Sie ist umgeben von zahlreichen Kindern, die um ihre Aufmerksamkeit buhlen und alle am Nächsten neben ihr sitzen möchten. Renate Schmidt ist erfahrene Kindergartenpädagogin und Unterrichtende an der Bildungsanstalt für Elementarpädagogik.
Von Bella Koeck
Von den ihr anvertrauten Kindern und deren Eltern wie auch von Arbeitskollegen wird die charismatische Feldkircherin geschätzt. Sie ist ein Herzensmensch und lebt das, was sie sagt. Renate Schmidt ist seit 1996 im Praxiskindergarten in Feldkirch-Tisis tätig und unterrichtet zudem an der BAfEP am Ardetzenberg. Um sie und ihre pädagogische Arbeit besser kennenzulernen wagen wir eine Reise zurück in ihre Kindheitstage. Schmidt erzählt, dass ihre «magische Phase», in die sie sich als Kind flüchtete, sehr intensiv verlaufen sei: «Dies zeigte sich dadurch, dass ich meine Lieblingspuppe regelmäßig in die Volksschule ‚schmuggelte‘ und während des Unterrichts warf ich immer einen Blick in meine Schultasche, wo die Puppe drinnen saß.“ Sie lacht bei dieser Erinnerung und stellt sich heute als Erwachsene erneut die berechtigte Frage: „Wie konnte ich sie nur zu Hause lassen? Sie war ja für mich ‚lebendig‘ und musste mit in die Schule.“ Wie viele Gleichaltrige habe sie als Kind von Burgen und Schlössern geträumt und sich vorgestellt, wie sie in so einem Schloss wohnen würde. Heute wohnt sie am Ardetzenberg – mit direktem Blick auf die Schattenburg.
Ehrlich und direkt
Nach der Pflichtschule absolvierte die 1976-Geborene die BAKIP (heute BAfEP). Anschließend ging sie in die Praxiseinrichtung ihrer Schule. Diesen Schritt bereut sie bis heute nicht, da sie dadurch wichtige Zusatzausbildungen im Bereich der Kindergartendidaktik und des Kindergartenmanagements in Wien und Salzburg machen konnte. 2013 schloss die Mutter einer achtjährigen Tochter den Lehrgang für Elementare Musikpädagogik am Konservatorium in Feldkirch ab. Musik ist der Pädagogin seit jeher wichtig gewesen, so sang sie in ihrer Jugend in einem kleinen Jugendchor der Dompfarre in Feldkirch. „Ich war generell viel mit Musik in Kontakt. Mein Stiefvater förderte meinen Klavierunterricht und dadurch, dass er selbst auch Musik machte, beeinflusste mich dies sehr.“ Aus den Jugendjahren blieb ihr eine Jugendreise der Stadt Feldkirch in besonderer Erinnerung: „Es war wirklich etwas Besonderes, als ich zum ersten Mal das Meer und gleichzeitig die Metropole Paris erleben durfte.“ Auf die Frage, ob es sich bei der Arbeit als Kindergartenpädagogin um Berufung handele, verneint sie. „Das sicher nicht, denn die Entscheidung, was ich machen sollte, war nicht leicht. Dass ich etwas Kreatives, Abwechslungsreiches machen musste, das war klar.“ Die erfahrene Pädagogin gibt offen zu, dass die Arbeit mit jüngeren Kindern niemals gleich sei. Jeder Tag sei vielfältig, abwechslungsreich und sehr oft auch anstrengend. „Es ist ein durch und durch ‚lebendiger‘ Beruf. Du bekommst sofort ein Feedback auf dein Verhalten, auf deine Arbeit.“ Dass sie ehrlich und direkt sind, das gefalle ihr an den Kindern besonders. „Wir können unseren Arbeitsalltag, trotz vorgegebenen Bildungsrahmenplan, gestalten wie wir möchten. Es herrscht keine Routine und deswegen schätze ich diesen Beruf sehr.“
Fördern und fordern
Seit über 22 Jahren ist Schmidt im Praxiskindergarten tätig. Das für sie wohl Faszinierendste sei das Wechselspiel: „Die Arbeit mit den Kindern und mit den Studierenden finde ich für mich sehr ausgleichend.“ An gewissen Tagen oder Wochen kommen Schülerinnen aus den unterschiedlichsten Klassen zu ihr in die Praxis. Diese müssen – je nach Klasse – unterschiedlichste Bereiche und Tätigkeiten des Kindergartenalltages hospitieren, kennenlernen und selbst durchführen. „Die Studierenden in ihren schriftlichen wie praktischeren Arbeiten anzuleiten und zu reflektieren, das ist meine Aufgabe.“ Aber nicht nur einzelne Azubis sondern gesamte Klassen mit bis zu 28 Schülerinnen und Schülern sehen Renate bei der direkten Arbeit mit den Kindern zu. „Dies ist nicht für jede Pädagogin etwas“ räumt sie offenkundig ein. Sie hingegen möge das sehr. Dies kann jeder bestätigen, der ihr bei der täglichen Knochenarbeit über die Schulter geblickt hat. Es ist ein liebevolles, wertschätzendes Umfeld, das den Kleinsten ein Gefühl von Daheim vermittelt. Als weitere Bereicherung in der Arbeit mit Schülern gibt Renate an, dass jede Praktikantin oder jeder Praktikant einen eigenen Zugang zu Themen oder Erzieherverhalten mit in die Gruppe brächte, was oft eine wahre Bereicherung für alle Beteiligten sei. Gerne nimmt sie sich auch eher schwächeren Schülern an, was dann gleichzeitig eine richtige Herausforderung darstellt. „Bis jetzt fand noch jede und jeder einen positiven Aspekt der Kindergartenarbeit bis zum Ende des Praktikums in unserer Institution.“
