Das Thema Abschied nehmen und Sterben gehört zum Leben und somit zu unserem Alltag dazu, auch wenn es das wohl Schwierigste ist und wir Erwachsenen uns oft sehr schwer tun, damit umzugehen. Kinder sehen das Ganze mit anderen Augen und können uns Erwachsenen mit ihrer Sichtweise und ihren Worten oft Trost und positive Affirmationen spenden:
„Und hat din Freund scho Geburtstag g‘ha?“
„Ja, den hat er gerade noch gefeiert, bevor er gestorben ist.“
„Puh. Dann hat er ja voll Glück g‘ha, sonst könnte er des jo nimma.“
Dieses Gespräch mit meiner Tochter gestern Abend im Bett kommt mir in den Sinn, während ich mit vom Winde zerzaustem Haar und verheulten Augen am Friedhof stehe.
Hinter mir liegt ein langer anstrengender und trauriger Tag. Bereits am Morgen während der Zugfahrt musste ich feststellen: Nicht nur die Ersatzkleidung für Kinder sollte im Zug griffbereit eingepackt sein – auch für Mütter ist es sehr von Vorteil, ein zweites Oberteil dabeizuhaben oder wie es in meinem Fall war – die Jeans muss im Koffer als letztes eingepackt werden. Denn wenn einem die Tochter noch im Klo kurz vor dem Aussteigen auf die Hose pinkelt, während die Kleinere noch belustigt in den Pfützen herum springt („Oh, eine Matschepfütze!“), dann geht mir das Ganze doch ein kleines bisschen in die verkehrte Richtung.
Da erinnere ich mich noch an einen Besuch beim Kinderarzt – Schluckimpfung. Und beim Hochheben kam dann das Bäuerchen. Danach musste ich mit vollgekotzter Kleidung nachhause fahren, und die Impfung eine Woche später nachholen (mit Ersatzhäß). Seitdem schleppe ich bei diversen Feiern und Veranstaltungen immer einen kleinen Koffer mit Reservekleidung für alle Wetterlagen, Gefühlslagen (Kleid oder Nicht-Kleid) und Körperflüssigkeiten mit. Es ist ja schon alleine ein tolles Gefühl, wenn meine Jüngere ein Eis bekommt (Ja, Gottseidank, mit zwei Jahren unbedingt) – und das dann mit Vergnügen in mein Dekolleté, in mein Gesicht und weiß-ich-noch-wohin mit ihren verklebten Fingern verschmiert. Herrlich.
Aber es ist wie es ist. Heute gibt es nicht nur eine lustige humorvolle Geschichte über tollpatschige Anekdoten aus dem Alltag mit Kindern. Heute muss ich leider sagen, dass ich einen langjährigen Freund verloren habe und nun gemeinsam mit Freunden Abschied von ihm nehmen musste. Höhen und Tiefen, lustige Abenteuer, spannende Unterhaltungen und anderer Quatsch, Blödsinn und Peinliches, ja auch das ein oder andere Verbotene haben wir uns in der Jugend geleistet und seine Stimme, seine Sätze und Gestiken fühlen sich noch so nahe an.
All diese Ereignisse purzeln mir wild durcheinander gewürfelt ins Gedächtnis. Und ich denke, so ziemlich jeder von uns hat wahrscheinlich schon jemanden Wichtigen verloren.
Und am Abend sitze ich wieder mit meiner Tochter im Bett, Tränen kullern mir übers Gesicht, und werde von ihr in den Arm genommen und getröstet.
„Mama, isch din Freund jetzt im Himmel?“
„Ja, ich denke schon.“
„Jo, des isch doch toll, denn kasch du ihm jederzeit zuawinka.“