Die New York Post interviewte den Attentäter von Salman Rushdi. Der hatte vor wenigen Tagen ein Messer-Attentat auf den Schriftsteller verübt. Salman Rushdi überlebte nur knapp, musste künstlich beatmet werden.
Von Albert Wittwer
Die US-Zeitung nannte u.a. den Namen des Verbrechers und verbreitete sich über seine Motive. Aus dem Interview ist das Bedauern über das knappe Scheitern zu entnehmen, den „Mißerfolg“ des wagemutigen Mordversuches, an den Leibwächtern vorbei, den Schriftsteller nur sehr schwer verletzt zu haben.
Das Interview ist von zahlreichen österreichischen Printmedien und dem ORF Ö1 Kultur umfangreich zitiert worden. Ist der Informationsauftrag, die vermeintliche Leserneugier es wert, dem Mörder so viel Publicity zu verschaffen? Die Nachahmer werden nicht auf sich warten lassen.
Ohnehin sind uns allen die Hintergründe klar. Vor vielen Jahren schrieb Rushdi einen Roman „Satanische Verse“, der den Ayatolla Chomeini zu einer Fatwa, einem allgemeinen Mordaufruf veranlasste. Als wäre nicht im Koran jeder Mord, außerhalb eines gerechten Krieges begangen, sündhaft und verboten. So eine Art Vogelfreiheit im 20. und 21. Jahrhundert.
Die Medien in Neu Seeland verschwiegen Namen und Motive des Mörders von Christchurch. Dem Killer wurde das Privileg der Weltberühmtheit verwehrt.
Der Mörder nimmt den Abscheu der Vielen in Kauf, will in die Geschichtsbücher eingehen und sucht die Bewunderung, wohl auch die Nachahmung der Wenigen.
Der Wiener Psychiater Stekel schrieb, weltbekannt durch das Zitat in „Der Fänger im Roggen“: “The mark of the immature man is that he wants to die nobly for a cause, while the mark of a mature man is that he wants to live humbly for one.”
Die Mörder gehören der Anonymität und dem Vergessen preisgegeben. Die Opfer mögen von uns stets erinnert werden, ihre Angehörigen getröstet und gestärkt. Ich weiß, bei vielen Verbrechern, die in die Zeitgeschichte eingehen wollen, kriegen wir das erstere nicht hin. Aber beim spektakulären Attentat von Christchurch war es möglich.