Nachdem vergangene Woche vielerorts – vor allem in der Politik, aber auch innerhalb der Gewerkschaften – über den Brief der 150 Pflichtschullehrpersonen diskutiert wurde, haben wir ein Gespräch mit dem „Überbringer“ dieses Drohbriefes, dem Altacher Willi Witzemann geführt.
Von Bandi Koeck
Gsi.News: Herr Witzemann, zurzeit gehen die Wogen bzgl. der Impfpflicht für im Land bedienstete Lehrpersonen hoch. Wie stehen Sie persönlich zur bevorstehenden Impfpflicht und wie schaffen Sie es, allen gerecht zu werden?
Willi Witzemann: Prinzipiell bin ich gegen eine Impflicht, denn jeder Druck von oben herab erzeugt Gegendruck. Wir haben das ja unter anderem bei der jahrelangen Diskussion bezüglich „Rauchverbot“ gesehen. Ich versuche hier mit den Kollegen im Gespräch zu bleiben und auf Augenhöhe zu diskutieren. Es soll jeder frei entscheiden können. Bei den Lehrern sind ja über 80 % geimpft.
Gsi.News: Über Sie gelangte kürzlich ein Drohbrief von 150 Lehrpersonen an die Bildungsdirektion und an die Landesregierung, dass bei Impfpflicht für Lehrer 150 Lehrpersonen und Direktoren ihren Dienst aufkündigen würden. Wie genau kam es dazu?
Witzemann: Der erwähnte Druck führte dazu, dass diese Kollegen in regem Austausch sind. Viele sehen mit der Einführung der Impfpflicht die einzige Lösung, sich vom Schuldienst zu verabschieden. Sie sind mit der Bitte an mich herangetreten, dieses Schreiben an die zuständigen Stellen weiterzuleiten.
Gsi.News: Es ist unüblich, dass ein anonymer Brief abgeschickt wird. Aus welchem Grund beharren die Initiatoren auf ihre Anonymität?
Witzemann: Natürlich haben sie Angst vor Repressalien. Bereits heute werden bedauerlicherweise einige Kollegen, die sich als Impfverweigerer geoutet haben, im Kollegium oftmals in ein Eck gestellt.
Gsi.News: Wie gehen Sie in der Gewerkschaft mit der Antwort seitens der Landesregierung um?
Witzemann: Ich bin als Vorsitzender der Personalvertretung nicht überrascht, denke aber, dass dieser Brief eher an die Damen und Herren im Nationalrat hätte gesendet werden müssen. Dort werden diese Gesetze beschlossen. Was sollte die Landesregierung hier mitteilen? Es genügt, wenn hier eine Nationalratspartei Stimmung macht und versucht, die Situation auszunutzen. Ich finde die Aussagen Ihres Obmanns jedenfalls letztklassig, aber offensichtlich gefällt dies seinen Wählern.
Gsi.News: Besonders das Statement von Veronika Marte, dass diese 150 Personen die Gesundheit der Schulkinder und Familien riskieren und zur Spaltung der Gesellschaft beitragen würden, wird einigen sauer aufstoßen?
Witzemann: Auch das finde ich in dieser Situation nicht gut. Die Gegenargumente sind, warum sich gesunde Menschen impfen lassen sollten? Genau solche Aussagen tragen zur Spaltung bei und sind einer respektvollen Diskussion abträglich. Sie hat aber als Politikerin ihr Klientel zu vertreten und von daher gesehen überrascht mich diese Aussage nicht.
Gsi.News: Marte sagte ferner, dass gelebte Verantwortung und pädagogische Berufsethik anders aussähe und sich nicht in der Anonymität verstecke. Sehen Sie das genauso?
Witzemann: Wenn sie sich in den letzten Wochen und Monaten mehr dieser Thematik gewidmet hätte, würde sie auch wissen, dass diese Kollegen keineswegs anonym und ihre Namen auch bekannt sind. Auch diese Aussage passt in die populären Ansagen der letzten Wochen, dass „nur geimpfte Lehrer, gute Lehrer sind und alle anderen den Beruf verfehlt haben.“ Gleichzeit ruft man aus der Politik zu, dass wir alle zusammenhalten müssen. Das passt wohl nicht zusammen!
Gsi.News: Vielen Dank für das Gespräch.
Zur Person:
- Willi Witzemann
- Geboren: 1959
- Verheiratet, vier Kinder
- Wohnhaft in Altach
- Erlernter Beruf: begeisterter Volksschullehrer
- seit 25 Jahren Personalvertreter
- seit 5 Jahren Vorsitzender des Zentralausschusses der Vorarlberger Pflichtschullehrer
- Hobby: Familie, Reisen, Lesen, Fußball, uvm.
- Kontakt: witzewilli@hotmail.com