Endlich war der Hamburger Klaviervirtuose Bodo Wartke mit seinem neuen (allerdings nicht neuesten) und mittlerweile fünften Klavierkabarettprogramm wieder in der Nähe und begeisterte im TAK in Schaan das Publikum mit eingängigen sowie tiefgründigen Melodien.
Die Vorfreude sowohl beim Publikum als auch beim Künstler selbst war besonders groß und Bodo Wartke, der sich wie kein anderer sehr blumig und gehoben auszudrücken weiß, ließ dies eingangs auch gleich wissen: „Heute ist mein erster Live-Auftritt seit Langem und ich freue mich besonders, dass ich hier sein kann. Mein nächster Auftritt hätte in Chur stattgefunden. Mir wurde dieser heute leider abgesagt.“
Bodo Wartke vermag es wie kaum ein anderer ein einzigartiges Kabarett mit einem Klavierflügel zu zaubern. Und da er heute zum ersten Mal aus seinem Wohnzimmer raus gekommen sei, habe er dieses ganz einfach mitgebracht. Er beschrieb sein neues Programm (es gibt noch viele Neukompositionen, die in Bälde erstveröffentlicht werden, Anm.) im neuen maßgeschneiderten Anzug sowie Couchsessel und Leselampe, welche etwas später noch gekonnt zum Einsatz kam.
Man würde meinen, der gepflegte Herr aus gutem Hause (beide Eltern sind Ärzte) leidet unter permanentem Liebeskummer, doch der frischgebackene Vater gab offen zu, dass die meisten seiner Lieder aus genau diesem Gefühlszustand heraus entstanden wären, sonst wäre sein Oeuvre wohl nicht so groß, wie es eben sei. Neben schönen Klaviermelodien zu traurig-heiteren Liebestexten – wer Bodo kennt sind dies stets unglaublich ausgeklügelte und raffinierte Wortspielereien – gesellte sich auch klassische Musik von Johann Sebastian Bach angefangen über Wolfgang Amadeus Mozarts schönste und weltweit wohl wichtigste Oper – richtig, der Zauberflöte – war es Wartke ein großes Anliegen, dass der Text den von Mozart komponierten Klängen auf Augenhöhe begegnen kann, ergo, dass die gesungenen Worte auch verstanden werden. Ebenso ließ er zu, dass sich Tango Argentino und Blues treffen. Oder wie er es so treffend formulierte: „Der vertikale Ausdruck eines horizontalen Verlangens“ dieser beiden leidenschaftlichen Musikstile.
Das Publikum war begeistert, gab der Ausnahmekünstler sehr viel aus seinem Privatleben und seiner Kindheit preis und eröffnete, wie das eine oder andere Werk entstanden sind. Besonders wichtig in dieser Zeit von immer wiederkehrenden religiös-fanatischen Anschlägen ist sein „Die heiligen Schriften 2.0“, das vieles was längst gesagt hätte werden sollen, auf den Punkt bringt, ohne anzuprangern, ohne mit dem Finger auf die einen oder anderen zu zeigen. Ein äußerst wichtiges Werk!
«Mein Karriereziel habe ich im Grunde auch schon erreicht, das da lautet, im Privatfernsehen und in der «Bild»-Zeitung unerwähnt zu bleiben.»
Bodo Wartke
Unvergessen wird die Zugabe bleiben: Bodo Wartke kam bei tosendem Applaus dreimal zurück auf die Bühne. Zuerst gab er seinen „Gngsterschlager“ zum Besten: „Ich weiß nicht, ob es in Liechtenstein auch so ist, aber in Deutschlang gibt es zwei Musikstile, die den größten Erfolg haben, das ist zum einen der Schlager und zum anderen der Gangsterrap. Ich wollte diese beiden Stile zusammenbringen.“ Zu Helene Fischers „Atemlos“ gibt es einen Text, der beim Zuhören die Lachmuskeln derart strapaziert, dass sich ein auf-dem-Stuhl-Halten als Ding der Unmöglichkeit erweist. Zu guter Letzt gab der charismatische Vollblutmusiker, der davon träumt, im Sommer 2021 mit seiner Band ganz in der Nähe auftreten zu können, ein Schlaflied, das er für seinen Sohn geschrieben hat, zum Besten: Dazu steckte er sich zwei Rasseleier in die Socken und spielte Michael Jacksons „BAD“, das aber „BETT“ heißt: „Mein Sohn, geh ins Bett…“
Über Bodo Wartke
19-jährig gab Bodo Wartke am 16. November 1996 sein erstes abendfüllendes Konzert und schaut auf eine mehr als 20 Jahre währende Künstlerkarriere zurück.
