschen
Amazon Prime Serie: Dispatches from Elsewhere (≈ Botschaften von Anderswo oder auch Botschaften vom Anderswo)
Eine neue Mystery-Serie und ich war dabei: 4 Menschen werden auf die Suche nach einer verschwundenen jungen Frau (Cecilia Balagot als „Clara“) geschickt und geraten dabei in die Machtkämpfe zwischen der „Jejune“-Gesellschaft, einer Allegorie auf Google/Apple, die ebenfalls Clara sucht, weil ihre Ideen dieses Unternehmen noch reicher und mächtiger machen kann und den anarchischen „Anderswo“-Anhängern unter ihrem Anführer „Commander 14“, die Clara als ihre Muse betrachten und sie befreien wollen.
Die meisten Folgen beginnen immer mit einer Einführung durch einen Erzähler (Richard Grant), der auch gleichzeitig der Sprecher oder Vorsitzende der Jejune-Gesellschaft namens Octavio ist und zudem den Commander 14 spielt. In Folge 1 wird „Peter“ vorgestellt. Jason Segel spielt diese Rolle, von ihm stammt auch die Idee der ganzen Serie. Schon in der ersten Folge lernt Peter seine drei Mitstreiter kennen, die aber ebenfalls je eine Folge erhalten. Als da wären: Eve Lindley als „Simone“, eine Kunststudentin mit verrückten Anwandlungen, so ganz anders als der biedere Peter mit seinem langweiligen Job bei einer Musik-Streaming-Firma, wie Spotify. Es folgt „Janice“, gespielt von Sally Field, verheiratet aber mit einem schwerkranken Mann zu Hause und sonst keinem Leben. Sie geht in der Suche nach Clara auf, endlich etwas erleben. Komplettiert wird das Quartett von André Benjamin als „Fredwynn“, einem eitlen, obsessiven, reichen Junggesellen mit mehr als einem Tick. Oder um es kurz zu fassen, es ist die Quadratur des Buddy-Movies, bei dem (nur) zwei unterschiedliche Personen zusammenarbeiten müssen, hier sind es derer vier. Das und die Ankündigung, dass die Serie ebenso außergewöhnlich wie unvorhersagbar sein soll und zudem „hochspannend“ sein soll, bereitet dem Zuschauer, so er sich denn darauf einlässt, ein riesiges Vergnügen.
Erzählstränge werden gnadenlos gebrochen, verlaufen plötzlich ganz anders, kurze Rückblenden ergänzen und werfen ständig ein ganz anderes Licht auf die Geschichte bzw. die Protagonisten. Ist Clara real? Das ist die erste Frage, kaum ist sie scheinbar (!) gelöst, fragt man sich, ob sie noch lebt, wenn ja wo? Oder ist sie tot? Zumindest gibt es eine Urne … Aber, wie gesagt, nichts bleibt hier in der Reihenfolge, in der man einen Plot vermutet.
Ganz heftig trifft es den Zuschauer dann in den Schlussfolgen 9 und 10, dazu verrate ich nur, dass „hochspannend“ hier nicht mehr vorkommt, dafür aber sehr viel „unvorhersagbar“. Und es lohnt sich, auch Folge 10 bis zum Schluss zu sehen. Also, wer sich auf etwas eher Verrücktes einlassen will, Typen erleben möchte, die es so gar nicht geben kann und immer wieder neue Antworten auf die Frage wer ist Clara, wo ist sie und wer bin ich eigentlich selbst, darf sich gerne diese 10 Folgen anschauen. Wer etwas Geradliniges braucht, schaltet in Folge 1 spätestens ab, wenn Bigfoot mit Peter tanzt.