Beklemmung, Trauer, Ohnmacht – Es sind die Gefühle des Ausgeliefertseins, die uns gerade jetzt in der Corona-Pandemie mit besonders heftiger Intensität belasten. Lois Anvidalfarei zeigt dazu figurale Bronzeskulpturen in der Johanniterkirche Feldkirch.
Der Südtiroler ist einer der arriviertesten und eigensinnigsten Bildhauer der Gegenwart. Er hat sich ganz der Darstellung des menschlichen Körpers mit seiner Würde und Verletzlichkeit verschrieben. Die Installation ist bis 30. Juli zu sehen. Den Namen für die Ausstellung fand der Künstler im Lateinischen „passus“, was im Deutschen „gelitten“ bedeutet. Der Besucher muss durch die erste Skulptur hindurch, um ins Innere der Kirche zu gelangen. Es ist die „Stange der Conditio Humana“. An Seilen hängen Körperteile aus Bronze.
„Eine Schlachtungsszene. Kriege, Seuchen, Flucht, Folter – Die Toten unserer Welt sind an der Stange des Lebens aufgehängt. Es stellt sich die Frage nach der Schuld für all das Unheil der Menschheit.“
Lois Anfidalfarei
Im nach den Ausgrabungen offenen Mittelschiff platziert der Bildhauer seine Pietà als Metapher der Trauer über den ehemaligen Gräbern – ein kniender Mann und eine liegende Frau. „Am liebsten ist mir, wenn die Besucher meine Werke mit ihren persönlichen Erfahrungen deuten, ohne dass ich große Worte darüber verlieren muss.“ Den Altarraum beherrscht schließlich die „Conditio Humana II“ – Mann und Frau gefangen im Gerüst ihres Daseins in der Gesellschaft.
Alle Skulpturen von Lois Anvidalfarei entstehen mit Menschen aus seinem Dorf in Südtirol, die mit dem Künstler seit Jahrzehnten als Modelle zusammenarbeiten: „Der Körper ist das schönste Ausdrucksmittel für mich. Er ist mir am nächsten. Ich versuche die inneren Gefühle der Menschen sichtbar zu machen.“
Lois Anvidalfarei wurde 1962 in Abtei in Südtirol geboren. 1976 bis 1981 besuchte er die Staatliche Kunstschule in St. Ulrich im Grödnertal. Ab 1983 studierte er an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Dort erhielt er seine entscheidende Prägung als Zeichner und Bildhauer durch die Begegnung mit dem Werk und der Person von Prof. Joannis Avramidis. Nach Abschluss des Studiums kehrte Lois Anvidalfarei 1989 nach Abtei zurück, wo er als freischaffender Bildhauer arbeitet und bis 2020 den von den Eltern geerbten Bauernhof bewirtschaftete. Er ist mit der Schriftstellerin Roberta Dapunt verheiratet, die immer wieder Texte über seine Kunst verfasst. Zu Werken von Lois Anvidalfarei zählen neben den figuralen Plastiken auch liturgische Elemente und Zeichnungen. Zahlreiche öffentliche Arbeiten befinden sich in der Provinz Bozen. Darüber hinaus schuf er Arbeiten für Mondsee, Wien, Auschwitz und Hörbranz und beteiligte sich an internationalen Ausstellungen wie der 54. Biennale von Venedig. 2011.
- Erweiterte Eröffnung: Freitag, 21. Mai 21, 17 bis 22 Uhr
- Dauer der Ausstellung: 22. Mai bis 30. Juli 2021
- Öffnungszeiten:
- Dienstag bis Freitag: 10 bis 12 Uhr und 15 bis 18 Uhr
- Samstag: 10 bis 14 Uhr