Das älteste noch bestehende Freibad des Landes, das geschichtsträchtige Schwimmbad Felsenau, welches sich die Marktgemeinde Frastanz mit der Stadt Feldkirch teilen und das seit über 118 Jahren (gegründet 1903) Badegäste aus Nah und Fern gleichermaßen anzieht, zeigt auch eine sog. „Vorsteherverordnung“ vom Juni 1924 neben der Bademeisterkabine.
Von Bandi Koeck
Beobachtet man die wenigen Badegäste, die die alte Badeordnung überhaupt entdecken, da sie so unscheinbar an einer der vielen Holzwände hängt, erkennt man, wie schnell sich ein breites Grinsen oder Schmunzeln auf den einzelnen Gesichtern ob des heute ulkig klingenden Inhaltes (heute würde man wohl von „frauenfeindlich“, „sexistisch“ und „entwürdigend“ sprechen) abzeichnet. In dieser „Vorsteherverordnung“ steht folgendes:
Die zunehmende Benützerzahl von Weibern und Männern in der Badeanstalt unserer Gemeinde macht es notwendig, die Badenden auf Sitte und Anstand hinzuweisen, zumal mittlerweile auch schon eine erquickliche Anzahl von Sommerfrischlern ins Dorf kommen. Ich habe daher mit Beginn der neuen Sommerfrische nachstehende
Badeordnung für die Gemeinde Felsenau erlassen.
- Die Badeanstaltsleitung hat darauf zu achten, dass die strikte Trennung nach Geschlechtern im Bad eingehalten wird. Auch ist es den Müttern nur erlaubt, mit leiblichen, weiblichen Kindern gemeinsam zu baden. Etwaige männliche leibliche Kinder haben getrennt von den weiblichen jeweils zu den geltenden Öffnungszeiten mit ihren Vätern zu baden.
- Bei den weiblichen Besucherinnen ist zu achten, dass die Badebekleidung zumindest neben Rumpf und Brust, auch die Knieer, insbesondere aber der Nabel bedeckt ist. Bei den männlichen Besuchern ist darauf zu achten, dass solche mit einer sogenannten „Johannisnase“, nicht eng anliegende Badehosen tragen, notfalls sollte eine Anstaltsmagd ein zusätzliches Stück Stoff demjenigen in die Hose einnähen, er hat dann den doppelten Eintritt zu zahlen.
- Weibern, die die Kopfhaare offen tragen, ist erst gar nicht Eintritt zu gewähren, da sich beim Baden die Haare zu einem Wirrwarr schließen könnten. Darüberhinaus legen solche Weiberleut meistens ein nicht zu akzeptierendes, burschikoses Verhalten an den Tag, das dem moralischen Fall unserer Gemeinde Tür und Tor öffnen würde.
- Nach dem Besuch des Wannenbades ist darauf zu achten, dass bei etwaigem Ausruhen danach in der Bündt der ganze Körper mit einer Decke bis zur Gurgel abzudecken ist. Es ist nicht auszudenken, wie vor allem Weiber untereinander der Anderen ein begnadetes Geschenk des Schöpfers vergönnen. Bei starker Sonneneinstrahlung ist eben der Schattenschutz eines Baumes aufzusuchen.
- Es ist nicht erlaubt, vor oder nach dem Baden stark duftende Elemente auf den Körper aufzutragen, da diese, so sagen die Studierten, die Paarungsbereitschaft unmittelbar und sofort erhöhen solle.
Die Anstaltsleitung ist angehalten, diese 5 Punkte auch bei Sommerfrischlern von auswärts genauestens anzuwenden. Sollte einer der Badeanstaltsknechte oder Mägde die Anweisungen nicht befolgen, ist dieser oder diese in den Stall des Vinzenzheimes zu versetzen.
Der Vorsteher, Felsenau, Juni 1924