Es ist Sommerzeit und Hochsaison im erst kürzlich wieder angekurbelten Tourismus. Zu Verreisen war für viele nie so wichtig, nie so sehnsüchtig erwartet wie heuer. Lange Zeit wurde uns „eingeimpft“, dass wenn wir mal geimpft sind, wir wieder zur alten Reisefreiheit vor den ganzen Pandemieeinschränkungen zurückkehren können.
So habe ich vergangene Woche mit zwei Freunden ein Interrail-Ticket gekauft und bin über die Schweiz nach Italien und von dort weiter nach Frankreich gereist. Wir hätten für weniger Geld bequem einen Flieger nehmen können, schließlich ist der Flughafen von Nizza so gut wie im Stadtzentrum, aber wir wollten bewusst „grün“ verreisen.
Im Vorfeld mussten wir mehrere Einreiseformulare einfüllen: Ein recht kompliziertes für die Schweiz, ein eigenes für Italien und ein weiteres – eine Art „Schwur“ dass man keine Covid-Symptome hat – für Frankreich. Die Dokumente hatten wir dann als PDFs auf unseren Handys und zur Sicherheit auch noch in gedruckter Form bereitgestellt. Natürlich auch den Impfpass und den normalen Pass dabei, wollte dann keiner der Zollbeamten zu unser aller Überraschung dergleichen sehen. Wir erträumten uns eine gemütliche Zugfahrt, ein entspanntes Reisen an die Filmfestspiele von Cannes, wurden jedoch eines besseren belehrt: Die italienischen Züge können nur zu 50 % ausgelastet werden (auf jedem zweiten Sitz liegt ein entsprechendes Blatt zum Freilassen), und bei den französischen (TGV, TER etc.) kann man nur mit einer vorherigen Reservation mitfahren. So weit, so gut.
Allerdings ist es so, was viele nicht wissen, dass es – so wurde uns zumindest gesagt – für Interrail nur ein knappes Kontingent gibt, man in der Travel-App sämtliche Zugverbindungen zuvor eingeben muss, um ein digitales Ticket mit QR-Code zu bekommen (und jedes Zugunternehmen aller beteiligten Länder genau wissen, wie abgerechnet wird und der gläserne digitale Mensch natürlich für statistische Zwecke so genau erfasst werden kann). Doch das Schlimmste ist, dass wir in Frankreich keine Züge für das Nachbarland Italien reservieren konnten. Seltsamerweise kann die Schweiz im Gegenzug sämtliche Reservierungen vornehmen. Die TGVs waren dann auch sehr schnell ausgebucht, da heuer viel mehr Passagiere in Zügen unterwegs sind als noch vor zwei Jahren. Wir hatten dann Glück, als wir nach Monaco fuhren, und dort eine nette Dame nach längerer Recherche einen Zug fand, in dem sie drei Reservierungen vornehmen konnte. Kleinstaaten haben klare Vorteile!
Der Traum vom vereinten Europa ist ein frigider. Es scheint, dass nicht nur die Schweizer vom sog. „Kantönligeist“ betroffen sind, sondern auch etliche europäische Staaten und es mehr Einzelkämpfer als Teamplayer gibt. Nichtsdestotrotz ist es schön, nach so langer Zeit wieder unterwegs sein zu können, neue Orte kennenzulernen oder zu alten bekannten zurückzukehren und neue Bekanntschaften zu machen. In diesem Sinne schöne Ferien und eine gute, sichere und problemlose Reise!