Von Thomas Bertram
Die brandneue Amazon-Serie „Peripherie“ -im Englischen exakter „peripheral“ benannt- spielt einerseits in naher Zukunft in Texas und in entfernterer Zukunft in London. Die junge, außerordentlich begabte Videospielerin Flynne, gespielt von Chloë Grace Moretz wird von ihrem Bruder überredet, für viel Geld, das sie dringend brauchen, ein angeblich neues Spiel auszuprobieren. Sie denkt, sie befindet sich einer super gut gemachten, allerdings ziemlich verstörend gewalttätigen Simulation, doch tatsächlich wird sie in einen Kunstkörper, einen „Peripheral“ (dafür gab es keine deutsche Übertragung in den Folgen) in die Zukunft geschickt. Dort hilft sie einer Unbekannten (Charlotte Riley als Aelita West) bei einem Datendiebstahl.
Und damit beginnen die Probleme. Es werden Killer auf sie und ihre Familie angesetzt, zunächst eine Söldnertruppe, die aber von ihrem Bruder Burton (Jack Reynor) und seinen Kumpeln, alles ehemalige Elitesoldaten mit Erweiterungen im Körper ausgeschaltet werden. Danach soll es der örtliche Gangsterboss richten, doch der verzichtet nach einer Demonstration der Treffsicherheit dieser Exsoldaten lieber. Ein besonders guter Killer soll es richten, er bekommt jede Unterstützung, die möglich ist, inklusive einer Waffe aus der Zukunft und dennoch bleibt er erfolglos. Ein As hat die bestohlene und absolut skrupellose Cherise Nuland (T’Nina Miller) noch im Ärmel.
Flynne wiederum wird nach dem ersten Ausflug in die neue Welt von dem dortigen Obergangster angeheuert, ebenfalls die gestohlenen Daten zurückzuholen, natürlich zu seinem Nutzen. Dazu muss ihre Aelita, die wie vom Erdboden verschluckt erscheint, gefunden werden. Ihr Bruder hilft Flynne bei der Suche und dabei, sich in der neuen zukünftigen Welt als „Peripheral“ zurecht zu finden. Die Erde selbst ist extrem entvölkert, der verbliebenen Restmenschheit wird durch KI eine heile Welt vorgegaukelt. Flynne erfährt, was passiert ist, was ihrer Welt passieren wird. Doch ist ihre Welt tatsächlich die Vorgängerwelt dieser Version? Offensichtlich nicht, und darauf hat der Datendiebstahl es abgesehen: die Neuerschaffung einer parallelen Welt. Im dramatischen Finale geht Flynne „all-in“.
Staffel 2 ist in bereits in Arbeit.
Soviel zu ca 7 Stunden netto Filmzeit, was ist davon zu halten? Zwei Zeitebenen, zwei miteinander verflochtene Geschichten, das haben die Macher sehr gut hinbekommen. Burton und seine Kumpel sind eine tolle Truppe, was sie so fest zusammenschweißt, wird schnell klar. Implantate im Körper verbinden sie miteinander, was der eine sieht und fühlt, sieht und fühlt auch der andere. Tolle Idee, prima umgesetzt. Die Protagonisten der Zukunft werden extrem dargestellt, der Bruch zum hier und jetzt ist gewollt. Das kann man mögen, muss aber nicht. Unterm Strich fand ich es gelungen. Dass dann aber leider bereits der örtliche Gangsterboss auch schon in diese Kerbe schlägt, passt nicht so ganz ins Konzept. Der letzte Killer (Ned Dennehy als „Bob“) ist die absolut perfekte Besetzung. Optisch ist die Serie faszinierend, sie enthält genau so viel neue Technologie, wie man erwarten kann und überrascht doch immer wieder. Mit einem bestimmten Fingerschnips können die Menschen die vorgegaukelten Bilder (Passanten, als wäre die Welt dicht bevölkert, heile Gebäude statt Ruinen …) wieder ausschalten, also das lohnt sich.
Insgesamt inhaltlich durchaus anspruchsvoll und durch die Rollenverteilung und deren unterschiedlichen Beziehungen zueinander knifflig zu folgen, ist das eine sehenswerte SF-Serie.