Ein einfaches Mail – verfasst am 7.10.23 vom damaligen AHS-Landesschulinspektor von Tirol, HR Dr. Thomas Plankensteiner an den damaligen Obmann der Lehrerinnen und Lehrer im ÖAAB-Vorarlberg, OStR Mag. Wolfgang Türtscher – kann guten Gewissens als „Gründungsdokument“ von Pro Gymnasium betrachtet werden. Die Frage von Plankensteiner „Was hältst du von der Gründung einer Plattform ‚Pro Gym‘ als alternative Westachse?“ wurde von Türtscher mit „Grundsätzlich ja“ beantwortet. (Zur Erklärung: Die damaligen drei Landeshauptleute von Vorarlberg, Tirol und Salzburg, Wallner, Platter und Haslauer, verstanden sich als politische Avantgarde in allen möglichen politischen Bereichen, u.a. auch im Bereich Bildung.)
Fast genau ein Jahr später erfolgte dann am 2. Oktober 2014 in Innsbruck die offizielle Vorstellung von Pro Gymnasium durch Sozialarbeiterin Marina Floriani, die Lehrerin Dr. Isolde Woolley, Elternvereinsobmann Ing. Peter Retter, Vizerektor Univ.-Prof. Dr. Norbert Mutz, AHS-Schulsprecher Florian Dagn und VHS-Direktor Mag. Ronald Zecha – die Medien berichteten ausgiebig, die frühere Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer und Konrad Paul Liessmann begrüßten die Gründung offiziell. In 48 Stunden erreichte man mehr als 1.000 Unterstützungserklärungen. In Vorarlberg versandte Wolfgang Türtscher auf Bitte von Ronald Zecha die Presseinformation an die Medien, worauf er medial zum Pro Gymnasium-Landessprecher mutierte, eine Funktion, die er dann bis September 2022 innehaben sollte. Auch dort war das Echo groß – man schaffte es auf Seite 1 in den VN und in die ORF-Sendung „Vorarlberg heute“. In Vorarlberg hatten damals die Gesamtschulbefürworter – Stichwort „Modellregion“ – in der veröffentlichten Meinung Oberwasser.
Plankensteiner und Türtscher. Foto: Pro Gymnasium
Die Herausforderung für Pro Gymnasium war, dass sich die drei ÖVP-Landesgruppen Vorarlberg, Tirol und Salzburg inhaltlich der Gesamtschule näherten. In Tirol seit 2011, in Vorarlberg 2012 die damals mit absoluter Mehrheit regierende ÖVP, was u.a. bei den Landtagswahlen 2014 dazu führte, dass die ÖVP jede fünfte Stimme verloren hat. Auch Haslauer in Salzburg zeigte Sympathien für die Gesamtschule, wurde aber von der Landes ÖVP „zurückgepfiffen.“
Eine erste offizielle Präsentation von Pro Gymnasium in Vorarlberg erfolgte am 11. Dezember 2014 – ein Glücksfall war, dass die Vorarlberger Schülerunion die Vorstellung von Pro Gymnasium übernahm und mit Dijana Milojevic, Felix Haller und Andreas Sulzberger medienwirksam gegen die „Gemeinsame Schule“ auftrat. Am 26. Februar 2015 wurde in Vorarlberg das „Aktionskomitee Pro Gymnasium“ der Öffentlichkeit vorgestellt – prominente Vorarlberger setzten sich öffentlich fürs Gymnasium ein.
Nachdem es schon im November 2014 Statuten gegeben hatte, erfolgte am 8. Juli 2015 in Innsbruck die Konstituierung des Vereins mit Neuwahlen, wobei sich der profilierte Vorarlberger Altpolitiker der ÖVP, aLR Dr. Rainer GÖGELE, als Obmann zur Verfügung stellte. Die weiteren Vorstandsmitglieder waren Mag. Dr. Isolde WOOLLEY, Ing. Peter RETTER, Univ.-Prof. Dr. Norbert MUTZ, Mag. Matthias HOFER, DSA Marina FLORIANI, Florian DAGN, Johannes SCHRETTER, Mag. Ronald ZECHA, HR Dr. Thomas PLANKENSTEINER und Mag. Wolfgang TÜRTSCHER. Es wurden in allen Bundesländern Landessprecher gewählt – dieser Prozess war 2018 abgeschlossen.
Mag. Matthias Hofer. Foto: ProGymnasium
Pro Gymnasium betrieb erfolgreich Öffentlichkeitsarbeit und politisches Lobbying – vor allem auf Bundesebene war natürlich die ÖVP der Ansprechpartner. Durch die Beschlussfassung des neuen ÖVP-Grundsatzprogramms im Mai 2015 mit einem klaren Bekenntnis zum differenzierten Schulsystem gelang ein wichtiger Zwischenerfolg; hier haben sich der damalige Generalsekretär der ÖVP Gernot Blümel und der ÖAAB mit Obmann Gust Wöginger sehr verdient gemacht. Wichtige Ansprechpartner waren Minister Sebastian Kurz und der damalige ÖAAB-Generalsekretär Karl Nehammer.
Medial im Vordergrund stand natürlich das Vorarlberger Forschungsprojekt „Gemeinsame Schule.“ Dieses war eigentlich von Anfang an nicht das Ergebnis systematischer Politik, sondern die Reaktion auf die gescheiterte „Modellregion Lustenau“ im November 2012. Es erfüllte auch den Anspruch der Wissenschaftlichkeit nicht. Der Vorarlberger Landtag beschloss zwar im Juli 2015, man könnte die Gemeinsame Schule als Ende der Reformbemühungen einführen, wie gesagt könnte – eine andere Form hätte in der ÖVP auch keine Mehrheit gefunden. Trotz vieler medialer Bekenntnisse hat es in Vorarlberg gesamtpolitisch nie eine Mehrheit für die Gesamtschule gegeben, wie auch österreichweit nicht. Mit dem Bildungsreformgesetz 2017 ist die „Modellregion“ auch rechtlich nicht mehr durch die Landespolitik umsetzbar – eine allfällige Entscheidung über einen Gesamtschulversuch fällt ausschließlich am Schulstandort!
2021 folgte dann Mag. Matthias Hofer auf Dr. Rainer Gögele als Obmann, nachdem Gögele als AHS-Lehrer in Pension gegangen war. Die Initiative „Pro Gymnasium“ braucht es weiterhin – es gibt speziell in Tirol und Vorarlberg immer wieder Bemühungen, die Gesamtschule umzusetzen. „Es heißt also, wachsam zu bleiben!“
Mag. Matthias Hofer
Obmann von Pro Gymnasium Österreich