Über die Grenze: 52 Hörstationen mit Fluchtgeschichten von 1938 bis 1945 – Das detaillierte Programm

Entlang der Radroute Nr. 1 vom Bodensee bis zur Silvretta – in Vorarlberg, der Schweiz und in Liechtenstein

Tausende Flüchtlinge versuchten zwischen März 1938 und Mai 1945 über Vorarlberg die rettende Schweiz zu erreichen: Verfolgte Jüdinnen und Juden, politische Gegner*innen der Nazis, Deserteure, Kriegsgefangene, Zwangs- und Fremdarbeiter*innen aus besetzten Ländern Europas. Bereits im Sommer 1938 begann die Schweiz die Grenzen abzuriegeln. Fluchthelfer*innen auf beiden Seiten der Grenze konnten manchen noch ein Entkommen ermöglichen, aber es gab nun nur noch illegale Wege in die Freiheit.

Entlang der Radroute Nr. 1, von Bregenz bis Partenen, und an ausgewählten Orten in der Schweiz und in Liechtenstein markieren symbolische Grenzsteine 52 Hörstationen zu diesen Flüchtlingsschicksalen, und laden per QR-Code dazu ein, sich auf die Geschichte des jeweiligen Ortes einzulassen, innezuhalten und die Umgebung aufmerksam wahrzunehmen.

Über die Grenze erzählt von Odysseen durch ganz Europa und von einheimischen Schmugglern, die zu Fluchthelfern werden, von Liebenden, die aus dem Gefängnis ausbrechen und Kriegsgefangenen die sich verirren, von protestierenden Schülerinnen und Verhören durch die Gestapo, von Abenteuern am Geburtstag, von gefährlichen Wegen über den Rhein und die Berge – von menschlichem Mut, Verfolgung, Behördenwillkür und Widerstand.

Die Erfahrungen der Flüchtlinge spiegeln sich in persönlichen Briefen, Dokumenten der deutschen und Schweizer Behörden, in Erinnerungen von Zeitzeugen und Fotografien der Schauplätze. Aus ihnen entsteht ein Bild der damaligen Ereignisse aus vielen Perspektiven – zu hören, zu lesen, zu sehen. Unterwegs mit dem Fahrrad zwischen See und Bergen, auf beiden Seiten des Rheins, beiden Seiten einer Grenze, die noch heute zugleich trennt und verbindet.

Als Plattform für diese Erkundung der Grenzlandschaft im Rheintal und in den Bergen dient die Website www.ueber-die-grenze.at.

Festakt zur Einweihung am Schlossplatz Hohenems

Sonntag, den 3. Juli 2022, 15.00 bis 18.30 Uhr

15.00:                          Musik:

16.00:                          Reden und Performance

                                    Grußworte:

                                    Dieter Egger, Bürgermeister der Stadt Hohenems

                                    Barbara Schöbi-Fink, Landesstatthalterin Vorarlberg

                                    Eva Häfele, Rad-Lobby Vorarlberg

                                    Stefan Keller (Paul Grüninger Stiftung, St. Gallen)

Jonathan Kreutner (Zürich, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, Sohn von Robert Kreutner, der als Kind mit seinen Eltern bei Hohenems über den Alten Rhein in die Schweiz floh)

Gabriel Heim (Basel, Autor, Enkel von Marie Winter, die 1942 beim Versuch, in Hohenems über den Alten Rhein zu fliehen, gefasst und nach Maly Trostinec deportiert und ermordet wurde)

Simone Prodolliet (Bern, eh. Geschäftsführerin der Eidgenössischen Kommission für Migrationsfragen, Nichte des Schweizer Diplomaten und Fluchthelfer in Bregenz Ernest Prodolliet)

„S´ist Krieg! S´ist Krieg!“ (Matthias Claudius)

Eine Performance mit Jugendlichen der Offenen Jugendarbeit Hohenems unter der Regie von Brigitte Walk / walktanztheater

Gerald Knaus (Vorsitzender der Europäischen Stabilitäts-Initiative ESI, Berlin)

17.15:                          Musik:

                                    Salingari Sextett:

Über Meere und Flüsse

Andreas Paragioudakis: Lyra, Laute, Gesang 
Moaaz Al Shamma: Oud, Gesang 
Robert Bernhard: Saxophone 
Yenisey Rodriguez: Violoncello 
Martin Grabher: Drums
Christos Stertsos: Trad. Perkussion

Am Schlossplatz sorgen die dortigen Gastronomen und Food Trucks mit einem reichhaltigen Angebot für das leibliche Wohl.

