Heute hat Präsident Ghani Afghanistan verlassen und damit sein eigenes Volk verraten. Zuvor eroberten die Taliban Provinz um Provinz, Stadt um Stadt und stießen dabei auf keine Gegenwehr. Sowohl die afghanische Armee als auch die Milizen der Warlords stellten sich den Taliban nicht in den Weg.
Die afghanische Armee kämpfte tatsächlich fast nie. Der Grund liegt im Versagen der korrupten afghanischen Regierung. Monatelang erhielten verschiedene Armeeeinheiten keinen Sold. Ahmad Wali Massoud, der Bruder des legendären tadschikischen Generals Ahmad Shah Massoud, einem der Hauptgegner der Taliban, bevor er von ihnen ermordet wurde, erwähnt, die Taliban würden 50 Dollar mehr bezahlen und vor allem verlässlich bezahlen. Er meint dazu: „Es gibt keine Motivation für die Armee für die korrupte Regierung und korrupte Politiker zu kämpfen. Warum sollten sie kämpfen? Für was? Bei den Taliban sind sie besser dran, deshalb wechseln sie so die Seiten.“ Dazu kam die Taktik der Taliban, mit Dorfältesten zusammenzuarbeiten und diese einzusetzen, um Soldaten zur Aufgabe zu überreden. Die Taliban garantierten ihnen dafür ihr Leben und freien Abzug.
Die Taliban wurden also nur stark weil Ghani und seine Regierung so schwach waren.
Und die USA? Noch vor dem 20. Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001, als Osama Bin Laden und seine Terroristen Tausende Menschen ermordeten, fällt Afghanistan ganz in die Hände der Taliban. Dieselben Taliban, die damals ident mit Al-Quaida waren, und die selben Ziele verfolgen. Die USA haben 2.500 Soldaten in Afghanistan verloren und zig Milliarden in die Armee Afghanistans investiert. Letztendlich alles umsonst. Und dies ist definitiv die Schuld von Präsident Joe Biden, der die Situation komplett verkannte. Noch am 4. Juli 2021 meinte Biden, die afghanische Armee sei den Taliban überlegen und er wolle über fröhlichere Themen (!) reden. „Sie müssen für sich selbst kämpfen, für ihre Nation“, meinte Biden. Der Abmarsch der Amerikaner erfolgte zu hektisch und unvorbereitet. Freilich ist auch Bidens Vorgänger Trump nicht aus der Verantwortung zu nehmen. Der ließ direkt mit den Taliban verhandeln. Die afghanische Regierung wurde 2020 nicht miteinbezogen. Ein PR-Triumph für die Taliban. Der überhastete Abmarsch ließ die Machtübernahme durch die Taliban als unvermeidlich erscheinen und hat den Kampfeswillen der Armee weiters untergraben.
Europäische Politiker fürchten vor allem neue Flüchtlingswellen aus Afghanistan. Was außer Acht gelassen wird, ist der Effekt auf radikalisierte Islamisten in Europa selbst. Hier hat wohl niemand aus dem Aufstieg des Islamischen Staates/Daesh gelernt.
Die großen Verlierer werden aber die Frauen Afghanistans sein. Frauen werden wieder die Burkha tragen müssen, werden nicht mehr arbeiten dürfen und alles verlieren, was sie in den letzten 20 Jahren erreicht haben. Journalistinnen, Politikerinnen, Sportlerinnen und Menschenrechtlerinnen werden ermordet werden. Mädchen werden nicht mehr in die Schule gehen dürfen. Unvergessen sind die Aufnahmen von 2001, als die Taliban Frauen in Fußballstadien hinrichteten und dies als Volksevent inszenierten. Afghanistan wird für Frauen wieder zur Hölle auf Erden werden.