16 Tage lang (25.11. – 10.12.) wird alljährlich im Rahmen der UN Women Kampagne „Orange the World“ die Gewalt gegen Frauen und Mädchen in den Fokus gerückt, um Solidarität auszudrücken und zu sensibilisieren: Weltweit werden bedeutende Gebäude, Plätze, Denkmäler, Straßenzüge und Krankenhäuser in Orange beleuchtet. Es steht für Nein zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen und Nein zu Ungleichbehandlung. Orange soll als leuchtende und optimistische Farbe eine Zukunft frei von Gewalt gegen Frauen und Mädchen repräsentieren.
Was ist ein Femizid?
Femizid als Begriff hat in Österreich keine juristisch Bedeutung, jedoch wird es für die gesellschaftspolitische Verantwortung relevant: “Femizid ist die vorsätzliche Tötung einer Frau durch einen Mann aufgrund ihres Geschlechts bzw. aufgrund von ‘Verstößen’ gegen die traditionellen sozialen und patriarchalen Rollenvorstellungen, die Frauen zugeschrieben werden. Femizide gehören daher zu den Hassverbrechen.”
Die Macht über einen anderen Menschen
Femizide ereignen sich in Beziehungen, in denen Frauen als Eigentum des Mannes und als wenig wert gesehen werden: Finanzielle Abhängigkeit, Isolation von der von der Ursprungsfamilie und Freunde, Kontrolle der Außenkontakte (Handy, Internet), Wegsperren von wichtigen Dokumenten (Reisepass und Ausweise) und physischer Gewalt, wenn sich die Frauen dagegen auflehnen wollen. Wie häufig in Gewaltbeziehungen spielt die Übernahme der Macht über den anderen eine große Rolle.
Solche Morde sind nur das Ende einer meist langen und qualvollen Zeit, in denen Frauen, häufig, weil sie sich trennen wollen oder sich getrennt haben, Opfer physischer und psychischer Gewalt werden. Gewaltandrohungen betreffen nicht nur sie selbst, sondern auch die gemeinsamen Kinder, wodurch die Frauen besonders angreifbar werden. Wird die Polizei verständigt, werden Frauen oft als hysterisch abgestempelt. Bei gerichtlichen Obsorge- und Kontaktverhandlungen werden diese Angriffe meist mit Ausdrücken wie „Er wollte doch die Kinder sehen“ verharmlost.
Männer werden in Österreich seltener Opfer von Tötungsdelikten als Frauen, im Vergleich mit anderen Ländern, da es in Österreich wenig Kriminalität gibt. Frauen sind häufig Opfer von Tötungsversuchen in persönlichen Beziehungen, etwa durch (Ex-)Partner, Väter, Brüder oder Söhne. Getötete Männer stehen seltener in persönlichen Beziehungen zu den Täter:innen. Und was diese Form der Gewalt anbelangt steht Österreich international nicht gut da.
Gewalt an Frauen in Österreich
Für das Jahr 2023 zählen in Österreich aktuell 26 Femizide und 38 Mordversuche (Stand November 2023). 74 Prozent der Frauenmorde in Österreich passieren durch (Ex-)Partner.
2014 hat sich Österreich mit der Istanbul Konvention verpflichtet Maßnahmen zu entwickeln, um Gewalt gegen Frauen zu verhindern, gewaltbetroffene Frauen zu schützen und sie umfassend zu unterstützen. Österreich hat durch diesen Beschluss einen klaren Handlungsauftrag im Bereich Gewaltschutz. (lyga)
Das sind die 25 bisherigen Femizide des Jahres 2023:
(Quelle: https://www.moment.at/story/femizide-oesterreich-2023 )
- #1 – 13.1.2023, NÖ, Berndorf, Bezirk Baden: Ein 57- jähriger Mann streitet mit seinen beiden Schwestern über Geld. Der Bruder nimmt ein Messer. Er tötet eine der Schwestern und verletzt die andere schwer. Er begeht nach der Tat mit einer Schusswaffe Suizid. Das Ermittlungsverfahren gegen den Täter wird infolge seines Todes eingestellt. Sie wird 59 Jahre alt.
