Alina Sonea: „Ich suche Einfachheit in der Komplexität und Komplexität in der Einfachheit“

© Bandi Koeck

Die gebürtige Rumänin und Wahlvorarlbergerin Alina Sonea beeindruckt nicht nur durch architektonische Arbeiten, sondern gerade durch ihre Kunst, die untrennbar mit Architektur verbunden ist. Ihre Werke gibt es sogar zum Verzehr: Aus Schokolade.

Von Bandi Koeck

Die heute 32-Jährige begann in Rumänien mit dem Architekturstudium, welches sie in Vaduz mit Auszeichnung beendete. «Eigentlich wollte ich mit einem Auslandssemester nach Lissabon, wo ich auch Surfen lernen wollte, doch da ich mich als zweite auf der Warteliste befand, musste ich diesen Traum temporär aufgeben.» Ein halbes Jahr später habe sie einen Anruf ihrer Uni in Bukarest erhalten mit dem Angebot, ein einjähriges Stipendium für Liechtenstein zu erhalten. Sie habe damals nicht einmal genau gewusst, wo dieses kleine Fürstentum läge. «Ich war wohl die erste Rumänin in Liechtenstein und die vorletzte mit dem EEA-Stipendium» erzählt sie davon, wie zwei Jahre später keine EEA-Stipendien mehr vergeben wurden. Obwohl geplant war, eine Doktoratsstelle in den Niederlanden zu suchen, entschied sie sich 2012 spontan nach Feldkirch zu ziehen, weil sie sich in das Ländle verliebt habe und gerne hier leben würde. Vor kurzem erhielt Sonea sogar die österreichische Staatsbürgerschaft. «Ich sehe mich heute eher als Vorarlbergerin, denn als Rumänin, und in Feldkirch bin ich bereits verwurzelt.»

Nach dem Abschluss ihres Studiums „Architectural Design Theory“ in Liechtenstein nahm die damals 25-Jährige zuerst einmal ein Praktikum in Sankt Gallen als Architektin und 2013 begann sie für ein Schweizerisches Architekturbüro in Ebnat-Kappel zu arbeiten. 2017 wechselte sie zu einem Liechtensteiner Büro. «Autofrei zu leben ist mir sehr wichtig. Liechtenstein kann ich mit Bus und Rad erreichen und die Arbeit im Dreiländereck finde ich besonders herausfordernd. Wir bauen spannende Projekte nicht nur in Liechtenstein, sondern auch im Österreich und in der Schweiz. Wir springen zwischen unterschiedlichen Baugesetzen, Kulturen und architektonischen Sprachen hin und her.»

Neben ihrer Arbeit als Architektin ist sie künstlerisch tätig. Seit 2013 zeichnet Sonea dort, wo sie lebt: In der Montfortstadt Feldkirch. Genauer gesagt in ihrer kleinen Wohnung auf ihrem schwarzen Ledersofa entstehen unglaubliche Kunstwerke, die allesamt mit schwarzem Fineliner gezeichnet sind. «In meinem Leben ist schon genügend Farbe, meine Bilder halte ich bewusst in schwarz-weiß» so die charismatische Künstlerin. Bis zu 50 Stunden arbeitet sie an einem Bild, im Hintergrund laufen Serien oder Dokumentarfilme auf dem Laptop oder Musik, da sie es nicht gerne still hat. Ihre Bilder bezeichnet sie liebevoll als «Kinder», weil sie mit jedem eine Beziehung aufbauen würde. «Meine Kunst ist Ausgleich zum beruflichen Alltag. Gleichzeitig bin ich mir darüber im Klaren, dass das eine ohne das andere nicht funktioniert, da sich Kunst und Architektur gegenseitig nicht ausschließen» weiß Sonea. Mit ihren feinen schwarzen Linien und schwarz-weißen Kontrasten bringt sie komplexe Welten und (Lebens-)Geschichten auf Papier. Gerade die persönlichen Geschichten haben es ihr angetan, allen voran Liebesgeschichten. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Künstlerin vor Aufträgen kaum mehr retten kann. Ein Paar aus China, das sich in den USA kennengelernt hat, erzählt ihre Liebesgeschichte und Alina Sonea illustriert diese mit Hilfe von Architektur. Die Reise beginnt unten auf dem Blatt mit den chinesischen Stäten Kunming und Guilin und endet oben mit der Hochzeitsreise des Paars in Mexiko, China und in den USA. So etwas ist einmalig wie ein jedes Liebespaar auch. «Ich zeichne sehr gerne Liebesgeschichten und mein Traum ist, diese als Hochzeitskonzept umzusetzen.» Dabei denkt sie etwa an Hochzeitseinladungen, Give-Aways für die Gäste in Form von Postkarten oder als bemalte Hochzeitstorten. Dem nicht genug hatte die gebürtige Rumänin auch ein eigenes Konzept umgesetzt, indem sie ihre Kunstwerke auf Schokolade ausdrückt. In Kooperation mit der Manufaktur «Schokomus» in Feldkirch entstehen so kleine Kunstwerke zum Aufhängen oder Naschen. «Ich denke das Leben ist zu kurz und ich kann nicht nichts machen, weil dann fühle ich mich schuldig. Unsere Zeit auf der Erde ist zu knapp, wir müssen sie voll ausnutzen» ist sich der kreative Tausendsassa sicher.

Ein weiteres der vielen Projekte und Ideen nennt sich «Lebenslinien». In kleinen zarten Linien zeichnet Sonea für jeden Menschen damit ein eigenes Kunstwerk. Unsere Bewegung auf der Weltkarte sei wie Fingerabdrücke, jede sei einzigartig. Wir würden uns in einem unsichtbaren Kunstwerk bewegen. «Dieses Konzept gab es bisher noch nicht» betont Sonea. Inspiration erhält die malende Architektin schlichtweg durch das genaue Beobachten der Welt, durch hören und zuhören, durch achten und beobachten. «Ich sehe überall Texturen und sich wiederholende Muster.» Selbst in negativen Dingen wie dem Ebola-Virus finde sie Schönheit und sehe unsere Welt aus mikroskopischer Sicht. «Eine Linie ist eine Unendlichkeit von Punkten» wird die junge Frau sogleich philosophisch und fügt dem hinzu: «Die gerade Linie ist das einzige, das wir Menschen geschaffen haben, sie ist völlig künstlich.» Ohne gerade Linie hätte unsere Zivilisation nichts geschaffen ist sich die Architektin bewusst. Dabei denkt sie konkret an Geometrie, Physik, Statik, Symbole, das Alphabet. In der Villa Müller am Ardetzenberg gab Alina Sonea vor kurzem eine Ausstellung, die auf großes Interesse stieß. Die in der Ausstellung gezeigten Originale sind allesamt unverkäuflich. Aufgrund der Nachfrage hat sie nun Kopien angefertigt, die in einer limitierten, von Hand unterschriebenen Auflage erhältlich sind. Die meistgelesene Architekturzeitschrift ArchDaily hat ihr einen Bericht gewidmet. Dass in ihrem bewegten Leben nie Langeweile aufkommt, dafür weiß sie selber gut zu sorgen: So bietet sie auch Seminare und Workshops für Kreativitätstechniken und Innovation an. Wir werden wohl noch öfters von dieser talentierten jungen Frau hören.

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