Spitäler stemmen steigende Hospitalisierungen gemeinsam: Zweite Welle setzt Vorarlbergs Gesundheitssystem weiter unter Druck

© Lisa Mathis

Die hohen Infektionszahlen von Anfang November schlagen zusehends bis in die Krankenhäuser durch. Für die Intensivbetreuung werden zusätzliche Ressourcen mobilisiert. Aus der Nachsorge kommen indessen erfreuliche Nachrichten: Selbst bei schweren Verläufen sind keine bleibenden Lungenschäden zu erwarten.

Während die Zahl der Neuinfektionen im Land seit einigen Tagen stetig abnimmt, müssen immer mehr Covid-19-Erkrankte stationär aufgenommen werden. Gestern verzeichneten die Spitäler 223 Hospitalisierte, davon 44 Intensivpatienten. „Momentan haben wir täglich durchschnittlich 20 Neuaufnahmen zu bewältigen, zuletzt waren es sogar 44“, berichtet Direktor Dr. Gerald Fleisch, Geschäftsführer der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft, und zieht einen direkten Vergleich zur Grippesaison 2018/19: „Damals lag der Höchstwert bei 30 stationären Aufnahmen – innerhalb einer Woche.“

Intensivkapazitäten weiter erhöht – Spitäler am Limit

Im Intensivbereich bleibt die Lage damit weiterhin ernst. Zusätzlich zu den 44 Covid-Erkrankten benötigen derzeit 12 Nicht-Covid-Patienten intensivmedizinische Betreuung. „Um eine bestmögliche Versorgung von Notfällen gewährleisten zu können, haben wir die Zahl der Intensivbetten diese Woche vorsorglich von 63 auf 71 erhöht“, erklärt Dr. Fleisch. Doch unbegrenzt lassen sich diese Kapazitäten nicht ausbauen. Vor allem, wenn das Fachpersonal knapp wird. In dieser Hinsicht zeichnet sich keine Entspannung ab. Insgesamt sind 217 Mitarbeitende in den Spitälern zur Zeit nicht einsatzbereit: 124 Mitarbeitende sind Corona-positiv getestet, 93 sind zusätzlich in Quarantäne.

Dass insbesondere der Bezirk Dornbirn mit hohen Infektionsraten zu kämpfen hat, bekommt auch das LKH Hohenems zu spüren. Gemeinsam mit Bludenz wurde Hohenems während des ersten Lockdown als Covid-Schwerpunktspital geführt. Nach den Erfahrungen aus dem ersten Halbjahr sind zwischenzeitlich alle Krankenhäuser in die Betreuung Corona-Kranker involviert. Dies ermöglicht eine bessere, landesweite Verteilung und sichert auch ein gewisses Maß an Grundversorgung in den Spitälern Bludenz und Hohenems.

Die Zunahme bei den Normalbetten ließe sich noch bewerkstelligen, informiert Primararzt Dr. Peter Cerkl, Leiter der Abteilung Pulmologie am LKH Hohenems, doch auf der Intensivstation sei die Situation sehr angespannt: „Wir sind voll belegt, verfügen im Haus aktuell noch über zwei Notbetten.“ Um weiteres Personal für die intensivmedizinischen Betreuung freizuspielen, wurde bereits einer der beiden OP-Säle geschlossen. Im Fall der Fälle würden auch die anderen Vorarlberger Spitäler aushelfen, betont der Mediziner: „In dieser herausfordernden Situation kommt uns die langjährige gute Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung besonders zugute.“

Weniger Langzeitbeschwerden als befürchtet

Erfreuliche Erkenntnisse gebe es indessen aus der Nachsorge von Patienten, die im Frühjahr am Coronavirus erkrankten: „Die Veränderungen bilden sich selbst bei Patienten, die intubiert werden mussten, weitestgehend zurück und sind nach circa zwölf Wochen im Röntgen nicht mehr nachweisbar“, erläutert Prim. Dr. Cerkl. „Es scheint, als würde sich das Gros der Erkrankten vollständig erholen.“

Dabei leiden nicht nur beatmete oder hospitalisierte Patienten noch längere Zeit unter Belastungsdyspnoe (Atemnot bei körperlicher Anstrengung), sondern auch Erkrankte mit milden Verläufen. Diese Beschwerden könnten mitunter monatelag anhalten, so der Lungenfacharzt. „Aber ebenso wie andere Langzeitfolgen, zum Beispiel Geruchs- und Geschmacksstörungen, verschwindet auch die Kurzatmigkeit in der Regel wieder.“ Der Weg bis dahin sei jedoch für viele der Betroffenen lang.

Vielseitige Herausforderungen im Pflegealltag

Beschwerlich gestaltet sich derzeit auch der Arbeitsalltag für das Pflegepersonal. Und dies in vielerlei Hinsicht. So berichtet Arno Geiger, Pflegedirektor am LKH Hohenems, vom Management von Covid-Verdachtsfällen: „Tritt beispielsweise in einem mit drei Patienten belegten Zimmer plötzlich ein Verdachtsfall auf, muss sofort jeder Patient für sich isoliert werden.“ Bei eingeschränkten Bettenkapazitäten würden Zimmer, die für die Belegung mit drei Patienten ausgelegt sind, dadurch zu Einzelzimmern. Erst wenn das Testergebnis vorliegt, können die Patienten auf die Normalstation oder die Covid-Station verlegt werden. „Wir müssen laufend improvisieren, um Platz für Patienten zu finden“, schildert Geiger die Zusatzbelastung für das Personal neben der zeitaufwändigen Pflege Covid-Kranker.

Besuchsverbot erfordert gute Angehörigenkommunkation

Angesichts der Infektionslage gilt seit 16. September in allen Vorarlberger Krankenhäusern ein generelles Besuchsverbot mit Ausnahmen für Besuche Schwerstkranker (z.B auf Intensiv- oder Palliativstation), für Besuche der Eltern bei ihrem Kind sowie im Zusammenhang mit Geburten. Wird ein Patient länger als eine Woche aufgenommen, ist ein Besucher ein Mal pro Woche erlaubt.

Den fehlenden persönlichen Kontakt hat einmal mehr das Pflegepersonal auszugleichen – einerseits als Bezugspersonen für den Patienten, andererseits als Schnittstelle zu den Angehörigen. Die Krankenhäuser entwickeln ihre eigenen Strategien, um all diesen Herausforderungen gerecht zu werden. „Auf der Abteilung Innere I rufen unsere Pflegekräfte täglich die Angehörigen an, um sie über den Zustand des Patienten zu informieren und Fragen zu beantworten“, sagt Arno Geiger. Damit habe man sehr positive Erfahrungen gemacht. „Denn dadurch fällt viel Druck ab von der Station, auf der weniger Anrufe eingehen, und natürlich auch von den Angehörigen, die sich gut informiert fühlen.“

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