Alle 2 Wochen unterhält uns Marina Gassner von FEM-Fotografie mit spannenden, amüsanten oder wie heute auch mal mit ernsten Themen aus der Welt der Fotografie. Was für Rechte hat man eigentlich, wenn einem die Bilder des Fotografen nicht gefallen? Lest selbst.
Lasst uns mal über ein Horror-Szenario eines jeden Fotografen sprechen: Man vergisst die Speicherkarte in seine Kamera zu stecken und hat am Ende des Tages genau kein Foto? Nein, das meine ich nicht. Das ist zwar auch ein typischer Fotografen-Alptraum, aber gleichzeitig so ein klarer Fall von grob fahrlässigem Verhalten, dass selbst die Judikatur dafür Regelungen, sprich Schadensersatzansprüche, vorsieht.
Nein, ich rede von etwas, das jedem Fotografen passieren kann, egal ob jung oder alt, erfahren oder Amateur, aber nicht greifbar und doch höchst unangenehm ist: Was passiert, wenn dem Kunden – trotz aller Bemühungen und handwerklich einwandfreier Leistung seitens des Fotografen – die Bilder einfach nicht gefallen? Ist dann der Kunde einfach selbst Schuld oder sollte der Fotograf ganz nach dem Motto „der Kunde ist König“ auf sein Honorar verzichten?
Für uns alle ist es praktisch selbstverständlich geworden. Man kauft etwas ein, kommt wenig später drauf, dass es doch nicht so ganz den Erwartungen entspricht und gibt es zurück, meist sogar ohne Angabe von Gründen. Selbstverständlich bekommt man auch sein Geld zurück inkl. einem freundlichen Lächeln oder erhält zumindest einen Gutschein. Bei Fotografen oder anderen Dienstleistern ist so ein Fall etwas komplizierter. Dieser hatte schließlich trotzdem seinen Arbeitsaufwand, kann die Bilder schlecht einem anderen Kunden weiterverkaufen und hatte objektiv betrachtet auch keinen Fehler gemacht (zumindest gehe ich in diesem Beitrag davon aus). Für einen großen Konzern mag eine solche Beanstandung eine Lappalie sein, für eine Einzelperson ist so ein (unverschuldeter) Ausfall mitunter schon recht schmerzhaft.
Um diesen „worst case“ von vorne herein möglichst zu vermeiden, würde ich erstmals jedem Kunden raten, sich vor einem Fotoshooting das Portfolio des Fotografen genau anzusehen. Entsprechen die Bilder dem persönlichen Geschmack? Gibt es vereinzelt Bilder, die dich weniger ansprechen und warum? Mach dir klar, was dir gefällt und was nicht. Als nächstes würde ich den Fotografen unter die Lupe nehmen. Kann er eine gewisse Erfahrung und Qualifikation vorweisen oder handelt es sich um einen Hobbyfotografen, der erst kürzlich mit dem Fotografieren begonnen hat? Was sind deine Ansprüche an ihn? Wie sieht es mit technischer Sicherheit aus, gibt es z.B. eine Ersatzkamera? Zu guter Letzt würde ich ein persönliches Kennenlernen empfehlen, um zu sehen, ob die Sympathie stimmt und dabei nochmal alle Wünsche klar kommunizieren.
Juristisch gesehen, gibt es kein „Recht auf Schönheit“.
Fotografen empfehle ich alle Eventualitäten anzusprechen und im Idealfall irgendwo schriftlich festzuhalten (z.B. Vertrag, AGBs,..), insbesondere bei nicht wiederholbaren oder höherpreisigen Aufträgen. Die Frage „Was passiert, wenn dem Kunden die Bilder (trotz technisch ordentlicher Arbeit) nicht gefallen“, ist genauso legitim, wie: Was passiert im Falle einer Krankheit, Panne oder – topaktuell – einer angeordneten Quarantäne. Auch wenn man darüber nicht gerne spricht, so schafft alles was geregelt wurde – sei es auch noch so unwahrscheinlich – sowohl für den Fotografen als auch für den Kunden Klarheit. Und Klarheit ist besser als böse Überraschungen, finde ich. Auch während des Shootings kann man sich etwas „absichern“ und gleichzeitig dem Kunden ein gutes Gefühl geben, indem man ihm immer mal wieder einen Blick auf das Kameradisplay erlaubt.
Wenn das Szenario des Nichtgefallens eintritt, ohne dass es zuvor besprochen oder geregelt wurde, würde ich persönlich raten „Schadensbegrenzung“ im beiderseitigen Einvernehmen zu betreiben. Entscheidend ist dabei sicher, was genau und wieviel dem Kunden nicht gefällt und ob er auch bemüht ist, eine Lösung für das Problem zu finden. Juristisch gesehen, gibt es kein „Recht auf Schönheit“, das heißt das bloße Nichtgefallen von Bildern ist kein Grund für eine Schadensersatzleistung o.ä. Nichts desto trotz möchte der Fotograf den Kunden im Regelfall zufriedenstellen. Was gibt es für Möglichkeiten?
- Geht es nur um 1-2 Bilder, bei denen bspw. der Ausdruck als unschön empfunden wird o.ä., können vielleicht einfach andere Bilder des Shootings hergenommen und bearbeitet werden.
- Betrifft es viele Bilder, wäre evtl. die Wiederholung des Shootings eine Lösung, sofern möglich. Zuvor müsste der Kunde jedoch schon genau sagen können, was ihn an den Bildern stört und wie er sie sich stattdessen vorstellt.
- Vielleicht lag es aber auch nur an der Bildbearbeitung. Momentan wenden viele Fotografen spezielle „Looks“ an, die die Bilder mal nostalgisch, mal sehr kontrastreich wirken lassen. Wenn nur dieser Look, Farben, Kontrast, Helligkeit, Ausschnitt o.ä. nicht gefällt, kann man die Bilder meist ohne größeren Aufwand „retten“.
- Alternativ gibt es natürlich noch die Möglichkeit eines Rabatts. Bei kleinen Beanstandungen kann das durchaus eine vertretbare Lösung sein, allgemein wäre ich damit aber vorsichtig. Kundenzufriedenheit ist wichtig, aber auch die hat ihre Grenzen.
Mein Fazit: Bei Meinungsverschiedenheiten, egal ob groß oder klein, sollte man miteinander reden, den Urachen auf den Grund gehen und versuchen eine Lösung zu finden. Der Kunde hat das Recht auf eine ordentliche Leistung – der Fotograf auf eine ordentliche Bezahlung.
Sehr schön und richtig. Ordentlich erbrachte, Sie verzeihen, Dienstleistungen müssen bezahlt werden. Die Entwürfe der Architekten, die Diagnosen der Ärzte, sogar die Sitzungsgelder der Politiker.