3. Juli 2022

Fahrradsternfahrt entlang der Fluchtwege an der Grenze

zum Festakt am Hohenemser Schlossplatz

Startpunkte in:

Bregenz

Lustenau

Dornbirn

Hohenems

Altach

Feldkirch

Weiteres Programm am Eröffnungswochenende

In der Nacht auf den 17. April 1945, wenige Tage vor Kriegsende, wurde in Tisis an der Grenze zu Liechtenstein die Widerstandkämpferin Hilda Monte festgenommen – und beim Versuch zu fliehen erschossen. Die junge Frau, sozialistische Aktivistin und Autorin war nach Vorarlberg gekommen, um dem Widerstand in Österreich zu helfen.
Geboren in Wien und aufgewachsen in Berlin, musste sie 1934 ins Exil gehen, nach Frankreich, England und schließlich in die Schweiz. Lange Jahre schrieb sie gegen die Terrorherrschaft des Nationalsozialismus an, in Analysen, Aufrufen, Büchern und Gedichten. Die „Einheit Europas“ war für sie die entscheidende Bedingung, um den künftigen Frieden zu sichern. In einem Schreiben von 1943 wurde sie nach ihrer Nationalität gefragt. „Ich kann mich nur als Europäerin bezeichnen. Aber ich fürchte, wir haben die Zeit noch nicht erreicht, in der das erlaubt ist.“
Andreas Wilkens ist Professor für Zeitgeschichte an der Universität Lothringen – Metz.

Im Anschluss Führung durch die Ausstellung durch Sabine Apostolo

verfolgt / verlobt / verheiratet. Rettende Ehen jüdischer Frauen ins Exil

Im März 1938 beginnt für österreichische Jüdinnen und Juden ein Wettlauf gegen die Zeit. Einige Wiener Jüdinnen retten sich durch eine Scheinehe mit einem ausländischen Staatsbürger. Die Ausstellung im Frauenmuseum Hittisau spürt den Lebenswegen und unterschiedlichen Schicksalen von dreizehn österreichischen Jüdinnen nach.
In der Ausstellung wird auch Hilda Montes Geschichte erzählt. Die Übernahme aus dem Jüdischen Museum Wien wurde um Objekte zu Hilda Montes Leben erweitert.

und Besichtigung der Open-Air-Ausstellung 

darüber sprechen
Nationalsozialismus und Holocaust: Erinnerungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen

Open-Air Ausstellung

Verfolgung und Widerstand. Biographische Aspekte der NS-Diktatur

Vor 75 Jahren endete im Mai 1945 mit dem Einmarsch der französischen Armee die NS-Diktatur in Bludenz. Einen einschneidenden Bruch bedeutete das vor allem für jene Menschen, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung gewesen waren oder Widerstand gegen das faschistische System geleistet hatten. Allerdings wurden ihre Stimmen in der Nachkriegsgesellschaft kaum gehört – zu sehr wurde dadurch der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung ihre Duldung der NS-Verbrechen und in manchen Fällen gar die Mittäterschaft vor Augen geführt. Über Jahrzehnte wurde die Erinnerungskultur vom Gedenken an die gefallenen Soldaten der deutschen Wehrmacht dominiert. In der Ausstellung des Stadtarchivs Bludenz, kuratiert von Stadtarchivar Christof Thöny, werden ausgewählte Biographien von Menschen vorgestellt, die in Bludenz Widerstand gegen das NS-Regime leisteten oder Opfer von Verfolgung wurden.

Akte Grüninger (Regie: Alain Gsponer, Schweiz 2014, mit Stefan Kurt, Maximilian Simonischek, Anatol Taubman, Ursina Lardi u.a.)

«Akte Grüninger» erzählt die Geschichte des St. Galler Polizeikommandanten Paul Grüninger (1891-1972), der kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges Hunderten von Juden die Flucht aus Nazi-Deutschland ermöglichte. Nach der Machtübernahme der Nazis in Österreich wurde die Grenze zwischen Vorarlberg und St. Gallen zum Nadelöhr für Flüchtlinge, die sich in die Schweiz retten wollten. Paul Grüninger und andere Fluchthelfer gerieten ins Visier der Schweizer Behörden.

