Wenn aus „Ciao Bella“ ein „Guantanamera“ wird, wenn der Professor plötzlich ein Baby namens Victoria – genauer gesagt jenes von Alicia Sierra (gespielt von der genialen Najwa Nimri) – sich umbindet, beruhigt und sich damit abseilt, dann wird es höchste Zeit, aufzuhören, auch wenn der spanische Blockbuster von Regiegenie Àlex Pina die wohl beste und erfolgreichste Netflix-Produktion aller Zeiten ist.
Von Bandi Koeck
Das Fazit gleich zu Beginn: Sie hätten nach der ersten Staffel aufhören sollen, weil diese war einfach nur perfekt und in sich geschlossen. Doch die Profitgier, aber auch die Rufe der weltweiten Fans waren wohl zu groß, nachdem „La Casa de Papel“ wie die Serie mit dem unglaublich genialen Plot im Original heißt, zuerst gar nicht lief. Aber das, was die finale Staffel 6 – welche seit gestern auf Netflix läuft – hier dem Publikum liefert, ist einfach nur emotional überzogen und verglichen mit den vorhergehenden Staffeln enttäuschend. Es ist ein Gefühlschaos aus Liebe, Hass, Angst, Wut, Vergeltung- und Rache sowie Kühnheit. Es ist wie ein Stierkampf mit einem bereits blutenden Stier und angestochenen Torrero.
Doch so einfach ist das ganze Unterfangen nicht: Von Staffel 6 erschienen zuerst nur die ersten fünf Folgen vor exakt 12 Wochen und jetzt die letzten fünf. Man ließ das Publikum gewillt drei Monate ausharren. Dass Àlex Pina gerne viele Staffeln mit vielen Folgen hat, wissen wir nicht erst seit seinem „Vis-a-Vis-Frauengefängnisepos“ (vier Staffeln mit 40 Folgen). Doch der Schöpfer von „White Lines“, „Sky Rojo“ sowie „The Pier“ ist nicht nur Regisseur und Drehbuchautor, sondern fungiert zudem als Produzent. Die Serie „Haus des Geldes“ hat seit ihrem Start im Jahr 2017 einen weltweiten Hype hervorgerufen. Das Partisanenlied „Bella Ciao“ schaffte es als Remix in die deutschen Single-Charts, die roten Overalls und die berühmten Dalí-Masken der Diebe eroberten die Kostümläden.
Doch was ist anders, neu, außer der Filmmusik, die sehr 60er Jahre lastig ist? Es sind die vielen persönlichen Einblicke in die jeweiligen (Vor-)Leben der einzelnen Charaktere. Es sind Gefühle, die Überhand nehmen, die zeitweise fast schon einen Hauch an Romantik zulassen. Würde es nochmal vier Staffeln geben, dann würde Haus des Geldes vielleicht zu einem „Vom Winde verweht“ verkommen.
Und es sind auch viele tolle, tiefgründige Dialoge, die diesen tollen Mix schaffen:
„Die Wissenschaft besteht nicht nur aus verdammten Zahlen. Es geht auch ums Vertrauen und die Liebe darf nicht fehlen!“
Zitat Martín alias Palermo.
Was wartet nun aber in den letzten fünf Folgen inhaltlich auf die Fans?
rinzipiell ist die Gang jetzt wieder nach der schicksalhaften Sprengung in einer Position, in der sie sich aus der Bank retten könnte – doch wohin flüchten? Wie geht es Helsinki? Was soll mit dem Gold geschehen? Einen kleinen Hinweis auf den Fortgang in der neuen Staffel hat Berlin-Darsteller Pedro Alonso gegeben, dass die nächsten fünf Folgen sich nach all dem Krieg und der Action mehr auf die Emotionen konzentrieren, um die Geschichten der Protagonist*innen zu Ende zu erzählen.
Gsi.News-Tipp für alle HdG-Fans:
Auf Netflix warten noch zwei Staffeln der Doku „Von Tokio bis Berlin“, die den wohl besten Blick hinter die Kulissen geben und Lust machen, bei einer Pina-Produktion mitzumachen.
Neue Nachrichten zum „Haus des Geldes“-Spin-off lassen die Trauer um das Ende der Serie vielleicht etwas schrumpfen: „Berlin: A New Series“ ist für 2023 auf Netflix angekündigt!