Oligarchenmilliarden in der Schweiz und Österreich

Albert Wittwer

Von Albert Wittwer

In der Schweiz sollen etwa zweihundert Milliarden Vermögen russischer Oligarchen geparkt sein. (Schätzung der Schweizer Bankiersvereinigung). Davon haben die Behörden gut sieben Milliarden gefunden und eingefroren. Das kommt mir wenig vor.

Allein im Jahre 2021 haben die Oligarchen und sonstigen russischen Staatsbürger laut Nationalbank immerhin etwa dreiundzwanzig Milliarden an Vermögen in Österreich veranlagt. Der Bundeskanzler berichtet mit Genugtuung, daß die Regierung insgesamt bescheidene 254 Millionen gesperrt hat.  

Die Eigentümer der wenigen gesperrten Vermögen, Liegenschaften, Aktiendepots, Unternehmensbeteiligungen können vorerst nicht mehr darüber verfügen. Bei allem anderen weiß man nicht, wem es gehört. Die Staaten wollen es nicht wissen. Österreich nimmt in der Weltrangliste der Schattenfinanzplätze den dreizehnten Platz ein, allerdings abgeschlagen hinter der Schweiz (zweiter Platz) und den Niederlanden (EU).

Reichtum adelt. Er wird bewundert. Egal, woher er stammt. Der Reiche ist von einer Aura umgeben, sie verändert sein Auftreten und wie er – auch als unbekannte Person – wahrgenommen wird. Wer den Überreichtum kritisiert, leidet bekanntlich an einem Neidkomplex. Vom Tellerwäscher zum Millionär und andere Lügen.

Versuchen wir eine Typologie: Zumeist steht am Anfang eines riesigen Vermögens ein großes, geerbtes Vermögen. Oder, typisch für die Oligarchen der ehemaligen Union der Sowjetrepubliken, der Erwerb von Staatseigentum durch die ehemalige Nomenklatura für ein Butterbrot. Aber der große, gemeinsamen Nenner ist: Steuerflucht, Steuervermeidung und Steuerschonung.

Bis zur Jahrtausendwende war die offizielle akademische Doktrin der Trickle-Down-Effekt. Durch den genialen Unternehmungsgeist unter förderlichen, steuerschonenden Rahmenbedingungen würden die Superreichen zwar noch reicher, nehme die Ungleichheit zu. Aber es werde der allgemeine Wohlstand so stark angehoben, daß jeder vom System profitiere. Aber auch damals konnten in den USA und teilweise in Europa nur Millionäre für demokratische Spitzenämter kandidieren – oder im Falle Österreichs – sich Kandidaten halten und Parteien finanzieren. So ist der Turbo-Kapitalismus traditionell und weiterhin eine Gefahr für die Demokratie, vor allem, wenn die Parteienfinanzierung im Trüben oder über Hilfskonstruktionen erlaubt bleibt.

Unter den Oligarchen besteht teilweise eine Übereinstimmung der Interessen, zumal sie typischerweise untereinander – wirtschaftlich – kaum konkurrieren und meist Marktführer ihres Segmentes sind. Die Übereinstimmung betrifft die politischen, rechtlichen, steuerrechtlichen Rahmenbedingungen, die ihren Geschäften förderlich bleiben sollen. Sie endet allerdings im Falle der gelenkten Demokratie, in der die Justiz ihre Unabhängigkeit verliert und der regierende Oligarch jeden mißliebigen anderen Oligarchen – typischerweise wegen Steuervergehen – verurteilen, enteignen und ins Gefängnis werfen kann.

Die gelenkte Demokratie ist ein Rückfall in die von Hobbes beschriebene Staatsform des Leviathan, des großen Ungeheuers, das die kleineren in Schach hält, in der die Menschen im Schatten des Diktators zwar verhältnismäßig friedlich, ohne Mitbestimmung und ärmlich leben, aber nicht von wechselnden Mafiaklans schikaniert und unterjocht sind.

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