Die Visionen und Ideen der Bürgermeisterkandidaten für Wolfurt

Von Oliver Natter

Am Sonntag finden in Vorarlberg die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen statt. Für alle Wolfurter und Wolfurterinnen haben wir den Bürgermeister und die Bürgermeisterkandidaten zu ihren Visionen für Wolfurt befragt.

Bürgermeister und ÖVP/Parteifreie Kandidat Christian Natter

Wie willst du Wolfurt in den nächsten 5 Jahren gestalten? 

Wir machen Wolfurt weiterhin mit vollem Einsatz und solider Arbeit „fit für die Zukunft“. Viele Themen und Projekte sind aufgegleist oder bereits in der Umsetzung. In der kommenden Periode werden uns folgende Themen verstärkt beschäftigen: Dorfentwicklung (Zentrum mit Neubau Seniorenheim und Handelsflächen; Quartier Rickenbach mit neuem Wohnraum, Dienstleister, Nahversorger; Umsetzung Gewerbegebiet Hohe Brücke) Kinder- und Kleinkindbetreuung, Umwelt und Klimaanpassungsmaßnahmen, Überarbeitung des Räumlichen Entwickllungskonzeptes sowie des Leitbildes Wolfurt.

Was soll mit dem Schloss passieren? 

Wir sind inzwischen in der Analyse was die technischen Belange, sehr weit. Auch die Betrachtung des Außenraumes und der verkehrlichen Situation wurde bereits abgeschlossen. Unmittelbar ach den Wahlen werden sich die zuständigen Ausschüsse mit den Ergebnissen beschäftigen und die weitere Vorgehensweise erarbeiten. Ich gehe davon aus, dass im kommenden Jahr die ersten kleinen Veranstaltungen und Events stattfinden werden. Darauf freu ich mich schon riesig!

In Wolfurt sind die qm Preise für Grundstücke und Wohnungen ständig im Steigen. Was sind deine Lösungsansätze für leistbares Wohnen in Wolfurt?

Das ist ein wirklich schwieriges Thema. Als Gemeinde hat man hier nur wenig Einflussmöglichkeiten, weil die Preise der Markt (Angebot und Nachfrage) vorgibt. Die Möglichkeiten die wir haben nützen wir aber seit vielen Jahren konsequent. Eine aktive Bodenpolitik zu betreiben ist in diesem Zusammenhang ein absolutes Muss. Wir haben in den letzten Jahren gemeinnützigen Wohnbauträgeren Gemeindegrundstücke zu einem sehr günstigen Preis (unter Markt) angeboten. Dies schlägt sich 1:1 auf die zukünftigen Mietpreise nieder. Auch diese Jahr werden wir einem gemeinnützigen Wohnbauträger noch eine Liegenschaft mit entsprechenden Konditionen übertragen.

Was sind deine Ideen zum Thema Kinderbetreuung in Wolfurt? 

Das Thema, das uns immer herausfordert, ist die Bereitstellung ausreichender Betreuungsplätze. Vor allem in der Kleinkindbetreuung wächst der Bedarf jährlich, da immer mehr Kinder immer jünger in die Einrichtungen kommen. Jüngere Kinder bedeutet kleinere Gruppen, also mehr Räume. Nach einer genauen Analyse der zu erwartenden Kinderzahlen entschieden wir uns, in einem ersten Schritt in Rickenbach ein neues zusätzliches Kinderhaus zu bauen. Später werden Fatt und Strohdorf weiterentwickelt. Gleichzeitig arbeiten wir stets an der Qualität der Betreuung und der Zusammenarbeit mit den Familien. Wir verfügen inzwischen über ein tolles engmaschiges Netz, damit in Wolfurt kein Kind zurückgelassen wird.

SPÖ/Parteifreie Kandidat Michael Pompl

Wie willst du Wolfurt in den nächsten 5 Jahren gestalten? 

