Die Kunstschule Liechtenstein ist ein Ort für Kunst und Gestaltung, an dem kreative Fähigkeiten im Sinne einer ganzheitlichen Persönlichkeitsbildung gefördert werden. Zusätzlich zu einem komplexen Kursprogramm für alle Altersgruppen und Interessen wird auch ein einjähriger, vollzeitlicher Vorkurs angeboten.
30 Lehrende aus ganz unterschiedlichen Bereichen bilden ein engagiertes Team. Ausser ihrer schulischen Tätigkeit sind sie auch noch eigenständig kreativ tätig. Was ihr eigenes Schaffen ausmacht und wo sie sich künstlerisch verorten, will diese Ausstellung zeigen. «Close Up- Nah wie nie!» gibt den Dozierenden die Gelegenheit, sich mit ihren Arbeiten dem Publikum zu stellen und mit ihm in einen Dialog zu treten.
Die Arbeiten der 19 teilnehmenden Kunstschaffenden könnten nicht unterschiedlicher sein in Technik, Methode, Prozess und inhaltlichem Ansatz. Und doch lassen sich einige rote Fäden durch die Ausstellung ziehen. Um die zu erkennen, muss man sich in die Arbeiten hineindenken, sich auch von der Ausstellung in die individuellen Welten führen lassen. Gemein ist ihnen, dass sie nach Betrachter*innen – oder noch besser – nach Teilnehmer*innen verlangen. Die Forderung nach haptischem, physischem Erleben und Kommunizieren mit Material und Sujet ist nicht von der Hand zu weisen. Mal stehen sie im krassen Gegensatz zum passiven Bilder-Konsum vor glatten Bildschirmen mit digitalen Datenstrom, mal werden genau diese Mittel genutzt, um Bezüge zu den Betrachtenden und ihren Realitäten herzustellen.
Eingeladen in die Villa Claudia von KunstVorarlberg, möchten die Künstler*innen diese Ausstellung gleichwohl zum Anlass nehmen, das Gespräch mit dem seit einem Jahr so vermisstem Publikum zu suchen. Kunst ist Authentizität und braucht die direkte Auseinandersetzung – auch wenn man diese Aussage schon so oft gehört, hinterfragt, kritisiert und verworfen hat – dennoch ist sie korrekt.
Die Idee für diese Ausstellung ist bereits vor Corona entstanden. Sie wurde 2020 konzipiert, organisiert, sogar die Einladungen waren gedruckt, zuerst für November 2020, dann Frühjahr 2021… und jedes Mal verschoben. Frustration machte sich breit, aber im Vordergrund stand weiter die Lust, eine Ausstellung mit ganz verschiedenen künstlerischen Ansätzen zu machen und gleichzeitig die in vergangenen Monaten entstandenen Werke einer interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren. KunstVorarlberg war geduldig, kulant und kooperativ und hat der Kunstschule einen Ausstellungszeitraum im April 2022 in der Villa Claudia zur Disposition gestellt.
Allerdings sind Wesen, Ansatz und Erscheinung der jeweiligen Positionen so verschieden, dass sie sich nicht in einem gemeinsamen ästhetischen Milieu verorten lassen. Man könnte sogar sagen, dass sich die Übereinstimmungen und Gemeinsamkeiten ins Off verlagern und der Diskurs und die visuelle Konfrontation dafür stärker hervortreten. Was die Künstler*innen aber tatsächlich teilen, ist die Leidenschaft und das Engagement für die Kunst und das Interesse an der Vermittlung von Bildsystemen, die zu den überindividuellen gültigen Quellen kollektiven Bewusstseins gehören.
Die Kunstschaffenden präsentieren Arbeiten in diversen Medien, in denen künstlerische Strategien und Medien ausgereizt, verbunden und gegenübergestellt werden. Neben experimenteller und gegenständlicher Zeichnung, Malerei, Skulptur, und Installation werden auch Werke aus den Bereichen Fotografie, Medienkunst, Grafik, Illustration und Töpferei gezeigt. Bei genauerem Hinsehen entstehen für die Betrachtenden Beziehungen und Spannungen zwischen den einzelnen Arbeiten; die Werke befinden sich im Dialog, ergänzen sich, stehen aber auch gelegentlich einmal im Gegensatz zueinander.
Bei genauem Hinsehen entdeckt man, dass die Positionen von «High/Low», «Vergangenheit/Gegenwart», «Gesellschaftliches/Persönliches», «Politisches/Privates» gespeist werden. Das Spannungsverhältnis «Trivial und Erhaben» eint alle Künstler*innen in dieser Ausstellung. Ihre Inspiration und Vorlagen sind mannigfach und überall zu finden: in Schriftfragmenten und Figuren aus der Werbe- und Medienlandschaft, der Natur, Graffiti, Architektur, Kunstgeschichte, Kindheitserinnerungen, Träume, Mythen und Visionen. Die Künstler*innen machen es sich zur Aufgabe, diese Bilder in einen lesbaren Kontext zeitgenössischer Bildsprache zu überführen – nicht nur formal und ästhetisch, sondern auch in Räume, die den Anspruch von kulturellen Werten präsentieren und vermitteln.
Close Up – Nah wie nie!
Lehrende der Kunstschule Liechtenstein
Dauer der Ausstellung | 2. April bis 1. Mai 2022
Eröffnung | Fr 1. April 2022 | 19 Uhr
Einführung | Dr. Isabel Balzer, Kuratorin
Ort | KunstVorarlberg, Forum für aktuelle Kunst, Villa Claudia, Bahnhofstraße 6, 6800 Feldkirch
Öffnungszeiten | Fr 16-18 Uhr, Sa 15-18 Uhr, So 10-12 Uhr und 15-18 Uhr
KünstlerInnen Führungen | Edgar Leissing So 10. April 2022, 15 Uhr | Dr. Isabel Balzer, So 17. April 2022, 15 Uhr
Künstler:
Diego Balli, Jacqueline Beck, Jürgen Beck, Manuela Bischofberger, Werner Casty, Damiano Curschellas, Ursula Federli, Martina Feichtinger, Ursula Federli, Beate Frommelt, Lilian Hasler, Anna Hilti, Andrina Keller, Edgar Leissing, Karin Schuh, Rene Staub, Jan Steinbach, Claudia Tolusso, Martin Walch.
Kuratorin: Isabel Balzer
Dr. Isabel Balzer hat Kunstgeschichte und Germanistik in Deutschland und
den USA studiert und in Chicago promoviert. Ihr Interesse gilt der Schnittstelle von Ästhetik und künstlerischer Darstellung sowie politischer, historischer und künstlerischer Forschung. Kunst in ihrer Wechselwirkung mit politischen, kulturellen und ästhetischen Debatten stehen im Vordergrund ihrer kuratorischen Arbeit.
Seit 2002 arbeitet als freie Kuratorin, Publizistin und Dozentin. Sie betreut unter anderem das Kunst- und Foto-Archiv Vera Isler, arbeitet als Kuratorin für Künstler*innen und Institutionen und leitet den Bereich Theorie und künstlerische Forschung an der Kunstschule Liechtenstein.