Darfs ein bisschen mehr Leistung sein?

Von Wolfgang Türtscher

Nach Corona liegt die Zahl der Beschäftigten nun knapp über dem Niveau von 2019, allerdings ist die Zahl der insgesamt geleisteten Stunden deutlich geringer: Die Teilzeitjobs sind mehr geworden! Die Generation Z, das sind die Geburtsjahrgänge 1997-2012, strebt nach „Work-Life-Balance.“ Harmonie ist wichtiger als Karriere – 57 % ist Sicherheit wichtiger als Karrierechancen, für die sich 16 % interessieren, davon 12 % Frauen und 19 % Männer. Der nette Vorgesetzte und die tollen Kollegen sind für 55 % wichtig, 18 % interessieren sich für das Gehalt. 40 % der Arbeitnehmer sind lieber arbeitslos als unzufrieden im Beruf. Um es klarzustellen: Wenn sich eine junge Familie mit gut ausgebildeten Eltern dazu entschließt, zulasten des Einkommens sich stärker um die Kinder zu kümmern und dafür auch wechselseitig Teilzeit und Karenz in Anspruch zu nehmen, dann ist das vorbildlich: Die Zeit mit den eigenen Kindern kann man nicht nachholen!

Dabei ist interessant, dass es hier zwischen den Zielen der Lehrlinge, Fach- und Hilfsarbeiter und denen von Maturanten und Akademiker große Unterschiede gibt. „Keinem Lehrling würde es einfallen, auf eine „Fridays-for-Future“ Demo zu gehen, während Gymnasiasten von nichts anderem beseelt sind, als die Welt vor dem Untergang zu retten“, formuliert es Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier etwas kräftig. Da immer mehr weibliche Pädagogen tätig sind, werden auch verstärkt „weibliche Werte“ vermittelt – die Beschäftigung mit der woken LGBTQ-Bewegung, das Gendern, die Scham- und Befindlichkeitskultur und die „Alle-haben-sich-lieb-und-wir-retten-die-Welt-Weichspülerei“.

Ungefähr seit 20 Jahren wird festgestellt, dass die durchschnittliche Beherrschung des Lesens, Schreibens und Rechnens sinkt; gleichzeitig berichten Unternehmer, dass es jungen Arbeitnehmern an einer „positiven Arbeitshaltung“ fehle – Verlässlichkeit, Pünktlichkeit, Engagement. Ähnliches stellen Universitätslehrer bei vielen Maturanten fest! Hier hat die österreichische Schule, die zwar in der Coronazeit bewiesen hat, dass sie sich bewährt, wenn sie gefordert wird, sicher Schuld auf sich geladen! Schulische Arbeit ist auch zum „Ermessensprogramm“ geworden; das klare „Wir schreiben den Satz von der Tafel ab!“ wurde zum individualisierenden „Magst Du diese Zeile von der Tafel abschreiben?“, wie das Ernst Smole am 13.12.22 in der NEUEN Vorarlberger Tageszeitung so treffend formuliert.

Dazu tragen sogenannte ‚Experten‘ nicht unwesentlich bei, wenn sie glauben, die Abschaffung der Noten würde den Erfolg erhöhen, die Senkung der Zahl der Klassenwiederholungen würde leistungssteigernd wirken, Hausübungen seien nicht sinnvoll, das Streichen von Schultagen wäre notwendig und in heterogenen Gruppen würde man bessere Leistungen erzielen als in Leistungsgruppen

Der deutsche Bundespräsident von 1994 – 1999, Roman Herzog, (CDU) und der deutsche Bundeskanzler von 1974 – 1982, Helmut Schmidt, (SPD), waren sich über die große Schwäche des deutschen Bildungssystems schon früh klar, wenn sie festhalten: „Die Linke hat die Anforderungen in den deutschen Schulen immer weiter abgesenkt, um den Kindern aus nichtarrivierten Schichten den sozialen Aufstieg zu erleichtern und die Bürgerlichen haben das mitgemacht, um den dummen Kindern arrivierter Familien den Abstieg zu ersparen.“

Aus eigener Erfahrung als Lehrer an einem Gymnasium durch 37 Jahre weiß ich, dass Schüler gerne viel leisten, wenn sie dazu angehalten werden. Das kann, richtig gemacht, auch Spaß machen, wenn man sich im Klaren ist, dass „die Götter vor den Lohn den Fleiß gesetzt haben“.

Also: Es ist notwendig, unsere jungen Menschen zu mehr Leistungsbereitschaft zu erziehen. Das kann mit Anstrengung verbunden sein – und: Wir müssen ihnen das allerdings auch vormachen!

Mag. Wolfgang Türtscher, unterrichtete am BG Bregenz-Blumenstraße Deutsch, Geschichte und Ethik und war Volkshochschuldirektor, von 2011-2022 Obmann der ÖAAB-Lehrer Vorarlbergs und von 2015-2021 Pressesprecher von Pro Gymnasium. (Dieser Artikel erschien bereits im Februar 2023 in der Academia, der Zeitschrift des ÖCV).

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