Für mich sind die wichtigsten Themen der nächsten fünf Jahre der Verkehr, Kinderbetreuung, Nahversorgung, gemeinnütziger Wohnbau sowie Betreuung unserer Ältesten. Es entwickelt sich schleichend ein Verkehrsproblem in Wolfurt. Dem können wir von Anfang an entgegenwirken. Die fußläufige Nahversorgung ist in Wolfurt nicht gesichert. Die Lücken an der Ach und im Rickenbach müssen geschlossen werden, und die Ansiedlung eines Discounters ist längst überfällig. Die Nahversorgung im Dorf mit dem Bau des neuen Pflegeheims zu koppeln, sehe ich als grossen Fehler an. Für die Betreuung unserer Ältesten stelle ich mir einen andere Lösung vor als auf einem Einkaufszentrum. Der Ausbau des gemeinnützigen Wohnbaus wurde in den letzten Jahrzehnten Stiefmütterlich behandelt. Hier müssen die Gemeinde Grundstücke zur Verfügung stellen. Und zuletzt ist die Kinderbetreuung in Wolfurt viel zu teuer, das Angebot nicht ausreichend und die Flexibilität nicht gegeben. Wir haben konkrete Massnahmen zu den fünf großen Themen in Wolfurt definiert, uns ganz klar im Thema positioniert und bieten damit in Wolfurt eine alternative Politik. 

Was soll mit dem Schloss passieren? 

Der Kauf von Schloss Wolfurt wurde gegen die Stimmen der SPÖ Fraktion in der Gemeindevertretung beschlossen. Für uns war von Anfang an klar, das Schloss wird ein Faß ohne Boden. Die Anfangsinvestition, der laufende Betrieb und der nötige Umbau um das Schloss zu öffnen, sind enorm, und es gibt aus unserer Sicht wichtigere Projekte in Wolfurt die vorher gelöst werden müssen. Fakt ist, dass keine nahöstlichen Ölscheichs oder russische Oligarchen, wie von anderen Parteien argumentiert, das Schloss haben wollten. Jeder war sich der finanziellen Belastung bewusst, weshalb das Schloss Wolfurt keine große Nachfrage hatte. Wollen wir hoffen, dass Projektgruppen, Beratungsfirmen und diejenigen, die den Schlosskauf zu vertreten haben, noch den Stein des Weisen finden werden, um das Schloss Wolfurt aus dem Dornröschenschlaf zu küssen. 

In Wolfurt sind die qm Preise für Grundstücke und Wohnungen ständig im Steigen. Was sind deine Lösungsansätze für leistbares Wohnen in Wolfurt?

Die Folgen der Wirtschaftskrise 2008 haben den Immobilienmarkt auf den Kopf gestellt. Potente Investoren haben sich von den Börsen abgewendet und investieren stattdessen in Grundstücke, Wohnungen, Häuser und ganze Siedlungen. Der Großteil der Bevölkerung kann mit diesem Kapital nicht mehr mithalten. Wie wir dieser Entwicklung entgegenwirken können, wird auf Bundes- oder Landesebene zwar diskutiert – zielführende Lösungen sind jedoch noch nicht in Sicht. Auf Gemeindeebene können wir, unabhängig von Bund und Land, Lösungen im Sinne der WolfurterInnen umsetzen. Allem voran müssen wir in Wolfurt den Anteil der gemeinnützigen Haushalte erhöhen. Derzeit liegen wir bei 9% Anteil. Um diesen Anteil zu erhöhen, muss die Gemeinde Grundstücke günstig zur Verfügung stellen. Der Vorarlberger Armutsbericht zeigt, dass 15% der Bevölkerung in Armut oder an der Armutsgrenze lebt. Die Sozialpartner (DOWAS, Caritas) sehen aufgrund anderer Berechnungsgrundlagen 20-25% der Bevölkerung in Vorarlberg in Armut lebend oder gefährdet. Wir können mit unseren 9% nicht einmal die in Armut lebenden Menschen mit günstigem Wohnraum versorgen – während private und teure Anlagen wie Pilze aus dem Boden schiessen, steht die Gemeinde beim gemeinnützigen Wohnbau seit Jahrzehnten auf der Bremse. Der Anteil der gemeinnützigen Haushalte muss auf mindestens 15% erhöht werden. Um das zu erreichen, benötigen wir 400 neue gemeinnützige Wohnungen und neue Wohnmodelle. Diese 15% sind das absolute Minimum, das benötigt wird. Diese 15% haben Gemeinden wie Lauterach, Hard, Bregenz, Dornbirn bereits jetzt – oder überschreiten diese um ein Vielfaches. Der gemeinnützige Wohnbau wurde in Wolfurt in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt – wir müssen aufholen und dürfen keine WolfurterInnen zurücklassen.

