Spätestens seit der Blockbuster-Serie Prison Break sind Knastserien der Renner. Orange is the new Black hat es mit weiblicher Besetzung vorgemacht, was in einem Frauengefängnis abgeht. Wer es etwas europäischer möchte, der ist mit Daniel Écijas Vis A Vis bestens beraten.
Gypsie-Flamenco hinter schwedischen Gardinen
Auf Netflix läuft Vis a Vis gerade in der letzten und finalen fünften Staffel. All jene, die wie ich „La Casa de Papel“ (Haus des Geldes) zu den besten Serien aller Zeiten zählen, erleben mit „Vis a Vis“ was die Schöpfer dieser Kultserie können, denn niemand geringeres als Álex Pina, Iván Escobar, Esther Martínez Lobato und Daniel Écija stecken dahinter und machen Folgen und Staffeln die ansteckend sind und neben Élite ihresgleichen suchen müssen.
Genialer Plot
Maggie Cevantos spielt die attraktive Blondine Magdalena Ferrero, welche die wohl ideale Besetzung ist: Sie war naiv und ließ sich von ihrem Freund zur Veruntreuung von Geldern überreden. Um nicht unterzugehen, muss sie sich im Gefängnis an eine toughe neue Welt gewöhnen. Im Gefängnis „Cruz del Sur“ gibt es Mitinsassinnen wie Zulema Zahir, kongenial verkörpert von der unglaublichen Najwa Nimri, welche bereits in Haus des Geldes in der dritten Staffel als Comisaria ein Weltpublikum überzeugte und durch ihr Charisma so ziemlich jeden an die Wand spielt. Wen kennen wir denn noch aus Haus des Geldes? Alba Flores als Saray Vargas etwa, die für das Gypsiespanien respektive dessen Erbe einsteht und jedem als temperamentvolle „Nairobi“ im Gedächtnis geblieben sein – im Hochsicherheitstrakt läuft sie zu neuen Höchstformen auf und durchlebt sprichwörtlich die Hölle auf Erden.
Es scheint, als würde sich ein Motto wie ein roter Faden durch die gesamte Serie ziehen, zumindest gilt dies von Staffel 1 bis 4: Schlimmer geht IMMER! Neben den weiblichen Protagonistinnen, welche auf sehr authentische Weise erzählen, wie ein Matrichat im Detail aussieht, überzeugen Handlung, Schauplätze und Soundtrack, für welchen Cecilia Krull mit „Agnus Dei“ den Ohrwurm schrieb und natürlich gesellen sich auch wieder Italo-Klassiker dazu.
Die fünfte und leider letzte Staffel (2020) nennt sich „El Oasis“ (Die Oase) und spielt nicht mehr hinter Gitter, dafür aber an einem ebenbürtig spektakulären Schauplatz, nämlich der Wüste von Almería. „El Oasis“ ist eine Mischung aus Western, Tarantino-Thriller (Blutvergießen in slow mo par excellence) sowie Narcos-Krieg mit einer Prise mexikanischer Mariachi-Hochzeitsmusik.
Fazit: Vis a Vis empfiehlt sich im spanischen Originalton mit deutschen Untertiteln (etwas anderes ist zurzeit auch nicht Verfügbar) zur Entspannung nach Feierabend. Dass auch Frauen hinter Gitter ihre schlimmsten Charaktereigenschaften entfalten und dass das Leben weder drinnen noch draußen einfach sein kann, das wird einem Folge für Folge bewusst. Vis A Vis ist ein Wechselbad der Gefühle, das einmal einem Zickenkrieg nahe kommt, dann wieder in einem Stierkampf mit Paso-Doble-Kängen gleicht, aber immer spannend und tiefgründig ist, auch wenn man nach einem Serienmarathon nur mehr gelb sieht und in selbiger Farbe träumt!
Von Bandi Koeck