- #2 – 25.1.2023, Steiermark, Mürzzuschlag: Sie ist von ihrem Mann geschieden, lebt aber aus finanziellen Gründen noch mit ihm zusammen. Sie möchte sich von ihm auch räumlich trennen. Das sagt sie ihm, während sie zu zweit im Keller sind. Er tötet sie mit dutzenden Messerstichen. Die Frau verblutet. Sie wird tot von ihrer 13- jährigen Tochter gefunden. Die Geschworenen entschieden, dass es kein Mord, sondern Totschlag war. Er wird zu 7 Jahre Haft verurteilt. Sie wird 34 Jahre alt.
- #3 – 9.2.2023, Kärnten, Gemeinde Eberndorf/ Edling: Vor einer Aufbahrungshalle wird eine tote Frau gefunden. Sie wird am Heimweg in der Nacht zuvor am Fundort niedergeschlagen. Sie kann nicht mehr aufstehen und erfriert. Drei Männer aus ihrem Umfeld werden verdächtigt aber bisher bleibt der oder die Täter:in unbekannt. Sie wird 62 Jahre alt.
- #4 – 12.2.2023, OÖ, Bad Leonfelden, Bezirk Urfahr- Umgebung: Ein 18- jähriger und seine Bekannte gehen in ein Casino in Tschechien. Auf dem Heimweg kommt es zum Streit. Er hat im Casino Geld verloren, will zurückfahren und weiterspielen. Seine Begleiterin möchte nach Hause. Er schlägt und würgt sie im Auto. Sie versucht zu flüchten. Er greift zu zwei Schneestangen und tötet sie mit Stichen und Tritten. Sonntagfrüh findet ein Autofahrer die Leiche der Schülerin. Das Urteil: 18 Jahre Haft, außerdem Unterbringung in einem forensisch-psychiatrischen Zentrum. Sie wird 19 Jahre alt.
- #5 – 1.3.2023, Wien, Liesing: Er wird schon länger von der Polizei als Hochrisikofall eingestuft. Dreimal wird über ihn ein Betretungs- und Annäherungsverbot gegenüber seiner Mutter verhängt. Zum Zeitpunkt der Tat gibt es keines. Nachbar:innen haben öfter Auseinandersetzungen gehört. Der 22-Jährige ist verpflichtet, Beratungstermine beim Bewährungshilfeverein wahrzunehmen. Er besucht seine Mutter, möchte sich bei einem Zustelldienst etwas zu essen bestellen. Die Mutter nicht. Sie streiten. Er greift zum Messer und tötet sie. Der Mann wird für den Mord an seiner Mutter zu 20 Jahren Haft verurteilt. Sie wird 54 Jahre alt.
- #6 – 13.3.2023, Steiermark, Graz- Umgebung, Raaba: Er ist bei der Polizei auffällig: Betrunken Fahren, Betretungsverbote, Wegweisungen, häusliche Gewalt. Nachbarn sind seine Wutausbrüche und Alkoholprobleme bekannt. Es kommt zwischen dem Paar zum Streit. Er stößt die Frau zu Boden und schlägt sie gegen ihren Hals. Am nächsten Tag ruft er die Polizei. Der 30-jährige Lebensgefährte ist geständig, die Frau im Streit getötet zu haben. Sie wird 33 Jahre alt.
- #7 – 3.4.2023, NÖ, Bezirk Gänserndorf, Strasshof an der Nordbahn: Sie ruft um 4.55 Uhr in der Früh bei der Polizei an und sagt, sie wird mit einem Messer bedroht. Als die Polizei eintrifft, ist die Frau tot. Der 27 – jährige Sohn tötet seine Mutter mit einem Messer und verletzt seinen Stiefvater und sich selbst schwer. Der Täter ist laut einem psychiatrischen Gutachten nicht zurechnungsfähig und damit nicht schuldfähig. Die U-Haft wird in eine vorläufige Anhaltung umgewandelt. Der Fall liegt weiter bei der Staatsanwaltschaft. Sie wird 60 Jahre alt.
