Heute am 20. Juni ist Weltflüchtlingstag

Fünf Jahre Flüchtlingsbetreuung bei SOS-Kinderdorf in Vorarlberg: ein stabiles Umfeld und Hilfe für minderjährige Asylwerber

Seit 2016 haben knapp 70 unbegleitete Jugendliche nach ihrer Flucht ein Zuhause bei SOS-Kinderdorf auf ihrem Weg in ein neues Leben gefunden. Soziale Integration und Perspektiven für die Zukunft stehen beim „Betreuten Außenwohnen“ im Vordergrund.

Jahrelanges Warten auf Asylverfahren, kaum Chancen am Arbeitsmarkt, Diskriminierung und Traumatisierungen: junge Flüchtlinge müssen viele Hürden überwinden, um in Österreich Fuß zu fassen.

Seit fünf Jahren finden unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bei SOS-Kinderdorf in Vorarlberg ein neues Zuhause, in dem sie willkommen sind und auf ihrem Weg in ein selbstständiges Leben professionell begleitet werden. In mehreren kleinen Wohneinheiten im gesamten Bundesland stehen derzeit 12 Plätze zur Verfügung, die eine individuelle Unterstützung ermöglichen.

„Jugendliche, die ohne ihre Eltern nach Österreich geflüchtet sind, brauchen mehr als nur ein Dach über dem Kopf“, weiß Jacqueline Oberauer, Pädagogische Leiterin bei SOS-Kinderdorf. Sie hat das Angebot in Vorarlberg neu aufgebaut und gemeinsam mit ihrem Team seither knapp 70 minderjährige Flüchtlinge betreut. „Viele Jugendliche, die zu uns kommen, haben traumatische Fluchterfahrungen hinter sich. Sie sind alleine in einem fremden Land und einer fremden Kultur und vermissen ihre Familien. Hinzu kommen langwierige Asylverfahren, Sorgen um die Angehörigen und Verständigungsschwierigkeiten. Wir helfen ihnen, diese belastenden Erlebnisse zu verarbeiten und stehen mit Rat und Tat bei der Alltagsbewältigung zur Seite – dazu zählen hauptsächlich Spracherwerb, Schule, Ausbildung, Behördengänge und das soziale Zusammenleben“, so Oberauer.

Vorarlberg als neue Heimat

Einer der ersten, der ins Betreute Außenwohnen einzog, ist der mittlerweile 23-jährige Iraker Noor. „Als ich in Vorarlberg angekommen bin, habe ich kein Wort Deutsch gesprochen, alles war mir fremd. Aber ich habe immer gewusst, meine Zukunft wird hier sein“, sagt der junge Mann, der eine ansteckende Lebensenergie ausstrahlt.

Mithilfe seiner Betreuerin Sabine hat Noor gegen den negativen Asylbescheid Beschwerde eingelegt, eine Lehre als Maurer begonnen, die Schule abgeschlossen und Deutsch gelernt.

Am Schlimmsten für ihn waren das Warten und die Ungewissheit – warten auf die nächste Einladung zum Interview im Asylverfahren oder darauf, die Familie endlich wiederzusehen. Ersteres hat zermürbende dreieinhalb Jahre gedauert, Letzteres gar fünf Jahre.

Mittlerweile wohnt er in Feldkirch, seine zweite Heimat, wie er sagt. Die Ausbildung hat der passionierte Fußballer abgeschlossen, im Herbst beginnt er eine Wunschlehre als Prozesstechniker bei Blum. „Es gab viele Leute, die mich unterstützt haben“, betont Noor: „Meine Mitschüler oder Lehrer, mein Chef, der Fußballtrainer und natürlich Sabine, die wie eine große Schwester für mich ist.“

Keine halben Menschen – Ungleichbehandlung von jungen Flüchtlingen

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden nach wie vor benachteiligt im Vergleich zu österreichischen oder einheimischen Jugendlichen. Sie sind finanziell schlechter gestellt und ihre Ausbildungsmöglichkeiten sind stark eingeschränkt, weil sie keine Lehre in Mangelberufen beginnen dürfen, solange sie im Asylverfahren stehen.

Gerd Konklewski, SOS-Kinderdorfleiter in Vorarlberg, teilt die Forderung nach einem gleichen Betreuungszugang für alle Jugendlichen und unterstreicht die Wichtigkeit des Angebots für Vorarlberg: „Es gibt keine halben Menschen, Jugendliche sind Jugendliche. Wir wollen die jungen Flüchtlinge gut betreuen und ihnen ein sicheres Zuhause geben.“ Viele von ihnen hätten zudem schlimme Erlebnisse hinter sich. „Manche Schicksale bewegen mich sehr und es ist beeindruckend, wie positiv und mutig diese jungen Menschen mit ihrer Situation umgehen“, so Konklewski. 

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