Die ganze Bandbreite seines Könnens dokumentieren sechs Klavierkabarett-programme: Ich denke, also sing‘ ich (1998), Achillesverse (2003), Noah war ein Archetyp (2006), Klaviersdelikte (2012), Was, wenn doch? (2015) und nun Wandelmut, das im Februar 2020 Premiere habe wird. Sowie die Programme: Swingende Notwendigkeit mit The Capital Dance Orchestra und die Theaterstücke König Ödipus (2009) – ein Solo und Antigone (2018), gemeinsam mit Melanie Haupt.
Bodo Wartke erhielt im Jahr 2004 im Mainzer Unterhaus den renommierten Deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte «Chanson». Dieser steht in einer Reihe seiner namhafter Preise und Auszeichnungen, darunter die «St. Ingberter Pfanne» samt Publikumspreis, der «Stuttgarter Besen» sowie der 1. Preis beim «Bundeswettbewerb Gesang».
Bodo Wartke studierte von 2000 bis 2005 Klavier und Gesang an der Universität der Künste in Berlin. Er wirkte bereits 1998 als Conférencier in einer Varietéshow mit. Im gleichen Jahr war er Komponist und musikalischer Leiter bei einer Inszenierung von «Unter dem Milchwald» (Dylan Thomas) unter der Regie von Sven Schütze, mit dem er seit Anbeginn seiner Karriere zusammenarbeitet. Der Künstler verfasste 2002 ein neues deutsches Libretto für «Orpheus in der Unterwelt» (J. Offenbach), dessen Erstaufführung 2003 in Norderstedt folgte.
Von 2006 bis 2011 moderierte er das jährlich stattfindende Liedermacher-Open-Air in Bad Staffelstein auf der Klosterwiese Banz, das vom Bayerischen Rundfunk im Radio und im TV übertragen wird. Ab 2020 nimmt er diese Tätigkeit wieder auf und moderiert «Lieder auf Banz – ein Abend mit Freunden». Seit 2007 ist er regelmässiger Gast beim 3satfestival, seit 2014 auch beim Schleswig-Holstein Musik Festival.
Klavierkabarett in Reimkultur – so bezeichnet Bodo Wartke seine Kunst der Unterhaltung: schmissige Lieder mit exzellent gereimten Texten voller Wortwitz, zu denen er sich selbst souverän am Klavier begleitet. «Gleichzeitig und nicht nacheinander», wie er nicht müde wird zu betonen, denn «andernfalls würde es ja doppelt so lange dauern.» Seine vertonten Geschichten sind ein berührendes Spiel mit den Möglichkeiten, die das Leben bietet, nachdenklich und unterhaltsam zugleich. Mit unnachahmlicher Leichtigkeit stellt er existenzielle Fragen. Poetisch, politisch, prägnant.
Bodo Wartkes König Ödipus – seine genial gereimte Neudichtung frei nach Sophokles – wurde mittlerweile von mehreren Theatern, darunter das Hessische Staatstheater Wiesbaden sowie das Wolfgang Borchert Theater in Münster, sowohl als Solo- als auch als Ensemblefassung aufgeführt. Das Nachfolgestück Antigone läuft bereits erfolgreich.
Der Verein für deutschsprachige Musik e.V. kürt die Studio-CD Klaviersdelikte im März 2012 zur CD des Monats. Seine Lieder sind regelmässig in der Liederbestenliste vertreten: «Christine» war von März bis August 2012 in den Top 10. Das Lied «Das falsche Pferd» von der CD Was, wenn doch? war vom November 2015 bis Februar 2016 in den Top 20. «Nicht in meinem Namen», das Lied gegen radikale, menschenverachtende Auslegungen jedweder Religion, war von Oktober 2016 bis April 2017 in den Top 20. Das Lied «Das Land, in dem ich leben will» war von Dezember 2017 bis Mai 2018 in den Top 20 und das Lied «Hambacher Wald» war von Dezember 2018 bis März 2019 in den Top 10. «Das Grundgesetz» war von Juli bis Dezember 2019 in den Top 10.
Zu den aktuellen Veröffentlichungen des Künstlers zählt u.a. der Theaterfilm Antigone, der im Dezember 2019 das «Prädikat besonders wertvoll» durch die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) erhielt, die CD Wandelmut und der Konzertfilm Swingende Notwendigkeit – Live und in Farbe.
Bodo Wartke lebt nach wie vor in Berlin – sofern er nicht gerade im Zug sitzt und zu seinem nächsten Auftritt fährt.