- #8 – 6.4.2023, Wien, Ottakring: Sie stirbt in Folge eines stumpfen Schädel-Hirn-Traumas. Ihr 53- jähriger Lebenspartner schreibt seiner Mutter, dass sich seine Freundin nicht mehr bewegt. Kurz darauf trifft die Polizei in der Wohnung ein. Ob der Tod der Frau vorsätzlich oder durch einen Unfall herbeigeführt wurde, ist derzeit noch Gegenstand von Ermittlungen. Der Mann wird freigelassen. Sie wird 57 Jahre alt.
- #9 – 22.4.2023, Steiermark, Graz, Wetzelsdorf: Sie will die Beziehung beenden. Es folgt ein Streit. Er geht mehrmals mit dem Messer auf sie los. Er verletzt sie schwer und flüchtet. Ein Nachbar findet sie und leistet Erste Hilfe. Sie stirbt noch vor Ort. Der Täter fährt mit dem Auto bewusst frontal in ein entgegenkommendes Fahrzeug und tötet dabei einen 31- jährigen Grazer. Der Täter muss sich wegen Doppelmordes vor Gericht verantworten. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest. Sie wird 39 Jahre alt.
- #10 – 5.5.2023, Steiermark, Bezirk Murtal, Hohentauern: Sie hat sich bereits im Jänner von ihm getrennt. Am 5.5 erwürgt er sie bei ihr zu Hause. Nach der Tat versucht er Suizid. Der 24- jährige ist wegen Mordes angeklagt. Sie wird 22 Jahre alt.
- #11 & #12 – 14.6.2023, Steiermark, St. Peter am Kammersberg: Die Polizei findet drei Tote mit Schusswunden. Einen Mann, seine Ehefrau und eine weitere Frau. Die registrierte Schusswaffe wird in der Nähe des 47- jährigen Mannes festgestellt. Er tötet die beiden Frauen und dann sich selbst. Die Ermittler gehen demnach von einem Doppelmord aus. Die Frauen werden 62 und 65 Jahre alt.
- #13 – 3.7.2023, Wien, Ottakring: Sie hat ihm gesagt, dass sie ihn nicht mehr liebt.Der 35-jährige tötet sie mit einem Messer. Er überlebt einen Suizidversuch und ist geständig. Sie wird 28 Jahre alt.
- #14 – 7.7.2023, Kärnten, Eberndorf: Sie ist seine Ex- Frau. Sie trinken etwas. Sie stürzt. Das macht ihn wütend. Er tötet sie mit einem Messer. Er gesteht es seiner Tochter per SMS und überlebt einen Suizidversuch. Der 69-jährige befindet sich in Untersuchungshaft. Sie wird 62 Jahre alt.
- #15 – 25.7.2023, Steiermark, Bezirk Weiz, Birkfeld: Ihre Söhne können sie telefonisch nicht mehr erreichen. Die Polizei trifft ein und findet das Ehepaar tot auf. Ihr Ehemann erschießt sie mit der registrierten Schusswaffe und begeht nach der Tat Suizid. Eine „psychische Erkrankung“ soll laut Polizei der Hintergrund sein. Der 66-Jährige hatte ein waffenrechtliches Dokument und war rechtmäßig im Besitz der Schusswaffe. Sie wird 65 Jahre alt.
- #16 – 8.8.2023, Salzburg, Flachgau, Lamprechtshausen: Sie wird mit einem stumpfen Gegenstand von ihrem 41- jährigen Ehemann getötet. Nach der Tat begeht er Suizid. Sie wird 35 Jahre alt.
