Faszination, Leidenschaft und Lebensfreude schöpft die Feldkircherin Simone Nägele von der Welt, die sie unter Wasser immer wieder aufs Neue entdecken und erleben kann. Die Tauchlehrerin kehrte dem Ländle den Rücken und machte sich ganz spontan auf zu südlicheren Gefilden. Sie spricht über ihre neue Heimat Spanien.
Von Bandi Koeck
Gsi.News: Deine große Leidenschaft ist Wasser bzw. das Tauchen. Wie kam es dazu?
Simone Nägele: Seit ich acht bin, bin ich bei der Österreichischen Wasserrettung. Während meines Studiums habe ich mich dort auch zum Rettungstaucher ausgebildet. Das Tauchen hat mir echt Spaß gemacht und ich wollte mich immer weiterbilden, immer besser werden. Irgendwann war ich beim „schwierigstmöglichen“ Kurs angekommen: Dem Höhlentauchen, obwohl ich nie wirklich Höhlen tauchen wollte (lacht). Den Kurs habe ich dann aufgrund einer Empfehlung in Spanien bei Sergi Perez gemacht – und war begeistert. Also bin ich im Folgejahr wiedergekommen und dann hat mir der Leiter der Basis einen Job angeboten.
Gsi.News: Wie ist es anschließend weitergegangen?
Nägele: Ich hatte weder Spanischkenntnisse, noch war ich Tauchlehrerin! Aber meine anderen Sprachkenntnisse und auch mein Know-How im Social Media Marketing waren für die Tauchbasis interessant – und auch sonst waren wir uns sympathisch – sowohl unter als auch über Wasser. Ich habe das Angebot nicht ernst genommen, bin zurück nach Österreich, und wurde dort mehr und mehr unglücklich. Also habe ich nachgefragt, ob das Angebot damals ernst gemeint gewesen war. Das war es. Zwei Tage später habe ich mich bei der Volkshochschule für zwei Spanischkurse parallel eingeschrieben, den Anfängerkurs habe ich direkt übersprungen, ich hatte ja nur ein paar Monate Zeit, mich wenigstens ein bisschen an die Sprache zu gewöhnen. Kurz darauf habe ich dann die Entscheidung getroffen, es wirklich zu wagen. Ich dachte, so eine Chance kriege ich nie wieder – und wenn ich 90 bin, will ich es nicht bereuen! Gedanken wie: „im schlimmsten Fall gefällt es mir nicht in Spanien, dann komme ich wieder und habe eine weitere Sprache in meinem Lebenslauf stehen“ beschäftigten mich.
Gsi.News: Aller Anfang ist bekanntlich schwer. Wie war es bei dir?
Nägele: Ich tue mir generell leicht mit Sprachen, außerdem konnte ich bereits Italienisch und Französisch und musste Spanisch also nur „dazwischenwursteln“. Aber dennoch benötigte es am Anfang sehr viel Energie, sich in einer neuen Sprache durch den Alltag zu schlagen. Man muss einfach immer voll da sein. Dass die Spanier generell sehr laut sind, durcheinander und schnell reden, machte die Sache zusätzlich schwierig. Dazu kommt, dass ich nach Murcia gegangen bin. In Murcia werden viele Laute verschluckt und die Leute reden etwas anders. Ich vergleiche es gerne mit Deutsch und Österreichisch-Deutsch. Nach nicht mal einem Jahr habe ich dann die Ausbildung zum Tauchlehrer auf Spanisch gemacht – das heißt, ich musste auf Spanisch Vorträge halten und Zusammenhänge erklären. Es ging! Und jetzt denke ich mir schon gar nichts mehr dabei und es ist fast leichter, die Dinge auf Spanisch zu erklären, als mir die Worte neu auf Deutsch zu suchen.
Gsi.News: Wie hat dein Umfeld auf die Veränderung reagiert?
Nägele: Die meisten Leute haben beeindruckt-neidisch reagiert: „du machst es richtig“, „das hätte ich auch gerne gemacht“ etc. Auch mein Chef bei den Bregenzer Festspielen, wo ich zu der Zeit gearbeitet habe. Und meine Eltern, die schon immer wussten, dass ich kein typischer Vorarlberger bin, waren froh, dass es „nur“ Spanien war, das ja zumindest noch auf dem europäischen Kontinent liegt (lacht).
Gsi.News: Welches sind die größten Unterschiede zu Vorarlberg?
