Verena Roßbacher testet die Joyce-Liebe der Feldkircher
Haben Sie sich schon einmal vorgestellt, wie James Joyce Ihnen Frühstück ans Bett bringt? Autorin Verena Roßbacher setzt mit ihrer aktuellen literarischen Intervention ‚Wie fest lieben Sie Joyce?‘ in der Feldkircher James Joyce Passage das Kopfkino der Passant:innen mühelos in Gang. Die Vorarlberger Schriftstellerin spielt verschiedene humorvolle bis skurrile Fragen auf die Wände des Durchgangs zwischen Stadt und Bahnhof und inszeniert damit den renommierten Autor plötzlich als nahbaren Menschen im banalen Alltag. Jede Frage geht mit drei Antwortmöglichkeiten einher, zwischen denen die Feldkircher:innen wählen können. Eine Auswertungsskala am Ende der Passage versieht die Antwortmöglichkeiten mit Punkten und je nach erreichter Punktezahl erkennen sich die Passant:innen als latente oder waschechte Joyce-Liebhaber:innen wieder.
Spielerischer Persönlichkeitstest
Nach den Autor:innen Günter Vallaster, Christian Futscher und Sarah Rinderer ist die in Berlin lebende Verena Roßbacher bereits die vierte Schriftstellerin, die sich im Rahmen des Projektes #feldkirchenjoyce mit James Joyce in der Passage der Stadt Feldkirch auseinandersetzt. Während jedoch bisher mit „Dubliners“ oder auch „Ulysses“ Joyce‘ Texte im Vordergrund standen, lenkt Verena Roßbacher nun den Blick auf den Autor selbst und geleitet ihn über ihre Fragen kurzerhand vom Literatur-Olymp direkt vor unser Bett sowie in die Apotheke nebenan oder macht uns zu seinem Lektor. Bei der Konzeption der Intervention hatte die geborene Bludenzer Autorin ihr Ziel von Beginn an klar im Blick: „Ich wollte für die Joyce-Passage eine Möglichkeit finden, sowohl Kennern des Ulysses und seines Autors als auch allen anderen einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu verschaffen. Dafür habe ich spielerisch Themen aus dem Buch als auch aus Joyce‘ Leben aufgegriffen und zu einem Persönlichkeitstest verbraten – so kann endlich jeder den Grad seiner individuellen Liebe zu Joyce im Handumdrehen ausrechnen!“
Joyce auf der Bühne
Auch in ihrem Text „Jon Wray und der große Joyce“ nähert sich Verena Roßbacher der Literatur-Ikone unverhohlen und humorvoll, indem sie den fiktiven Joyce-Experten John Wray in schnellen Dialogen im Café Zanona auf absurde Weise an einer überdrehten Journalistin vorbeireden lässt. Erschienen ist der Text in der jährlichen Publikation der literatur:vorarlberg, der Interessensgemeinschaft der Vorarlberger Autor:innen. Die aktuelle Ausgabe V#37 versammelt die Beiträge zahlreicher Mitglieder des Verbandes und widmet sich unter dem Titel „Ulysses #100“ zur Gänze Joyce‘ Meisterwerk. Am Donnerstag, 16. Juni 2022 um 19:30 Uhr bringen Verena Roßbacher, Norbert Mayer und Christian Zillner ihre Texte aus der V#37 auf die Bühne des Theaters am Saumarkt. Direkt davor empfiehlt sich ein Spaziergang durch die Joyce Passage, in der man ganz nebenbei feststellen kann, wie fest man Joyce liebt.
#feldkirchenjoyce
Im Rahmen des Projektes #feldkirchenjoyce verwandeln seit einem Jahr verschiedene Autor:innen die Unterführung zwischen Bahnhof und Altstadt in eine lebendige Erzählfläche. #feldkirchenjoyce ist eine Kooperation der Stadt Feldkirch mit der literatur:vorarlberg und dem literatur:vorarlberg netzwerk. Alle Infos unter: www.literatur.ist oder www.literatur-vorarlberg.at
Verena Roßbacher, geboren 1979 in Bludenz/Vorarlberg, aufgewachsen in Österreich und der Schweiz, studierte einige Semester Philosophie, Germanistik und Theologie in Zürich, dann am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. »Mon Chéri und unsere demolierten Seelen« ist nach ihrem Debüt »Verlangen nach Drachen« (2009), »Schwätzen und Schlachten« (2014) und »Ich war Diener im Hause Hobbs« (2018) ihr vierter Roman bei Kiepenheuer & Witsch.