Immer früher
Als Privatkindergarten ist es für Renate Schmidt seit über zehn Jahren üblich, auch jüngere Kinder, sprich 3-jährige, in der Gruppe zu haben. Seit vier Jahren dürfen auch zweijährige Kinder ins Antoniushaus, wo sie arbeitet, kommen. Es sei immens wichtig im Vorfeld zu überlegen, wie viele zweijährige Kinder aufgenommen werden würden, da dies ihren Arbeitsalltag sehr beeinträchtigt: „Jüngere Geschwisterkinder fühlen sich sehr rasch wohl, da sie die Sicherheit des älteren Geschwisterkindes spüren. Deswegen ist unsere Gruppe nicht nur eine altersgemischte, sondern eine Art ‚Familien-Gruppe‘.“ Immer wieder würde sie überrascht werden, wie schnell ganz junge Kinder von älteren Kindern profitieren würden und wie sie danach strebten, „Groß“ zu sein. „Wir hatten schon die Situationen, dass zweijährige Kinder den Größeren zeigen, was zu tun ist.“ Dies sieht man etwa bei der Jause. Es erstaunt den Besucher, dass bereits zwei- und dreijährige selber ihre Glastellerchen und Becher mit ins Nebenzimmer tragen und ganz alleine in die Spülmaschine einräumen. Anschließend geht es zum Händewaschen und Zähneputzen – in Gänsemarsch versteht sich, weil Ordnung muss früh geübt werden. Als größte Herausforderung gibt sie an, dass sie zu wenig Personal hätten, aber das könne nicht mit einem staatlichen Kindergarten verglichen werden, bei dem noch dreijährige ein relatives Novum wären.
Bewusstes Erleben
Nach einem intensiven Kinditag ist es wichtig, abzuschalten. Am besten geht das bei Renate mit Musik: „Musik macht mich definitiv glücklich.“ Gemeinsam klanglich zu „schwingen“, das bewege sie sehr. Darauf folgt das Element Wasser: Die Feldkircherin liebt es am oder im Wasser zu sein oder den Blick in die Ferne schweifen zu lassen, weil sie dadurch zu sich selbst findet. Und da aller guten Dinge bekanntlich drei sind gibt sie noch an, dass sie gerne mit allen Menschen, die ihr wichtig sind, gemeinsam Feste feiert. „Das bewusste Erleben hat wenig Chance im Alltag. Hier selbst die Reißleine zu ziehen und sich quasi immer wieder zu erden, das ist eine echte Herausforderung für mich.“ Renate Schmidt ist jemand, der gerne tiefgründig denkt, fühlt und handelt. Sie ist ein Mensch, der viele Träume hat, sei es an ferne Orte zu reisen, mit Delfinen zu schwimmen oder an musikalischen Projekten mitzuwirken. Doch viel wichtiger sei ihr mit zunehmendem Alter, dass sie nicht starr an etwas festhalte, sondern das Vertrauen aufbauen könne, dass sich alles zu ihrem Besten entwickeln wird. „Offen sein für Neues, denn auch wenn wir uns im ersten Moment vielleicht dagegen wehren, zeigt es sich, dass es gut für uns ist. Das Festhalten blockiert uns, behindert unsere eigene Entwicklung“ wird sie sogleich richtig philosophisch.
Renates Tipps für Eltern:
- Gebt euren Kindern echte Kommunikation, seid Sprachvorbilder! Dies kann kein Handy ersetzen.
- Wir können im Kindergarten unterstützen und viel für eine gute Sprachentwicklung dazu beitragen, aber die Hauptaufgabe liegt im Elternhaus!
- Viele Kinder müssen (leider) das kindliche Spiel wieder erlernen, da sie es nur gewohnt sind „bespaßt“ zu werden, oder sich mit Handys und Tablets beschäftigen!
- Langeweile beinhaltet die Chance, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und kreativ zu werden. Das Schwierige dabei ist, dass Kinder wie Erwachsene darin gefordert werden, dies auszuhalten und zuzulassen.
- Zeigt den Kindern klare Grenzen auf. Grenzen bieten Sicherheit – in einem geschützten Rahmen.
Zur Person
- Renate Schmidt
- Geboren am 18. November 1976 in Feldkirch
- Wohnort: Feldkirch
- Familie: Verheiratet, neunjährige Tochter
- Beruf: Kindergartenpädagogin und Lehrerin an der BAfEP in Feldkirch
- Hobbys: Singen, Fotografieren, Filme schneiden, Schwimmen, Garten
- Lieblingsland: Rund um den Bodensee
- An Vorarlberg schätze ich: Vielfalt und Sauberkeit
- Feldkirch bedeutet für mich: Mein zu Hause: Freitags um 15 Uhr wenn die Glocken des Katzenturms läuten, das gibt mir ein spezielles Heimatgefühl.
- Kontakt: re@vol.at