Der Tag, an dem die Musik starb

2016 glaubte man mit dem Tod David Bowies die Rockmusik für tot. Doch 2021 ist sie so stark im Mainstream vertreten wie seit 2012 nicht mehr. Doch schon einmal glaubte man an das Sterben der Musik. Im Jahr 1959, nach einem schicksalhaften Flugzeugunfall.

Von Daniel Andres

© Don McLean


„I can’t remember if I cried
When I read about his widowed bride
Something touched me deep inside
The day the music died”

(deutsch: Ich kann mich nicht erinnern, ob ich weinte

Als ich über seine verwitwete Frau las

Etwas erschütterte mich zutiefst

Am Tag als die Musik starb)

So lautet ein Versteil aus Don McLeans Lied „American Pie“. Im Lied geht es um ebendiesen Flugzeugabsturz. Warum also der „Sterbenstag der Musik“? In diesem Flugzeug, einer „Beechcraft Bonanza“, einem kleinen Personenfrachter, saßen drei der bedeutendsten Musiker der damaligen Zeit: Ritchie Valens, J.P. „Big Bopper“ Richardson und Buddy Holly, auf den das Lied hinweist.

Die Beechcraft Bonanza

Das verhängnisvolle Ereignis

Während einer Tour Buddy Hollys mit seiner Band im Februar, der sich auch Valens und Richardson anschlossen, reisten die Musiker für lange Zeit an Bord von Tour-Bussen, die nicht nur ungemütlich, sondern auch kalt waren. Diese Standards waren im Winter geeignete Bedingungen für die Ausbreitung von Grippeviren und Frostbiss. Bald schon verfielen einige Bandmitglieder diesen Krankheiten, und Buddy Holly wollte dem entgegenwirken, indem er ein Flugzeug mietete. Da nur limitiert Sitze frei waren, gaben die Bandmitglieder Waylon Jennings und Tommy Allsup ihre Sitze an Richardson, der die Grippe hatte und Valens, der einen Münzwurf gewann ab. Das Flugzeug stürzte kurz nach dem Abheben durch einen Intrumentenablesefehler des Piloten in einem Maisfeld ab.

Der Tod erschütterte die Fans der Rockmusik. Drei der wichtigsten jungen Musiker waren mit einem Schlag von der Bühne verschwunden. Hinterher wissen wir natürlich, dass Musik nicht starb. Vier Jahre später erreichten vier Jungs aus Liverpool die Weltbühne der Musik, und revolutionierten den Rock. Doch auch die Beatles hatten ihre Verbindung zu Buddy Holly. Neben Carl Perkins und Chuck Berry nannten sie ihn mehrmals als eine ihrer wichtigsten Inspirationen. Auch Bob Dylan und die Rolling Stones kannten und verehrten ihn. Jeder Rockmusiker, der zumindest halbwegs ernst genommen werden kann, hat zumindest von ihm gehört.

Buddy Holly

Die Busmitglieder

Was jedoch wurde aus den Mitgliedern, die im Bus weiterreisten?
Zwei von ihnen wurden berühmt. Waylon Jennings und Tommy Allsup, die zwei, die ihre Sitze abtraten. Jennings erzählte Jahre später, wie er kurz vor dem Flug mit Buddy Holly geredet hatte, und Holly ihm gesagt hätte, der Bus möge doch eine Panne haben und Jennings erwiderte, solle doch das Flugzeug abstürzen. Er fühlte sich für den Unfall schuldig, und wurde noch jahrelang von dieser Erinnerung heimgesucht.
Tommy Allsup hatte sich lange geweigert den Sitz abzugeben. Valens versuchte es immer wieder ihn zu überreden. Es war jedoch erst kurz vor der Abreise zu diesem Münzwurf gekommen, in einer Bar in der Valens sein letztes Autogramm gab. Nach einer kurzen, hitzigen Diskussion landete also die Münze mit dem Kopf nach oben, Valens gewann. Allsups Sohn gründete Jahrzehnte später eine Bar, die er „Tommy’s Heads Up Saloon“ nannte, ein Wortspiel zwischen dem Ereignis und dem ermunternden Satz „Kopf hoch!“.

J. P. „Big Bopper“ Richardson

Big Boppers Hilferuf

Ein Gerücht hatte sich geformt, dass J.P. Richardson überlebt hätte, und nach Hilfe suchte. Das allerdings war nach Investigationen verneint worden, die sein zum Unfall noch ungeborenen Sohn initiierte. Man hatte per X-Ray herausgefunden, dass fast alle seine Knochen gebrochen waren, und auch kein Pistolenschuss war zu finden, was auch Verschwörungstheoretiker zum Schweigen brachte.

Ritchie Valens Grabstein

Buddy Hollys Brille

Am Fundort fand man neben verbrannten Teilen auch Allsups Ausweis und Brieftasche, die er Holly gegeben hatte, und wegen denen man ihn auch auf der Todesliste anführte. Außerdem auch Buddy Hollys Brille, die zum Symbol, nicht nur für diesen Tag, sondern auch für das Sterben der Musik wurde.

Buddy Holly u. Drummer. © Die Ärzte

Der Absturz als Musikmotiv

Wie schon erwähnt schrieb Don McLean ein Lied darüber. Aber nicht nur er, auch die Ärzte schrieben „Buddy Hollys Brille“, im Stil von Buddy Holly, ganz anders als ihr normaler Punk-Stil, darin singen sie über die Gerüchte um die Brille, und das Lied endet mit der Auflösung – Buddy Holly wird mit der Brille begraben; was allerdings frei erfunden ist.

So bye-bye, Miss American Pie
Drove my Chevy to the levee, but the levee was dry
And them good ol‘ boys were drinkin‘ whiskey and rye
Singin‘, „This’ll be the day that I die
This’ll be the day that I die“

(Deutsch: Wiedersehen Miss American Pie
Hab meinen Chevrolet zum Bachbett gefahren, doch es war ausgetrocknet
Und die guten alten Jungs tranken Whiskey und Roggen
sangen: das passiert erst an meinem Todestag)
das passiert erst an meinem Todestag -> Referenz zum Buddy Holly Lied „That’ll be the day“


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