Von Thomas Bertram
Südkorea überrascht immer wieder mit eigenwilligen Interpretationen bekannter Filmthemen. Zombiekatastrophe, Atomkriegsdrohung seien hier nur kurz erwähnt. Mit dem Spiritwalker geht der Regisseur Yoon Jae-Keun einen großen Schritt über zum Beispiel 2Im Körper des Feindes“ hinaus. I-an (Yoon Kye-sang) wechselt alle 12 Stunden seinen Körper, aber er kann das nicht beeinflussen. Ständig ein neuer Körper, eine neue Umgebung, es gibt zunächst nur zwei Konstanten: das Foto einer Frau und einen Obdachlosen, der ihn halbtot in einem Auto gefunden hat, da hatte er schon den ersten „falschen“ Körper.
Alle 12 Stunden muss er sich neu definieren, immer wieder der ungläubige Blick in den Spiegel. Natürlich merkt seine Umgebung, dass die Person, in der er gerade steckt, „irgendwie“ anders ist. Und nach 12 Stunden weiß der Betroffene nichts von dieser Zeit, da nützen auch härteste Verhörmethoden nichts. Die Frau ist die Geliebte von I-an, der jetzt verzweifelt von seinen Leuten gesucht wird, aber nicht um ihm zu helfen, sondern um ihn als Mitwisser ihrer korrupten Machenschaften endgültig auszuschalten.
So begleitet ein durchaus irritierter Zuschauer den ebenso irritierten I-an durch eine Inkarnation zur nächsten. Der Obdachlose, den er aufstöbert, kann ihm anfangs nur ein wenig später aber immer mehr helfen, und wundert sich schließlich gar nicht mehr, wenn er in immer neuer Gestalt bei ihm auftaucht.
In der zweiten Hälfte des Filmes geht es dann deutlich härter und actionreicher zur Sache, zum Ende hin findet I-an „seinen“ Originalkörper und kann durch eine Berührung zumindest dessen Erinnerungen abrufen und bekommt so den Durchblick. Doch hilft ihm das noch? Die Häscher sind auch schon da.
Zur direkten Kritik: wenn in der ersten Hälfte nicht ein riesiger Logikbruch wäre, dann wäre diese erste Hälfte so grandios, dass sie die meisten Ungereimtheiten der zweiten Hälfte und den überblutigen Endkampf glatt überstimmt hätten. Da lässt er sich in seinem neuen Körper auf eine zunächst aussichtslose Schlägerei ein, und bemerkt mittendrin, dass er über hervorragende Nahkampftechniken verfügt. So kann seinen Gegner, der sich schon klar auf der Siegerstraße wähnte, ausschalten. Aber der I-an im neuen Körper weiß lange Zeit nicht, wer seine Geliebte ist? Für die er immerhin ein paarmal gestorben ist bzw., sein Leben eingesetzt hat? Dass sie ihn im fremden, meist als „feindlich“ definierten Körper nicht erkennt, macht ja Sinn, aber andersherum?
So bleibt unterm Strich leider ein fader Beigeschmack: tolle Idee, anfangs stark bis brillant umgesetzt, dann aber zugunsten von Action abgeflacht. Trotzdem: Kann man sich mal anschauen.