Geführte Radtouren im Sommer

Bregenz. Und weiter?

Obwohl Bregenz nicht direkt an der Grenze zur Schweiz liegt, führen die Spuren vieler Fluchtgeschichten dorthin. Im Grenzpolizeikommissariat Bregenz (Gestapo) wurden viele Flüchtige einem ersten Verhör unterzogen, Tausende wurden im Gefangenhaus in der Oberstadt inhaftiert. Auf einer Radtour durch Bregenz werden Schicksale von Flüchtenden und Helfern näher beleuchtet.

Lustenau. Am Rhein entlang

Die Radwanderung führt vom Museum Rhein-Schauen ausgehend bis zum Zollamt Schmitter. Bei Zwischenstopps an den sieben sich auf Lustenauer Gemeindegebiet befindenden Stationen des Hörwegs werden die Künstlerin Margit Bartl-Frank und der Historiker Oliver Heinzle im Dialog aus ihrer jeweiligen Perspektive auf das Thema Flucht eingehen und die vor Ort präsentierten Geschichten vertiefen.

Hohenems. Am Alten Rhein

Die Grenze am Alten Rhein bei Hohenems wurde im Sommer 1938 zum Nadelöhr in die Schweiz. Gemeinsam starten wir am Jüdischen Museum und fahren mit dem Rad vorbei am Gasthaus Habsburg, einem der Schauplätze, hinunter zur Grenze am Alten Rhein. Unterwegs hören wir Geschichten über jüdische Flüchtlinge und Fluchthelfer, von Glück und Zufall, von Scheitern und Sterben in Hohenems. Die Radtour führt bis nach Lustenau und zurück. Wer mag, kann hinterher noch zwei der Opfer an der Grenze auf dem Hohenemser Friedhof St. Anton besuchen.

Altach. Vom Kieswerk zum Waibelloch

Im August 1938 fragt sich der Zürcher Polizeidirektor Robert Briner: “Können wir die Grenzen nicht besser verschließen?” Mit der großen Fluchtbewegung nach dem sog. Anschluss wurde der Alte Rhein zu einem wichtigen Grenzabschnitt, über den eine große Zahl an Flüchtenden versuchte vor der nationalsozialistischen Verfolgung in die Schweiz zu gelangen. Harald Walser und Judith Niederklopfer-Würtinger erkunden auf der Radtour einzelne Schicksale eingebettet in die politische Entwicklung.

Mäder. Um den Kummenberg

Diese Radtour führt uns am Rhein entlang zum Zollamt Mäder, verlässt dort die Krone des Hochwasserdamms und führt weiter in die umliegenden Dörfer. Vom Steinbruch Kutzen geht es weiter zum Schotterwerk am Kummenberg und in den Ortskern von Götzis. Während des Nationalsozialismus wurden tausende Menschen in diese Dörfer verschleppt, um dort Zwangsarbeit zu leisten. Was ist noch darüber bekannt, wo waren die Zwangsarbeitslager, in welchen Betrieben mussten sie arbeiten und wie war das alles organisiert?

Feldkirch. Vom Bahnhof zum Egelsee

Noch bevor die Nationalsozialisten am 12. März 1938 offiziell die Macht im Land übernahmen, organisierten in der Nacht vom 11. auf den 12. März lokale SA- und SS-Einheiten den Grenzschutz. Die Sicherung der Grenze hatte bis Kriegsende hohe Priorität. Trotzdem kam es zu einer ganzen Reihe von illegalen Grenzüberquerungen. Manche glückten, viele endeten im Gerichtsgefängnis im Zentrum von Feldkirch. Tobias Reinhard erkundet auf einer Radtour das Schicksal von Verfolgten auf der Flucht, die mutigen Kurierdienste von Widerstandskämpferinnen und die Fluchtbewegungen der letzten Kriegstage.

Bludenz. Spurensuche am Radweg und in der Stadt

Für viele Menschen, die vor der NS-Diktatur in die Schweiz flüchteten, war Bludenz eine Durchgangsstation, die mit dem Zug erreicht werden konnte. Das gilt etwa für Franz Weinreb, der sich über das Brandnertal Richtung Schweizer Grenze durchschlug. Solche Schicksale werden bei der Radtour rund um Bludenz thematisiert. Darüber hinaus werden Erinnerungsorte in der Stadt einbezogen, die in der Biografie jener Familien eine Rolle spielten, die sich zwischen 1938 und 1945 in Bludenz aufhielten.

