Eine Fahrt von 16 km und 840 m Höhenunterschied trennen das Alpendorf Nenzing und sein Himmel. Betrieben wird das Naturjuwel, das flächenmäßig fast so groß ist wie das Staatsgebiet von Liechtenstein von der Agrar der Gemeinde. Der Name rührt von Schwärmereien von jenen Glücklichen, welche schon einmal dort waren und davon sagten, es sei so schön wie im Himmel.
Von Bandi Koeck
Der Nenzinger Himmel ist heute ein beliebtes Naherholungsgebiet, ein ehemaliges Schmugglerparadies und stand in den 50er Jahren unter französischer Besatzung. Zeugnisse aus dieser Zeit gibt es noch ein paar, etwa dass die Franzosen dort gleich mal einen Militärjeep in die Schlucht manövrierten oder eine Gefängniszelle – das einzig teilgemauerte Gebäude auf der Alpe Gampardona (wie das Gebiet eigentlich heißt), was heute als Speise dient. Schmuggler in die Schweiz und nach Liechtenstein und umgekehrt gab es zuhauf. Der Nenzinger Himmel ist zudem einer der weltweit nur drei vorhandenen Gebiete, in denen Spirken wachsen, eine Mischung aus Kiefern und Latschen, welche sehr wenige Nährstoffe zum Wachsen benötigen.
Bilder: Bandi Koeck
Vergangenen Samstag marschierten 550 Kühe in zwei Gruppen über zweieinhalb Stunden ins Tal. Die 137 Milchkühe, welche über die Sommermonate auf der Alpe 1.300 Liter Milch täglich gaben, welche vor Ort zu 28 Tonnen Käse verarbeitet wurde, mussten ins Tal transportiert werden, da die Strapazen zu groß gewesen wären. Zurzeit ist die Hirschbrunft in vollem Gange. Die schönste Aussicht sieht man auf der Alpe Falz – gestern waren es 40 Hirsche und noch mehr Hirschkälber. Die Hochbrunft findet dann kommendes Wochenende im Paradies statt. Zahlreiche Schaulustige fanden sich mit Ferngläsern und anderen optischen Hilfsmitteln ein und genossen allein schon die Soundkulisse bei einsetzender Dämmerung. Bester Beobachtungszeitpunkt: Zwischen 18 und 19.45 Uhr.
Aber nicht nur Hirsche sind beeindruckend, auch die Murmeltierrudel, von den Bären (so werden die Männchen genannt) über die Katzen (die Weibchen) bis zu den Äffchen (der Nachwuchs) sind oft gar nicht scheu, da ihre Neugierde überwiegt und nähern sich den Menschen. Die Einheimischen geben den Tierchen lustige Namen wie Isidor oder Hannelore. 1873 wurde in diesem Gebiet der letzte Bär erledigt. Heute erinnert nur noch der Name „Bärenrüfi“ an diese Zeit. Hier leben auch Steinböcke, Gämse, Adler, Luchse, Füchse und natürlich unzählige Eichhörnchen. Wir passieren im roten Bus das Sareiser Joch, das ins Malbun nach Liechtenstein führt oder der Augstenberg. Der Gorfion sowie der Nafkop Richtung Schweiz sind unweit.
Fasel, so heißt der älteste Teil des Himmels. Dort befindet sich auch die sogenannte Rochuskapelle. Fast zweihundert Holzhütten stehen in Reih und Glied und werden von den stolzen Besitzern liebevoll gepflegt und gehegt. Auch die alte Säge ist noch vorhanden und der Stöber Wasserfall sowie der Panüler (2.859 m.ü.M.) thront als höchster lokaler Berg in einer atemberaubenden Kulisse. „Hier befindet sich auch der weltweit einzige Alpenkreisverkehr“ scherzt die gesprächige Busfahrerin und erheitert die Touristen gleich mit der nächsten Attraktion, dem „großen Schwimmbad des Himmels“ (ein großer, algiger Brunnen beim Dorfeingang).
Wichtiger Hinweis:
In den Nenzinger Himmel fahren Lisi & Friedl, ein Nenzinger Busunternehmen mit Genehmigung. Bürger, die in der Gemeinde Nenzing gemeldet sind, können ebenfalls eine Fahrterlaubnis einholen. Allen anderen – auch Bikern – ist es nicht gestattet. Kontrolliert wird per Videoüberwachung und bei Missachtung sind saftige Strafen fällig!