Nägele: Am Anfang war es eine große Herausforderung für mich, mich an die kulturellen Gegebenheiten anzupassen: wenn ich am Morgen bei der Tauchbasis die Kunden in Empfang nahm, wurde ich von Menschen, die ich einmal gesehen hatte und mich nicht mal mehr an deren Namen erinnern konnte, mit Küsschen begrüsst. Die Spanier sind da einfach viel herzlicher, viel enger und haben viel mehr Körperkontakt. Es ist auch völlig normal, dass meine Arbeitskollegen ihre Hand um mich legen – ohne, dass da ein romantischer Gedanke dahinter steckt. Das hat sich jetzt mit Corona etwas geändert, gerade, wo ich mich daran gewöhnt hatte.
Gsi.News: Wie ist dein „neues Leben“ im Süden?
Nägele: Ich wohne in einem sehr sehr kleinen Fischerort direkt an der Küste. Ich hätte mir nie vorstellen können, beispielsweise nach Laterns (damit vergleiche ich den Ort gerne) zu ziehen, aber ich bin sehr glücklich hier. Es ist ein wenig wie auf einer Insel zu leben, nur dass wir auf dem Festland sind. Außerdem musste ich mich auch an die neue Arbeit als Tauchguide bzw. später als Tauchlehrer gewöhnen, vor allem aber auch gelassener werden und mehr Vertrauen in andere Leute haben.
Gsi.News: Wie sieht dein beruflicher Alltag in Spanien aus?
Nägele: Meine Arbeit in Spanien ist alles andere als ein Zuckerschlecken: Wir arbeiten generell sechs Tage die Woche – und manchmal sind es 12 Stunden am Tag oder mehr. Aber wenn die Arbeit Spaß macht und man von tollen Arbeitskollegen umgeben ist, ist das leichter. Ich hatte, seit ich in Spanien bin, nicht einen Tag, an dem ich morgens keine Lust hatte zur Arbeit zu gehen. Wir wechseln uns auf der Tauchbasis mit den Aufgaben ab, manchmal führen wir Tauchgänge für zertifizierte Taucher, manchmal bilden wir neue Taucher aus und manchmal bilden wir bereits ausgebildete Taucher fort. Am liebsten mache ich alles, was mit dem fortgeschrittenen, sog. technischen Tauchen bzw. Höhlentauchen zu tun hat. Einmal durfte ich zwei Taucher aus der Romandie auf einen Schnuppertauchgang in die Cueva del Agua (eine Unterwasserhöhle, auch genannt Europas einzige Cenote – meine Lieblingshöhle) führen – und als wir nach ca. einer Stunde wieder auftauchten, sagten die beiden nichts, aber sie waren so bewegt, dass sie vor Glück zu weinen begannen. Solche Momente sind definitiv meine liebsten. Oder wenn ich jemandem helfen kann, etwas zu lernen, das er dachte, er würde es nie lernen können. Unvergesslich ist auch, dass ich mit auf eine int. Exkursion nach China durfte.
Gsi.News: Wie lange gedenkst du in Spanien zu bleiben respektive was sind deine Zukunftsziele?
Nägele: Auf die Frage möchte ich gerne eingehen: Ich mache mir darüber nämlich wenig Gedanken! Ich wollte nie nach Spanien, ich wollte nie auf einer Tauchbasis arbeiten; das ist mir einfach „passiert“, das Leben oder Gott hat mich da hin geführt. Ich war nur offen genug, die Chance auch wahrzunehmen. Und wenn ich von vornherein gesagt hätte „Ich bleibe für immer.“, hätte es mir nicht gefallen. Hätte ich im Gegenzug gesagt „Ich bleibe ein Jahr.“, hätte ich mich wahrscheinlich verliebt und Kinder gekriegt. Und genau so sehe ich es immer noch. Ich gehe mit offenen Augen durchs Leben, versuche, das zu genießen, was und wo ich gerade bin.
Gsi.News: Herzlichen Dank für dieses offene und bereichernde Gespräch und alles Gute und weiterhin viel Freude über und unter Wasser!
Zur Person:
- Name: Simone Nägele
- Geboren am 20. 4. 1989 in Feldkirch
- Familie: Schwester Marina, unterstützende Eltern Paula und Josef und eine tolle Großfamilie
- Erlernter Beruf: Multimedia Production, Eventmanagement
- Aktueller Wohnort: La Azohia, Spanien
- Hobbys: Höhlentauchen, Tauchen, alle Arten von Wassersport, Freeletics, bei einem Kaffee mit Freunden quatschen.
- Lieblingsbuch: das, das ich noch nicht gelesen habe!
- Am Ländle schätze ich: das Wasser, das Grün, die Jahreszeiten und meine Verwandten und die Freunde, die trotz der Entfernung weiterhin gute Freunde sind!
- Aktuell vermisse ich aus Vorarlberg: den Winter
- Kontakt: www.si-na.eu