Was sind deine Ideen zum Thema Kinderbetreuung in Wolfurt? 

Die Qualität der Kinderbetreuung in Wolfurt ist hervorragend. Dies liegt zum größten Teil an unseren BetreuerInnen. In der Quantität, Kosten und am Angebot haben wir noch Handlungsbedarf. Die „Arbeitszeitflexibilisierung“ (12-Stunden-Tag), die zahlreichen Karenzmodelle und die Einkommensentwicklung erhöhen die Anforderungen. Die Leistungen der Gemeinde passen oft nicht mehr zum veränderten Familienbild. Nicht alle Familien können die Betreuung ihrer Kinder mit einem Partner, Großeltern oder nahestehenden Personen teilen. Nicht alle Kinder treffen imFamilienverband auf Geschwister oder Gleichaltrige. Manche Familien brauchen Unterstützung bei den Bildungsaufgaben und der Tagesbetreuung. Hier können wir als Gemeinde ansetzen, indem wir die Bedürfnisse der Familien ins Angebot einarbeiten. Wir benötigen weniger Schließtage, Ganztagesbetreuung, Reduktion der Kosten, Neue Standorte und mir eine  Herzensangelegenheit ist eine Krabbelgruppe für die Betreuung von Kindern ab 12 Monaten. 

Ich bin der Meinung, wer sich ein Schloß kauft, nicht weiß was damit anzufangen ist, und für die Öffnung noch jede Menge Geld investieren muss – der muss auch Geld für die Kinderbetreuung, Unterbringung unserer Ältesten und den gemeinnützigen Wohnbau stellen. Hier gehen die Meinungen in Wolfurt aber sehr weit auseinander. Hier unterscheiden wir uns klar von den anderen Parteien in Wolfurt. Für uns muss Geld zuerst in das Nötige im Sinne aller Wolfurter investiert werden, bevor Geld mit einem Schloss verheizt wird. 

Grüne/Parteifreie Kandidat Dr. Paul Stampfl

Wie willst du Wolfurt in den nächsten 5 Jahren gestalten?

Wolfurt soll Nachhaltigkeitsgemeinde Nr. 1 in Österreich werden.
Ich werde mich auf jeden Fall dafür stark machen, dass wir zukünftig ganzheitlicher denken, vorausschauender planen, Entwicklungen nachhaltiger gestalten und die Bedürfnisse und die Herausforderungen für die nachfolgenden Generationen stärker berücksichtigen als bisher.

Ein großes Anliegen ist mir die Eigenverantwortung und Einbindung von Bürger*innen und hier im speziellen die Jugendlichen zu forcieren und z.B. die Ausschüsse durch Arbeitsgruppen, Exkursionen, Vorträge etc. zu öffnen, um den Informationsfluss zu verbessern, den Austausch zu erleichtern und die Bewusstseinsbildung zu fördern.  

Ob als Bürgermeister, Gemeinderat oder Ausschussmitglied, mein Fokus wird auf der planmäßigen und raschen Umsetzung der vorliegenden und laufenden Projekte liegen. Ergänzend dazu gilt es gemeinsam mit den Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung, den Bürger*innen, Vereinen, Wirtschaftsvertreter*innen, NGOs etc. zukunftstaugliche Maßnahmen zur Bereitstellung von leistbarem Wohnraum, adäquater Sport- und Spielplatzinfrastruktur, zum Klimaschutz und Klimawandelanpassung, zur sanften und barrierefreien Mobilität, Digitalisierung, Gemeindekooperation, Inklusion und Betreuung, Naturschutz, Erhalt der Infrastruktur, Wirtschaft, Betreuung, Bildung und Ausbildung etc. zu definieren und auf Basis eine Prioritätenliste, der finanziellen Rahmenbedingungen und des möglichen Budgets umzusetzen.

Was soll mit dem Schloss passieren?

Das Schloss ist für alle Wolfurter*innen da und soll für alle Bevölkerungsgruppen und für diverse Nutzungen zugänglich sein, z.B. indem es dort eine einfache Gastronomie oder Café, ein Weihnachtsmärktle, Kulturveranstaltungen oder die eine oder andere private Veranstaltung geben wird. Dies wurde von der Projektgruppe „Schloss“ in einem Prozess erarbeitet und definiert und in der Gemeindevertretung abgesegnet. Hier gilt es die Empfehlungen der Projektgruppe, die mit Vertretern aller Fraktionen besetzt war, umzusetzen. Etwas Geduld ist noch gefragt, gegenwärtig gilt es unter anderem die nötige Infrastruktur wie Kanal, Wasser Sanitäranlagen etc. zu errichten, um Nutzungen und den Betrieb zu ermöglichen.