- #17 – 27.8.2023, Steiermark, Altenmarkt bei Fürstenfeld: Er ist eifersüchtig. Sie streiten. Ihr 55- jähriger Ehemann tötet sie mit einem Messer. Er begeht mit seiner registrierten Schusswaffe Suizid. Sie wird 42 Jahre alt.
- #18 – 6.10.2023, Wien, Liesing: Sie wird von ihrem 63- jährigen Ehemann mit einem Messer getötet. Er begeht einen Suizidversuch und liegt danach mit lebensgefährlichen Verletzungen auf der Intensivstation. Gegen ihn wird wegen Mordverdacht ermittelt. Sie wird 34 Jahre alt.
- #19 – 6.10.2023, Wien, Leopoldstadt: Ein 64- jähriger Mann tötet seine Ehefrau mit einem Messer. Sie wird 54 Jahre alt
- #20 -15.10. 2023 Wien, Hietzing: Sie streitet mit ihrem 73-jährigen Vater. Er tötet sie mit einer Schusswaffe. Nach der Tat begeht er mit seiner registrierten Waffe Suizid. Neben dem Toten wurde eine auf ihn registrierte Faustfeuerwaffe gefunden.
- Sie wird 51 Jahre alt.
- #21 – 21. 10. 2023, Steiermark, Wolfsberg im Schwarzautal: Sie ist bereits einige Monate geschieden. Ihre Tochter findet sie zu Hause schwer verletzt und versucht sie zu reanimieren. Die Frau stirbt noch vor Ort. Ihr 52- jähriger Ex- Mann hat sie mit seiner registrierten Schusswaffe getötet. Nach der Tat begeht er Suizid. Sie wird 47 Jahre alt.
- #22 – 21.10. 2023 NÖ, Straßburg an der Nordbahn: Ein Mann tötet seine Ex- Freundin mit einer illegalen Schusswaffe auf offener Straße. Sie waren 15 Jahre ein Paar, als sie sich Ende August von ihm trennt und bei ihrer Mutter einzieht. Vor ihrem Haus tötet der 35- jährige sie. Es hat zuvor auch körperliche Übergriffe gegeben. Der Mann habe ein verpflichtendes sechsstündiges Anti-Gewalt-Training absolviert. Sie wird 33 Jahre alt.
- #23 – 22.10.2023, OÖ, Linz: Sie ist schwer krank. Ihr 81- jähriger Ehemann tötet sie und begeht danach Suizid. Die Ermittler gehen von einem “erweiterten Suizid” aus (Anm.: – dabei geschieht die Tötung ohne das Wissen des Opfers.) Sie wird 78 Jahre.
- #24 – 29.10. 2023, NÖ, Bezirk Krems, Langenlois: Ihr 34-jähriger Ex-Partner tötet sie auf einem Friedhof in Tschechien. Danach tötet er sich in einer Scheune selbst. Sie wird 39 Jahre.
- #25 – 7.11.2023, Steiermark, Bezirk Murtal, Pöls Oberkurzheim: Er ist eifersüchtig und tötet seine Ehefrau mit einem Messer. Der 61- jährige befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Er hat bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt.
- Sie wird 57 Jahre.
Quellen (26.11.2023) und weiterführende Links:
- https://nags.at/wissen/was-bedeutet-orange-the-world/
- https://www.moment.at/story/femizide-oesterreich-2023
- https://unwomen.de/orange-the-world-2023/
- Gewaltschutzstelle: ifs – Institut für Sozialdienste
- Home – Verein Amazone
- Selbsthilfegruppe Sonnenblume – Selbsthilfe Vorarlberg (selbsthilfe-vorarlberg.at)
- Bregenz – StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt | Österreich (stop-partnergewalt.at)
- Wir klagen an – Gewalt gegen Frauen | Facebook
- Facebook 16 Tage gegen Gewalt an Frauen
- FEMA der Verein feministischer Alleinerzieherinnen (verein-fema.at)