Häusliche Gewalt – Die Schlüsselrolle des Gesundheitssystems

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Veranstaltung des ifs im LKH Bregenz anlässlich der UN-Kampagne Orange the World

Oft ist das Krankenhaus die erste Anlaufstelle für Opfer von häuslicher Gewalt. Um die Öffentlichkeit und ganz besonders die Mitarbeitenden im Gesundheitsbereich zu sensibilisieren, erarbeitete die ifs-Gewaltschutzstelle gemeinsam mit den Vorarlberger Landeskrankenhäusern verschiedene Maßnahmen und präsentierte diese Ende November im LKH Bregenz einem Publikum von rund 100 Interessierten.

Neben der ifs Gewaltschutzstelle kamen auch Landesrätin Katharina Wiesflecker und Thomas Beck von der Opferschutzgruppe der Tiroler Landeskrankenanstalten zu Wort. Die Veranstaltung wurde von Landesrätin Martina Rüscher und der Krankenhaus-Betriebsgesellschaft eröffnet.

In Österreich hat jede dritte Frau ab 15 Jahren bereits körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren (Statistik Austria 2021), doch die Dunkelziffer liegt weit höher. Häusliche Gewalt führt häufig zu Verletzungen und gesundheitlichen Beschwerden, die medizinisch behandelt werden müssen. „Bereits seit 2006 bietet die ifs Gewaltschutzstelle Schulungen für Mitarbeitende des Gesundheitsbereichs an, um diese für die Thematik der häuslichen Gewalt zu sensibilisieren. Denn es ist wichtig, dass die gesundheitlichen Folgen der häuslichen Gewalt auch als solche erkannt werden“, erklärt MMag.a Angelika Wehinger, Leiterin der ifs Gewaltschutzstelle. Im vergangenen Jahr hat diese die Zusammenarbeit mit den Opferschutzgruppen an den Landeskrankenhäusern intensiviert und verschiedene Maßnahmen ausgearbeitet. „Das Thema Gewalt an Frauen ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, der wir uns in Vorarlbergs Krankenhäusern verstärkt widmen“, betonte Landesrätin Martina Rüscher im Rahmen ihrer Ansprache im Landeskrankenhaus Bregenz. „Es ist aus unserer Sicht wesentlich, ein sichtbares Signal zu setzen und klare Maßnahmen zum Opferschutz zu etablieren. Wir spannen außerdem ein Netz über ganz Vorarlberg, um eine umfassende Dokumentation sicherzustellen. Gewalt an Frauen darf nicht toleriert werden, und wir setzen uns klar dafür ein.“

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Opferschutz sichtbar machen

Ein Ergebnis der intensiveren Zusammenarbeit sind die Infoscreens in den Wartebereichen der fünf Landeskrankenhäuser, die verschiedene Formen von häuslicher Gewalt sowie Gewalt in Beziehungen thematisieren und auf das Beratungs- und Unterstützungsangebot der ifs-Gewaltschutzstelle aufmerksam machen. Auch die neu gestalteten Plakate des ifs-Gewaltpräventionsprojekts ‚StoP-Stadt(teile) ohne Partnergewalt‘ dienen der Sensibilisierung im öffentlichen Raum. Auf diesen Plakaten sind unterschiedlichste Personen abgebildet, die sich jeweils mit einem Zitat klar gegen Gewalt an Frauen und Kindern positionieren. „Unser Ziel ist es, das Tabu rund um häusliche Gewalt zu brechen und Zivilcourage zu fördern“, erläutert Projektleiterin Mag.a Nikola Furtenbach. „Es ist wichtig, dass Friseur, Geschäftsinhaber, Vereinsobleute, Fußballtrainer, Lehrer – Leute wie du und ich – öffentlich gegen Gewalt Stellung beziehen und für ein gewaltfreies Leben eintreten.“ Wichtig ist dem ifs ebenso wie den Vorarlberger Landeskrankenhäusern, dass alle Ansprechpartner:innen Hand in Hand arbeiten. „Von Gewalt betroffene Frauen müssen rasch wirksame Hilfe bekommen. Dafür sind Informationsangebote und die Zusammenarbeit von Behörden, Einrichtungen und dem persönlichen Umfeld entscheidend“, sagte Landesrätin Katharina Wiesflecker auf der Veranstaltung des ifs im LKH Bregenz.

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Mitarbeitende sensibilisieren

Mitarbeitende in allen Gesundheitsbereich sind mehrmals pro Woche mit Verdachtsfällen häuslicher Gewalt konfrontiert. Gemeinsam mit der ifs-Gewaltschutzstelle hat das LKH Bregenz deshalb eine neue, detaillierte Handlungsleitlinie entwickelt. Außerdem können sich interessierte Mitarbeitende im Intranet anhand der monatlichen Kurzimpulse zum Beispiel über den Hilferuf per Handzeichen oder die richtige Frage im Verdachtsfall informieren. Eine weitere Maßnahme sind regelmäßige Schulungen durch das ifs, die Polizei und seitens der Opferschutzgruppen. „Bei Betroffenen von häuslicher Gewalt kommt es oft zu weitreichenden und langfristigen somatischen und psychischen Erkrankungen, die weit über die akuten Folgen der Gewalt hinausgehen“, sagte Priv.-Doz. Mag. Dr. Thomas Beck von der Opferschutzgruppe der Tiroler Landekrankenhäuser. „Weil sie mit ihren Symptomen an allen möglichen Stationen vorstellig werden können, ist es so wichtig, dass das gesamte Gesundheitspersonal sensibilisiert wird.“

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