Gestern war der 5. Mai. Das ist in Österreich eigentlich ein ganz besonderer Gedenktag, nämlich jener gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus.
Er wird seit 1998 begangen und bezieht sich auf den 5. Mai 1945, als das Konzentrationslager Mauthausen in Oberösterreich – das heute korrekt „ehem. NS-Vernichtungslager“ oder „NS-Gedenkstätte“ heißt – durch die US Army befreit wurde.
Hochrangige Bundespolitiker aller Couleurs treffen sich vor Ort, legen einen Kranz nieder und halten flammige Reden mit dem Slogan „Nie wieder“. Doch was hat sich seit 1945 verändert? Haben wir aus der Geschichte, aus unserer Geschichte, etwas gelernt? Oder wird sie sich wiederholen?
Harald Walser hielt just am 5. Mai einen äußerst interessanten Online-Vortrag mit drei Dutzend Teilnehmern zum Thema „Politik, Geld, Macht – Die Hintermänner der NSDAP“ und verwies auf die vielen Vorarlberger Nationalsozialisten, allen voran die Industriellen Hämmerle und Rhomberg aus Dornbirn und Ganahl und Getzner aus Feldkirch, welche zu den großen Profiteuren des Dritten Reichs zählten.
Haben Sie gewusst, dass NSDAP-Anhänger vor 1933 in Dornbirn bis zu 25 Anschläge täglich verübten? Oder dass die Dornbirner Messe – gegründet von Hermann Rhomberg – als „Refugium für Nazis“ galt? Oder dass Elmar Grabherrs Zensurpraxis nach 1945 schlimmer als vor 1945 war? Oder dass Franz Ortner bis zuletzt Durchhalteparolen geschrieben hat? Die Teilnehmer erfuhren auch, dass die Vorarlberg. ÖVP kein Interesse an einer kritischen Aufarbeitung der Geschichte hat. Wenn der israelische Regierungschef Bibi Netanjahu in der Krypta in Wien einen Gedenkkranz niederlegte, war bis 2012 da der Name von Josef Vallaster, dem Massenmörder aus dem Silbertal. Vallaster war nicht nur in Hartheim tätig sondern auch im Vernichtungslager Sobibor und galt als besonders grausam. Erst 67 Jahre nach seinem Tod wurde die Gedenktafel am hiesigen Friedhof im Silbertal entfernt. Sein Sohn Klaus war bereit, die eigene Familiengeschichte aufzuarbeiten und sich der grausigen Vergangenheit seiner Eltern – sowohl sein Vater als auch seine Mutter waren Aufseher in Konzentrationslager – zu stellen.
Übrigens habe ich erfahren, dass für einige Mauthausener die sog. „Todesstiege“ beim „Ka-Zett“, wie sie die „Ruine“ liebevoll nennen (manche haben von ihren Balkonen übrigens eine „tolle Aussicht“ auf den Appellplatz oder dort, wo einst die Baracken standen) übrigens eine beliebte Trainingsstrecke für Bauch, Beine und Po ist. Immerhin hat sich die österreichische Regierung jetzt endlich aufgerafft, dass ehemalige Lager „Gusen“ (damals gab es 40 Außenlager) zu erwerben. Mögen wir uns zumindest am 5. Mai an die vielen unschuldigen Opfer erinnern und hoffen, dass irgendwann endlich Liebe über Hass, Neid und Missgunst siegen wird. Schalom!