„Magsch mol probiera?“
„Na, danke, i han gnuag.“
„Na, nimm dr mol. Probier amol!”
„NEIN, danke! I han… .”
von Lydia Gaßner:
„Nua a bizzle was…” und pflatsch, landet die seltsam ausschauende Pampe mit einem Schwung von der Schöpfkelle auf meinem Teller, ein paar Spritzer Tomatensauce auf meinem T-Shirt. Wunderbar, wenn man an diesem herrlich heißen Tag Weiß gewählt hat. Wunderbar, wenn man Altbekannte besucht, und feststellt, dass die sowas von gar nicht kochen kann und die aber einem gar nicht zuhört. Und auch sonst ein bisschen schräg und eklig ist, und offensichtlich ist ihr Mann hin und weg von ihr, weil die fressen sich noch fast auf in meiner Gegenwart und vergessen alles um sich. Aber kundtun kann man es in diesen Moment nicht. Die eigene Meinung direkt in das Gesicht des Gegenübers sagen, „Weißt, total scheiße dein Essen ….“ , das geht natürlich gar nicht. Lächelnd würgt man somit die Mahlzeit hinunter, mit viel Cola – das desinfiziert hoffentlich und hilft mit beim Zersetzen im Magen. Und dass das Katzenviech auch noch auf dem Tisch herum tapst, das Hinterteil mit Resten mir entgegenstreckt und die Haare auch noch herumfliegen, und überall an mir kleben… Ja, ich spüre schon den Ekel an mir hochwandern. Da wird mir beim Schreiben noch schlecht, wenn ich daran denke. Und dann wischt die mit solchen Feuchttüchern, dass es nach Klo stinkt, den Tisch und auch den Arsch von diesem Tier ab und fragt noch, ob ich Lust auf einen Zwetschgenkuchen hätte.
Und ich weiß nicht, wie Sie das erleben, liebe Leserinnen und Leser, aber die eigene Meinung direkt ins Gesicht sagen – ne, das geht gar nicht. Online schon!
Ganz klar in der Anonymität gibt man Vollgas und hetzt und beleidigt und beschimpft, dass sich die Balken biegen. Da kommen Wörter aus dem schüchternen blonden Lehrling und der netten hilfsbereiten Nachbarin, frage nicht. Da werden die dunkelsten Gedanken und abscheulichsten Vorstellungen ausgesprochen – halt, getippt – dass einem Angst und bange wird, während diese in Real Life seelenruhig mit den Kindern ein Regenbogenbild malen und gemeinsam mit der lieben Omi einen Spaziergang machen. Und es ist irgendwie schon selbstverständlich geworden, dass man unter jeden Text, jeden Beitrag seinen eigenen bescheuerten Senf dazugeben muss. Egal, ob der Beitrag vielleicht schon selbst ein absoluter Blödsinn ist und Fake News sind.
Aber hier – Face to Face bleibt man dann – aus Angst vorm im Affekt eingetretenen Totschlag – noch höflich und sage: „Danke, i bin satt. I han jo so viel gfrühstückt hüt am Morga…“ während ich meine Tasche umhänge und mit einem Satz ohne den verklebten Boden zu berühren aus dem geöffneten Fenster springe – Erdgeschoss sei dank – dem Postboten vom Elektrofahrrad herunterzerre und mich mit den fliegenden Briefen aus den offenen Taschen hinter mir aus dem Staub mache.
In diesem Sinne wünscht die SUSI einen schönen Sonntag