Susis Gedankenwelt #23: Romanze im Wartebereich

In Susis heutiger Sonntagskolumne dreht sich alles um eine Situation, welche die meisten allzugut kennen: Ein vollbesetztes Wartezimmer und der Griff zu einer Illustrierten…

Es ist wieder einer dieser Tage. Der ständige Wetterumschwung hat es in sich.

Tja, genau. Die Nase rinnt, der Kopf brummt. Mit halb zusammengekniffenen Augen schleppe ich meinen erschlafften Körper, voll kaputt und mit fettigen Haaren, in die Arztpraxis, mit voller Vorfreude auf den neuesten Klatsch und Tratsch der neuen Post im Wartebereich. Wuhu! Ich will natürlich schnell wieder gesund werden und nicht zuhause liegen…alleine auf der Couch…mit Popcorn…vor dem Fernseher… mit Netflix oder Prime…ohne Kinder…ich schweife ab.

Zurück in das vollbelagerte Wartezimmer, in dem die allergeilsten Zeitschriften auf mich warten: die Aktuelle, Freundin, mein schöner Garten, Gala, die Bunte – alles Wissenswerte, topinformiert, alle Updates über die britische, belgische und französische Königsfamilie! Erst durch die ganzen Schundzeitungen wusste ich, dass es doch tatsächlich noch Königshäuser gibt, sowas lernt man nicht in der Schule.

Alle Verschwörungstheorien über pensionierte Politiker im Skandalsumpf, und neben der romantischen Kurzgeschichte natürlich noch das Horoskop – ohne den geht sowieso gar nichts!

Meine Bemühungen, überpünktlich zu diversen Arztterminen zu erscheinen gehen rein nur dafür auf, um in Ruhe beim Zahnarzt, Augenarzt oder Masseurin in Ruhe gratis lesen zu können… dieses schöne Glanzpapier. Es ist nicht dasselbe, wenn die gleichen Texte online am Handy gelesen werden. Neben dem Brexit gibt’s auch noch den Mexit, Witwen von berühmten Männern trauern und immer wieder tauchen unschlüssige Informationen über Schuhmachers Gesundheitszustand auf. Weiter hinten komme ich nun endlich zur Kurzgeschichte, zum Roman „Nur dir zuliebe“.

Vertieft und flach atmend, um ja nicht zu viele Viren und Bakterien einzuatmen, und hoffentlich auch nicht laut aufzuseufzen, fiebere ich dem Schachten der Romanheldin mit. Er legt seinen starken Arm um sie, streicht ihr eine Strähne aus dem Gesicht… Wuahh..hoffentlich komme ich noch nicht dran, jetzt kommt gleich der Schluss…

„Frau G. bitte in Raum 2!“ Neeeeeein, verflixt. Wie geht die heimliche Romanze aus?

Am Schlimmsten ist es doch, wenn man aufgerufen wird, und man hat den Text noch nicht fertig gelesen. Nachdem man nun einige Zeitungen durchgewälzt hat, und endlich seine Lieblingsliteratur gefunden hat, wird man doch noch gestört und muss zur Untersuchung. Warum war ich nochmal hier? Vielleicht bin ich ja gar nicht so krank? Nebenan sitzt einer der nießt – Au weiha, schnell weg!

Hier gehts zur nächsten Kolumne #24:

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