Für einige gilt es als Geheimtipp, für andere als Stammlokal: Das traditionsträchtige Gasthaus Maria Grün (heute „Mizzi Green“ by Mizzitant) beherbergte und bediente bereits eine Vielzahl an illustren und äußerst interessanten Gästen. Der Feldkircher Hobby-Historiker Dr. Wolfgang Ilg publizierte nun ein beachtenswertes Werk, das sich genau diesem Thema annimmt.
Von Bandi Koeck
Inhaltlicher Schwerpunkt des gerade veröffentlichten Buches „Dagewesen… Maria Grün im Spiegel der Gästebücher 1861 – 1954“ von Dr. Wolfgang Ilg sind interessante Besucher, die sich in einem der insgesamt sieben Gästebücher eingetragen haben. „Als häufiger Besucher des Gasthauses in Frastanz erfuhr ich von der Existenz alter Gästebücher dieses Hauses. Bei meinem Nachfragen stellte sich heraus, dass die Wirtsfamilie Wiederin sieben „Fremdenbücher“, wie Gästebücher früher genannt wurden, verwahrt, welche die Zeitspanne 1861 bis 1954 umfassen“ verrät der Feldkircher über den Beginn seiner Recherechen, die einige Zeit in Anspruch genommen hatten. Viel Prominenz verdankt Maria Grün der Stella Matutina (heute Landeskonservatorium für Vorarlberg); wenn die Eltern von Zöglingen ihre Söhne besuchten, ging man gerne nach Maria Grün um zu dinieren.
„Schon ein flüchtiger Blick in diese Bücher zeigte mir, dass es sich dabei nicht nur um eine Wiedergabe vieler Namen von Personen und ihrer individuellen Eindrücke von dem besuchten Ort, sondern in einem weiteren Sinne auch um eine interessante zeitgeschichtliche Quelle handelt“ so Ilg. Genau dem wird der Bildband, der aus 72 Seiten mit tiefer gehendem Text sowie ca. 75 Abbildungen (schwarz/weiß sowie in Farbe) besteht, gerecht. Er ist ein Zeitdokument für Interessierte, welche durch das Lesen des Werkes in längst vergangene Zeiten, sowohl in heitere als auch düstere Tage eintauchen können.
Mit „Maria Grün“ verbinden mich manche persönlichen Reminiszenzen: Hier feierten wir Hochzeit und Silberne Hochzeit, hier delektierten wir uns am Faschingssonntag an den vorzüglichen „Polsterzipfeln“ der Frau Wirtin und hier genossen wir manchen Sonntagskaffee auf der schönen Aussichtsterrasse im Schatten der Kastanienbäume.
Autor Wolfgang Ilg
Diese persönliche Beziehung zum Haus einerseits und dem Wissen um den historischen Schatz in Gestalt der Gästebücher andererseits hätten den Autor zur eingehenden Befassung mit den Zeitdokumenten und zur vorliegenden Arbeit motiviert. Hilfe erfuhr Ilg über das Zeitungssuchsystem „Anno“ der ÖNB aber auch durch Dr. Hans Gruber, Leiter der Stadtbibliothek Feldkirch und durch das Vertrauen von Wilma Wiederin für manch ergänzenden Informationen zur Familien- sowie Hausgeschichte.
Wer war alles auf Maria Grün zu Gast?
Neben österreichischen Adligen wie Kronprinz Rudolf (oder war es doch der erst 9-jährige Prinz Maximilian), Erbprinzessin Helene von Thurn und Taxis (genannt Néné), Wilhelm Karl von Urach (Herzog von Urach und Graf von Württemberg) und viele weitere, gaben sich auch Politiker von Rang und Namen – etwa Leopold Graf von Thun-Hohensstein, Indalecio Gómez, argentinischer Innenminister (1910 – 1914) oder Carl Ernst Fürst Fugger von Glött (1859 – 1940) ein fröhliches Stelldichein. Im Buch befindet sich eine Vielzahl an interessanten Geschichten, wie etwa jener von Ferdinand Beck aus Fellengatter (siehe Beispielseite weiter unten!), der nach 40-jähriger Abwesenheit am 15. Juli 1907 nach Maria Grün zurückkehrt und eine wahre Lobeshymne an seine alte Heimat in englischer Sprache verfasst hat. Verwunderlich, wie viel Prominenz aus allen Ecken und Enden der weiten Welt nach Maria Grün fanden, so ist Eduardo Frei Montalva, chilenischer Staatspräsident (1964 – 1970) auch hier gewesen. Die Liste von Artisten und Theatermachern ist ebenfalls lang und reiht sich in jener der Künstler, Autoren und Gelehrte ein. Da sind Namen wie Hermann Mayer (Feldkircher Bildhauer), Jakob Jehly (Gatte von Wanda Douglass) oder der deutsche Maler, Illustrator und Radierer Theobald Freiherr von Oer sowie Anna Steiner-Knittel zu finden. Auch der langjährige Wiener Oberrabbiner Dr. Moritz Güdemann (1835 – 1918) der durch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten bekannt ist, war hier. Die lange Liste an interessanten Gästen wird durch Unternehmer abgerundet: Da finden sich Namen wie Emil Rosenthal (Gesellschafter der „Gebrüder Rosenthal“ mit mehreren Textilbetrieben in Hohenems und Rankweil), Jaro Ritter von Skoda, Benjamin Herder (dem Sohn des Gründers des in Freiburg im Breisgau angesiedelten Herder Verlags), Hubert Underberg (Erfinder des bekannten gleichnamigen Magenbitters) und natürlich Josef Graßmayr (1839 – 1899), bekannter Glockengießer aus Wilten/Innsbruck). Und gerade für Liechtensteiner Leser ist die Seite über Dipl-Ing. Martin Hilti (1915 – 1997) aus Schaan, Mitgründer der Hilti AG, von großem Interesse.
Fazit:
Ein äußerst gelungenes Zeitdokument, in dem der Leser immer wieder Neues und Wissenswertes finden kann und das sich auch hervorragend als Geschenk eignet. Preis: € 28. Erhältlich im Shop beim Eingang des Palais Liechtenstein Feldkirch sowie im Landhaus Maria Grün in Frastanz-Fellengatter.