In Wolfurt sind die qm Preise für Grundstücke und Wohnungen ständig im Steigen. Was sind deine Lösungsansätze für leistbares Wohnen in Wolfurt?

Wir müssen hier andere Lösungsansätze suchen als bisher und dürfen nicht vor kühnen Maßnahmen zurückschrecken.

Die Gemeinde muss aktive Bodenpolitik betreiben. Dazu den auf Landesebene angedachten Bodenfond mit Mitteln der Gemeinde(n) und des Landes aufgreifen und nötigenfalls pilothaft umsetzen.

Leerstand und Mindernutzung sind zu vermeiden! Dazu sind leerstehende Gebäude zu erfassen und gemeinsam mit den Eigentümern Konzepte zur Wohnraumaktivierung umzusetzen

Alternative Wohnbaukonzepte gilt es zu fördern. Dazu Baugruppen und genossenschaftlich organisierten Wohnbau unterstützen und ermöglichen. 

Gemeindeeigene Grundstücke sind im Baurecht und nach Konzeptqualität, d.h. nach Mehrwert für das Gemeinwohl und nicht nach Höchstpreis, zu vergeben. Kriterien dazu sind z.B. die Vielfalt an Raumtypologien, die Außenraumqualität, Konzept zur sozialen und demographischen Durchmischung und gemeinschaftliche Einrichtungen.

Umlegungen forcieren – was für das Industriegebiete Hohe Brücke und Neuwiesen geht, muss auch für Wohngebiete möglich sein. Gemeindeübergreifendes denken und planen ist ein Gebot der Stunde. Mit der Schaffung von tausenden Arbeitsplätzen in Wolfurt und als Nutznießer der Erträge aus der Kommunalsteuer haben wir auch die Verantwortung leistbaren Wohnraum für die Arbeitnehmer*innen zu schaffen und Mobilität der kurzen Wege zu ermöglichen. Dies kann nur im Austausch und in Zusammenarbeit mit unseren Nachbargemeinden erfolgen.

Den vorhandenen gesetzlichen Rahmen gilt es konsequent auszunützen, z.B. Bebauungspläne für die Zonen entlang der Hauptverkehrsachsen erlassen und bestehende Raumplanungsinstrumente konsequent anwenden. Qualitative Nachverdichtung und sparsamen Umgang mit Grund und Boden gewährleisten, die weitere Zersiedelung und damit verbundene hohe Infrastrukturkosten sind zu vermeiden.

Das Thema der Mehrwertabschöpfung ist aufzugreifen und durch privatrechtliche Vereinbarungen zu gewährleisten. Die Erträge für den Bodenfonds, hohe Außenraumqualität, Kindergärten, Spielplätze und weitere Angebotsräume etc. zu verwenden.

Was sind deine Ideen zum Thema Kinderbetreuung in Wolfurt?

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist zu gewährleisten. Dazu sind die Betreuungszeiten weiter auszubauen und flexibler zu gestalten. Dies betrifft auch die Ferienzeit. Betreuungs- und Bildungsangebote sind zu verschränken. Zusätzliche pädagogische Angebote helfen, Stärken und Begabungen unserer Kinder zu vertiefen oder Schwächen auszugleichen.

Sprachliche Frühförderung, neue Schul- und Unterrichtsformen, sozial gestaffelte Tarife und Kostenfreiheit für armutsgefährdete Familien sind nötig.

Visionär gedacht ist ein Konzept notwendig, das Betreuung, Bildung, Ausbildung, Sport, Kultur und Vereinsarbeit ganzheitlich denkt. Warum soll es in Wolfurt z.B. nicht möglich sein, wie in anderen Ländern in Ansätzen bereits umgesetzt, eine allgemeine Basissportausbildung in der Schule, am Nachmittag, durch Lehrer*innen und pädagogisch geschulte Vereinstrainer*innen zu bewerkstelligen?

Die mobile Version verlassen