BAfEP-Direktorin Ilse Klima: „Pädagoginnen werden zu wenig wertgeschätzt und unterstützt“

Mit Jahresbeginn 2020 übernahm die erfahrene Pädagogin Ilse Klima die Zügel an der BAfEP am Feldkircher Ardetzenberg. Wir wollten mit ihr eine Zwischenbilanz ziehen und uns über den großen Fachkräftemangel an Kindergartenpädagoginnen sowie Lehrpersonal erkundigen.

Von Bandi Koeck

Gsi.News: Frau Direktorin Klima, wie geht es Ihnen im bereits dritten Jahr als Leiterin der BAfEP? 

Ilse Klima: Danke, wieder gut – nach den herausfordernden zweieinhalb Jahren, die ganz im Zeichen der Pandemie standen und in denen ich viel Zeit mit Krisenmanagement verbracht habe. Wir haben endlich einen „normalen“ Schulbeginn und Herbst erleben dürfen. Unsere 2. Klassen haben eine Sportwoche in Mattsee verbracht, die 5. Klassen haben die Biennale in Venedig live erlebt und bei unserem Tag der offenen Tür und unseren Schnuppertagen konnten wir viele Interessentinnen willkommen heißen. Schule als Ort mit vielen Außenkontakten – so macht das Schulleben Freude.

Gsi.News: Vor welchen Herausforderungen steht die Ausbildung neuer Fachpersonen für den elementar-pädagogischen Bereich?

Klima: Die Anbieter im elementarpädagogischen Bereich werden mehr und die Ausbildungsmöglichkeiten vielfältiger, sowohl im Bereich der Assistentinnen, als auch im Bereich der Elementarpädagoginnen. Das ist einerseits gut und wichtig, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, andererseits muss darauf geachtet werden, dass die Qualität der Ausbildungen weiterhin hochgehalten wird. Die Kindergärten sind die ersten Bildungsstätten unserer Jüngsten, daher müssen auch die bestausgebildeten Elementarpädagoginnen dort arbeiten.

Gsi.News: Der Fachkräftemangel ist in aller Munde, aber gerade bei fehlendem Personal in Kindertagesstätten, Kleinkindeinrichtungen und Kindergärten ist dringendes Handeln nötig. Wie sollten Politiker in Wien, wie in Vorarlberg und in den Kommunen dabei im Detail vorgehen?

Klima: Da gibt es leider keine einfache Antwort, weil die Lage sehr komplex ist. Es zeigt sich ja im Moment in vielen Arbeitsbereichen eine schwierige Beschäftigungssituation, denken Sie nur an den Gesundheits- oder den Tourismusbereich. Ich bin als Schulleiterin der BAfEP ja nicht nur vom Personalmangel im elementarpädagogischen Bereich durch unsere Praxiskindergärten betroffen, sondern auch vom immer größer werdenden Lehrerinnenmangel. Ich hätte heuer nicht alle Stunden besetzen können, wenn nicht zwei Pensionistinnen als Lehrende eingesprungen wären. Und dieses Bild zeigt sich von den Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen bis zu den höheren Schulen.

Bild: Bandi Koeck

Gsi.News: Welche Vorschläge haben Sie, um dem Mangel an Kindergartenpersonal entgegenzuwirken?