Termine:

Schruns-Tschagguns. Vom Gefängnis bis zur Ill

Ausgehend vom ehemaligen Bezirksgefängnis in Schruns führt uns die Route zum St. Josefsheim und schließlich weiter bis nach Tschagguns. Im einstigen Gefängnis, das heute das Heimatmuseum beherbergt, waren in den Jahren 1938 bis 1945 zahlreiche Flüchtlinge und Zwangsarbeitskräfte inhaftiert. Dementsprechend wird den beiden Themenschwerpunkten Flucht und Zwangsarbeit an verschiedenen Stationen in Schruns und Tschagguns nachgespürt.

Dornbirn. Gedächtnisorte zwischen Kulturhaus und Turteltaubweg

„In ihrer kulturellen Überlieferung wird eine Gesellschaft sichtbar: für sich und für andere. Welche Vergangenheit sie darin sichtbar werden […] läßt, sagt etwas aus über das, was sie ist und worauf sie hinauswill.“ J. Assmann

Wie veränderte sich Erinnerungskultur in Vorarlberg, wo fehlt heute Erinnerung und welche Form der Erinnerung ist überhaupt angebracht? Ausgehend vom neuen Erinnerungszeichen „Grenzstein“ beim Kulturhaus Dornbirn werden Gedächtnisorte und Plätze in Dornbirn erkundet, die mit der Geschichte des Nationalsozialismus und deren Erinnerung verbunden sind. Anhand von sechs Stationen im Stadtgebiet werden Fragen zum Erinnern bzw. Nicht-Erinnern von Menschen und geschichtlichen Ereignissen diskutiert und Bezüge zur Gegenwart gesucht.

Johannes Spies ist Lehrer für Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung, Netzwerkkoordinator von _erinnern.at_ in Vorarlberg, Obmann der Johann-August-Malin-Gesellschaft und Mitarbeiter am Jüdischen Museum Hohenems im Bereich Kulturvermittlung.

Montafoner Theaterwanderung „Auf der Flucht“ – eine Grenzerfahrung zwischen Österreich und der Schweiz des teatro caprile

Gargellen, Juli bis September

Das interaktive Stück „Auf der Flucht“ nimmt Dich mit auf eine eindrückliche Reise in die Vergangenheit. Bei der von Friedrich Juen geführten Wanderung von Gargellen in Richtung Sarotlajoch spürst Du gemeinsam mit dem „teatro caprile“ an wechselnden Spielorten zwischen Österreich und der Schweiz dem Schicksal jener Menschen nach, die die Schrecken des Zweiten Weltkriegs am eigenen Leib erfahren mussten. Gespielt wird im Hotel Madrisa, in Alphütten und im freien Gelände. Das Stück basiert auf Zeitzeugenberichten, historischen Dokumenten und literarischen Texten von Franz Werfel, Jura Soyfer und anderen Schriftstellern, die aus Nazi-Deutschland flüchten mussten. Die emotionale Dichte sowie die Auseinandersetzung mit dem historischen Stoff mitten in den Bergen des Rätikon erzeugt intensive Bilder mit Sogwirkung bei allen Teilnehmer*innen.

Über die Grenze

Team

 „Über die Grenze“ ist ein Projekt des Jüdischen Museums Hohenems

in Zusammenarbeit mit: erinnern.at, Bodensee Vorarlberg Tourismus, Land Vorarlberg, Stadtmarketing Hohenems, Radlobby Vorarlberg, Stadt Hohenems, Stadt Feldkirch, Marktgemeinde Lustenau, Stadt Bregenz, Stadt Bludenz, Stadt Dornbirn, Marktgemeinde Hard,den Vorarlberger Gemeinden Höchst, Altach, Mäder, Koblach, Meiningen, Schruns, Tschagguns, St. Gallenkirch und Partenen, den Schweizer Gemeinden St. Margrethen, Au, Widnau, Diepoldsau, Oberriet und Buchs und der Liechtensteiner Gemeinde Mauren.

Das Projekt wurde gefördert durch

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