In unser neuen Serie „Wiki-Wows“ präsentieren wir unseren Lesern ausgewählte Schmankerln und wissenswerte Köstlichkeiten aus der Weltwissensseite Wikipedia. Den Auftakt machte die sog. „Tanganjika-Lachepidemie“. Heute geht es um das „Jerusalem-Syndrom“.
Idee: Bandi Koeck
Das Jerusalem-Syndrom bezeichnet laut Wikipedia eine psychische Störung, von der jährlich etwa 100 Besucher der israelischen Hauptstadt Jerusalem betroffen sind. Dabei handelt es sich nicht um eine anerkannte Diagnose. Die Symptome fallen im internationalen Diagnoseschlüssel unter „Akute und vorübergehende psychotische Störung“. Doch was ist das genau und welche Auslöser sind bekannt?
Eines gleich vorweg: Das sog. „Jerusalem-Syndrom“ ist nicht das einzige dieser Art. Ferner existieren nämlich auch noch das „Stendhal-Syndrom„, das bei zahlreichen Touristen in Florenz festgestellt wurde; oder das „Paris-Syndrom„, dem vorwiegend japanische Touristen der französischen Hauptstadt an der Seine verfallen.
Religiöse Wahnvorstellungen
Die Erkrankung hat den Charakter einer Psychose und äußert sich unter anderem in religiösen Wahnvorstellungen: Der oder die Betroffene identifiziert sich z. B. in einigen Fällen mit einer heiligen Person aus dem Ersten oder zweiten Bund (AT/NT) und gibt sich als diese aus. Also zum Beispiel denkt jemand, er sei Noah oder dessen Sohn Sem, Ruth, Esther, Kain oder Abel. Doch meistens sind es sehr bekannte biblische Figuren, welche besonders häufig zum Objekt einer solchen Identifizierung werden, etwa der Prophet Moses und König David oder Salomon aus dem Alten Testament oder der Apostel Paulus und Johannes der Täufer aus dem Neuen Testament. Grundsätzlich „wählen“ Männer männliche biblische Figuren und Frauen weibliche. Jüdische Menschen wählen häufig Figuren aus dem Alten Testament, Christen vermehrt solche aus dem Neuen Testament.
Die Identifizierung als biblische Person geht einher mit einer entsprechenden Selbstdarstellung und wird oft begleitet von öffentlichen Predigten oder Gebeten des Erkrankten. Auch hüllen sie sich oft in weite Gewänder oder Bettlaken, um die Kleidung der damaligen Zeit nachzuahmen.
Bezeichnung und Verlauf
Der Jerusalemer Psychiater Heinz Herman diagnostizierte in den 1930er Jahren als Erster das Phänomen, damals noch unter dem Namen Jerusalem-Fieber.
Die Bezeichnung Jerusalem-Syndrom stammt vermutlich vom israelischen Mediziner Yair Bar El, der Anfang der 1980er Jahre dieses Krankheitsbild diagnostizierte und seitdem über 400 Betroffene in der psychiatrischen Klinik Kfar Shaul behandelt hat. Grundsätzlich ist die Erkrankung nicht gefährlich und die Betroffenen sind in der Regel nach wenigen Tagen vollständig genesen. Die große Mehrzahl der erkrankten Personen zeigte bereits vor dem Jerusalem-Syndrom psychische Auffälligkeiten.
Der Brandanschlag auf die Al-Aqsa-Moschee durch den australischen Touristen Denis Michael Rohan im Jahre 1969 wurde wegen seiner religiösen Motivation dem Jerusalem-Syndrom zugeordnet.
Simpson und Gomorrha
Der israelische Autor Jehoschua Sobol schrieb 1988 ein Theaterstück gleichen Namens.
In der Simpsons-Episode Simpson und Gomorrha (Staffel 21; OT: The Greatest Story Ever D’ohed) sind Homer Simpson und weitere Personen von dem Syndrom betroffen.
In dem ARD-Film Das Jerusalem Syndrom (Erstausstrahlung 11. Dezember 2013) ist die Schwester der Hauptfigur betroffen.
In der Blackbox-Episode Jerusalem (Staffel 1, Episode 5; OT: Jerusalem) wird das Syndrom anfänglich bei Michael Kostroff vermutet.