Die Volksrepublik versucht/versündigt sich an Hollywood
Von Thomas Bertram
Kein Quatsch, wer sich „Operation Red Sea“ anschaut, wird permanent an die Traumfabrik erinnert. Die Spezialtruppe der Chinesen erinnert an Delta Force, ein Film mit Chuck Norris, oder Navy Seals, ein Film von 1990 mit Charly Sheen und Michael Biehn. Im Unterschied zu den betagten Hollywood-Streifen wird in diesem Film etwas mehr Wert auf das Team und sein Funktionieren gelegt und nicht so sehr der Star in Szene gesetzt.
Das ist das wesentliche Positive an diesem Film. Aber sonst? Eine wirre Geschichte, noch viel mehr wirres Rumgeballere und als absolute Krönung in den Anfangssequenzen die „Verneigung“ vor Pamela Anderson in Baywatch: denn wenn die Soldaten sich ordentlich beeilen und irgendwo hinrennen, dann wird das ganz genüsslich in Zeitlupe gezeigt. Aua! Und weil das in Matrix ja so cool aussah, sehen wir hier auch so manche Kugel, sogar ein Panzergeschoss in Superzeitlupe durch die Gegend fliegen, bevor es trifft.
Hallo Peking, diese Art von Filmen ist 30 Jahre alt, da lohnt sich Kopieren nicht. Wo ist das eigene, wo ist der chinesische Beitrag, zum Beispiel mit guten Martial Art-Sequenzen? Stattdessen wird genüsslich irgendwelche Waffentechnik gefilmt. Und natürlich sterben permanent die Feinde und die Verbündeten, während die eigenen Leute so gut wie unversehrt aus all den Feuergefechten herauskommen. Ein Scharfschütze darf anfangs schwer verwundet werden, um dann aber von einem noch cooleren ersetzt zu werden.
Das bisher Geschriebene stimmt für die ersten zwei Drittel des Filmes, dann aber schwelgt die Kamera noch viel mehr als vorher in den Verstümmelungen der Opfer. Aber jetzt trifft es auch die tapferen chinesischen Soldaten. Einer nach dem anderen wird mehr oder weniger schwer im Kampf gegen eine 100fache Übermacht verwundet. Eine Übermacht, die allerdings permanent dezimiert wird. Irgendwie sollten das 150 sein, von denen ein Drittel schon vor dem Kampf weg war, doch der Body-Count der Terroristen liegt locker bei 200 plus x. Das ist dem Regisseur und dem Drehbuchschreiber egal. Hauptsache es tauchen immer neue mordlüsterne Gesellen auf und aus den kleinen Wunden unserer Helden werden immer größere, Finger weg, ein Arm, ein halbes Gesicht, wir dürfen das alles sehen. Wirklich sterben darf aber zuerst nur einer, dann zum Schluss im x-ten Feuergefecht gegen eine überwältigende Übermacht (aber das hatten wir ja schon) noch einer. Ok, das ist also der „chinesische Beitrag“ zu dem Genre. Leider kein positiver. Und zu allem Überdruss wird es zum Schluss noch einmal extrem patriotisch-schmalzig. Und zwischendrin immer wieder die Hinweise auf das Leben der chinesischen Geisel. DAS darf sich kein Terrorist der Welt erlauben. Sylvester Stallone mit Rambo 2 und Chuck Norris mit Missing in Action lassen schön grüßen.
Fazit: Lohnt sich nur für hartgesottene Action-Fans, die kommen dafür voll auf ihre Kosten. FSK 16 ist meiner Meinung nach eine Stufe zu niedrig, es sollte 18 sein.