In seinem neuen Buch beschäftigt sich Jürgen Schäfer, ehemaliger evangelischer Pfarrer in Feldkirch, erstmals mit Jesus als Mobbingopfer. Seine Protagonisten – ein Arzt und ein Pfarrer – ziehen den Schluss in einem tiefgreifenden Dialog, in dem sie Parallelen zwischen der Lebensgeschichte Jesu und des erst vor rund 50 Jahren beschriebenen Phänomens Mobbing ergründen. Schäfers Buch „Zieh den Balken aus deinem Auge! Das Mobbing an Jesus und seiner Botschaft“ ist aus eigener Betroffenheit entstanden. Der Autor präsentiert es am 18. November 2021 um 19 Uhr in St. Corneli in Feldkirch.
„Zieh den Balken aus deinem Auge“ bedeutet: eigene Vorurteile zu hinterfragen. „Das beugt Mobbing vor und ist zugleich der Weg aus destruktiven Beziehungen und Konflikten“, ist der Theologe und Buchautor Jürgen Schäfer überzeugt. „Wenn jemand glaubt, er habe die Wahrheit, dann kann er jene, die anderes glauben nur bekämpfen.“ Das zeige sich auch aktuell in der Pandemie, die die Gesellschaft durch Glaubensfragen spalte. Mit seinem spirituellen Buch „Zieh den Balken aus deinem Auge! Das Mobbing an Jesus und seiner Botschaft“ will der Autor „die Augen öffnen für das eigene Mobbing und das unserer Umgebung.“
Eine Person grundlos bekämpfen, als Täter anprangern und andere dabei aufhetzen: Das Phänomen gibt es, seit es Menschen gibt. Als „Mobbing“ wurde es erst 1969 vom schwedischen Arzt Peter-Paul Heinemann beschrieben. Das sei auch Jesus von Nazareth widerfahren, ist der ehemalige evangelische Pfarrer Jürgen Schäfer überzeugt. Im neuen Buch liefert er Belege dafür. „Mit seiner Art, Menschen zu begegnen, das Leben als ein Geschenk Gottes zu sehen und als Aufforderung, in die Liebe zu kommen, war Jesus für viele Fromme ein rotes Tuch.“
Dogmen hinterfragen
Anhand der historischen Person Jesu, Bibelzitaten und den klassischen fünf Phasen von Mobbing nach dem deutschen Psychologen Heinz Leymann erläutert Schäfer die Biografie Jesu unter dem völlig neuen Aspekt. „Die Absicht, Jesus zu töten, steht in jedem Evangelium. Die Mobbingphasen sind klar erkennbar. Es ist Zeit, dass die Theologie die Geschichte Jesu unter diesem Blickwinkel betrachtet. Kreuzigung und Auferstehung werden so erst richtig verständlich“, betont er.
Im Buch lässt er seine Protagonisten – einen Arzt und einen Theologen – überholte Dogmen und Glaubenssätze aufrollen. „Am Ende erkennen sie, dass Jesus nicht als stellvertretendes Sühneopfer der Menschheit, sondern durch Mobbing gestorben ist“, so der Autor. Das Buch biete Leserinnen und Lesern damit auch die Gelegenheit, die Botschaft Jesu auf neue Art zu entdecken. „Zudem zeigt es Wege auf, wie man mit Mobbing umgehen und mit anderen zu einem friedlichen Kontakt finden kann.“
Neubetrachtung aus eigener Erfahrung
Dass Jesus ein Mobbingopfer war, sei Schäfer erst durch eigene Erfahrungen klar geworden. „Meine Kirche hat mich gemobbt und grundlos entlassen“, sagt er und erklärt, er sei ohne konkreten Vorwurf von 2011 bis 2013 in den sogenannten Wartestand versetzt worden. Das bedeutete ein reduziertes Gehalt und Verlust der Dienstwohnung. Seither hat er keine Anstellung als Pfarrer mehr bekommen.
Aussagen von Jesus, die Mobbingsituationen betreffen, seien Schäfer bekannt gewesen. „Aber dass diese aus dem Herzen eines schwer gemobbten Menschen waren, wurde mir erst durch meine eigenen Erfahrungen bewusst“, erklärt er. Sein Buch sei aber keinesfalls eine Abrechnung mit der Kirche, sondern die Chance, die Geschichte Jesu aus einer neuen Perspektive zu betrachten.
Über den Autor
Jürgen Schäfer, Jahrgang 1955, stammt aus Gronau in Westfalen. 1968 übersiedelte er mit der Familie nach Tirol. Nach seinem Studium der evangelischen Theologie war er Vikar und Pfarrer für die Evangelische Kirche H.B. in Linz, Bregenz und Feldkirch. Sein erstes Buch „In der Liebe sein – eine Spiritualität der Gegenwart“ ist 2018 erschienen. Außerdem schreibt er lyrische Texte, malt und ist auch als Schauspieler auf Theaterbühnen zuhause.
Info: www.juergenschaefer.at