Klima: Die Vorschläge liegen österreichweit auf dem Tisch: Bessere Arbeitsbedingungen (kleinere Gruppengrößen, mehr Unterstützungspersonal, mehr Vorbereitungsstunden), bessere Bezahlung, mehr Ausbildungsplätze. Und eine bessere Presse: Wenn dieses Berufsfeld nur schlecht geredet wird, sinkt natürlich die Attraktivität. Viele Elementarpädagoginnen verlassen das Berufsfeld wieder, weil sie sich in ihrer Tätigkeit zu wenig wertgeschätzt und unterstützt fühlen. Ich denke, dass es wichtig sein wird, alle diese Maßnahmen möglichst zeitnah umzusetzen. Ein Beispiel aus unserer Schule: In den letzten drei Jahren sind in jeder unserer Kollegklassen einige Plätze frei geblieben. Die berufsbegleitende Ausbildung zur Elementarpädagogin wird nicht in dem Maß nachgefragt, wie wir Plätze anbieten. Und dieses Bild zeigt sich auch in anderen Bundesländern. Vielleicht weil die Arbeitsbedingungen immer herausfordernder werden? Bei der Gelegenheit: Wir starten im September 2023 ein neues 6-semestriges Abendkolleg. Die Anmeldefrist zur Eignungsprüfung läuft bereits. Informationen finden sich auf unserer Website (www.bafep-feldkirch.at). Gerne berate ich auch per Telefon (05522/72471-20).

Gsi.News: Inwiefern sollte sich auch die Ausbildung an Ihrer Schule ändern? An zu wenig Interessenten, diese zu besuchen (es gibt ja eine längere Warteliste) kann nicht geklagt werden?

Klima: Unsere sogenannte Warteliste, also die Zahl der abgewiesenen Schülerinnen, wurde in den letzten Jahren immer kürzer. Das ist sicher einerseits den geburtenschwachen Jahrgängen und der immer größer werdenden Vielfalt an Ausbildungszweigen der BMHS (berufsbildenden mittleren und höheren Schulen) geschuldet, aber vielleicht auch der Pandemie. Ich bin gespannt, ob die Anmeldezahlen heuer wieder steigen. In jedem Fall haben wir seit vielen Jahren immer die gleiche Anzahl an Schülerinnen aufgenommen und zwar in zwei ersten Klassen 58 Schülerinnen, das sind 29 pro Klasse. Unsere Raumsituation verhindert noch größere Klassen.

Zum ersten Teil Ihrer Frage: Unsere gültigen Lehrpläne sind gut durchdacht. Die Umsetzung durch kompetente und sehr engagierte Lehrende ermöglicht unseren Schülerinnen eine fundierte Berufsausbildung sowie den Erwerb der Hochschulreife durch die Absolvierung der Reife- und Diplomprüfung. Aber natürlich passen wir die Unterrichtsinhalte, besonders in den berufsbildenden Fächern, an die Bedürfnisse der Praxis an. Dazu gibt es auch immer wieder einen Austausch auf Landes- und Gemeindeebene.

Gsi.News: Welche Wünsche haben Sie konkret an die Stadtpolitik und an die Verantwortlichen in der Landesregierung?

Klima: Meinen Wunsch bzw. meinen Apell richte ich an alle Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft: alles dafür zu tun, dass der Beruf der Pädagogin (egal für welche Altersgruppe) wieder im Ansehen steigt und dadurch attraktiver wird. Ich kann auch nach 35 Dienstjahren nur unterstreichen, wie sinnstiftend und erfüllend unsere Arbeit ist.

Gsi.News: Und welche Änderungen stehen an der BAfEP für 2023 und in naher Zukunft an?

Klima: Ab Herbst setzen alle BAfEPs in Österreich eine Lehrplannovelle um, mit der ein neues Unterrichtsfach „frühe sprachliche Bildung und Förderung“ eingeführt wird, sowohl in der fünfjährigen als auch in der Kollegausbildung. Es wird damit einem wesentlichen Bildungsbereich noch mehr Bedeutung zugemessen. In einem Schulentwicklungsprozess, den wir vorigen Herbst gestartet haben, beschäftigen wir uns heuer unter anderem mit der Festlegung von strategischen pädagogischen Zielen für die nächsten drei Jahre. Den Ergebnissen dieses Prozesses möchte ich aber nicht vorgreifen.

Gsi.News: Herzlichen Dank für das interessante Gespräch und Ihre Bemühungen. Für Sie und Ihre Schule alles Gute!

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