„Ihr Kind isst besser, als Sie denken“ – Ernährungstipps für Eltern

Symbolbild: Bandi Koeck

Das A und O für ein gesundes Essverhalten von klein auf: den inneren Ernährungskompass stärken. In der Reihe „Wertvolle Kinder“ des Vorarlberger Kinderdorfs machte Ernährungscoach Katharina Fantl Appetit auf intuitives Essen. Denn wenn Kinder aus Traurigkeit, Frust oder Langeweile zum Essen greifen, ist der angeborene Ernährungskompass oft aus dem Lot geraten. Dabei würden wir von Geburt an alles mitbringen, um uns ein Leben lang gesund zu ernähren.

Von Christine Flatz-Posch

„Unser Körper ist ein wahres Wunderwerk und lässt uns zu jenen Lebensmitteln greifen, durch die wir gut versorgt sind. Wir wissen instinktiv, welche Nahrung uns gut bekommt und welche nicht“, betonte Katharina Fantl in der Reihe „Wertvolle Kinder“ des Vorarlberger Kinderdorfs. „Babys spüren Hunger, Sättigung, Bekömmlichkeit. All diese Vorgänge sind perfekt aufeinander abgestimmt.“ Verzicht führt zu heimlichem Essen Auch ein reibungslos funktionierender Ernährungskompass gehe jedoch nicht zwangsläufig mit Schlankheit einher. „Ursächlich für den Phänotyp ist die menschliche Genetik – jeder sieht anders aus und ist richtig so, wie er ist. Und jeder hat ein für seinen Phänotypus passendes Gewicht – einen sogenannten Setpoint“, so Fantl. Oftmals würden Eltern aus Sorge um das „richtige“ Gewicht des Kindes rigide Ernährungsregeln aufstellen. „Verzicht führt jedoch zu heimlichem, schambesetztem Essen … Das kann so weit gehen, dass man fünf leere Nutellagläser im Kleiderschrank der Tochter findet“, gab Katharina Fantl Erfahrungen von Eltern aus ihrem Coaching-Alltag an das interessierte Publikum weiter. Zuerst das Gemüse? Kinder in ihrem intuitiven Essverhalten zu bestärken, ist für Katharina Fantl das A und O einer gesunden Kinderernährung. Dazu gehöre, auf Sätze wie „Wenn du nicht brav bist, bekommst du nachher kein Eis“ oder „Erst das Gemüse, dann das Keks!“ zu verzichten. Überhaupt sollten Süßigkeiten nicht zur Belohnung eingesetzt werden. Ein „No go“ seien auch Aufforderungen wie „Was auf dem Teller ist, wird aufgegessen“. Stattdessen gelte es, dem Sättigungsempfinden der Kinder mehr Beachtung zu schenken. „Nur so kann das Kind selbst seine Kompetenz in punkto Nahrungsauswahl trainieren“, hielt die Mitbegründerin des Coaching-Konzepts „Confidimus“ fest.

Nur „leere Nudeln“ kein Grund zur Sorge

Und auch wenn man es zu Hause mit überkritischen, wählerischen kleinen Essern zu tun hat, die am liebsten nur zu „leeren Nudeln“ greifen, sei meist kein Grund zur Sorge geboten: „Auch Kinder, die sich sehr einseitig ernähren, haben selten Mangelerscheinungen – vorausgesetzt, dass die Vielfalt im Angebot da ist und nicht nur Fanta und Toastbrot auf den Tisch kommen.“ Je weniger Drill und Kontrolle die Mahlzeiten prägen, desto eher würde sich die Neugier entwickeln, Neues zu probieren. Auch von strikten Verboten rät die Expertin ab. „Dadurch werden Lebensmittel auf ein Podest gehoben. Der Verzicht bewirkt das Gegenteil.“ Unter dem Motto „Ihr Kind isst besser, als Sie denken“ können wir Kindern laut Fantl getrost Vertrauen in ihre Speisenauswahl schenken. Wichtig sei jedoch, hinderliche Gewohnheiten zu durchbrechen, z. B. das Frühstück ohne Hunger oder das Nebenbei-Essen vor dem Fernseher. Umso größere Bedeutung misst die Expertin festen Ritualen wie dem gemeinsamen Familienessen zu. Positive Bestärkung statt Machtkämpfe Viel Achtsamkeit, Verständnis und Geduld seien vonnöten, wenn sich bereits ein emotionales Essverhalten manifestiert hat, also Kinder ohne Hunger immer dann essen, wenn sie gestresst oder traurig sind, gelangweilt oder unter Druck. „Wenn Hunger nicht das Problem ist, ist Essen nicht die Lösung“, stellte die Mutter dreier Söhne fest. Dennoch sollte die Ernährungsfrage auf keinen Fall zum Machtkampf werden. „Helfen Sie Ihrem Kind in punkto Problemlösungskompetenz und im Umgang mit seinen negativen Gefühlen“, so der Appell des Ernährungscoachs. „Es geht darum, Verhaltensalternativen zum Essen zu finden, wenn das Kind bedrückt, ängstlich oder müde ist: Musik hören zum Beispiel, Tagebuch schreiben, Sport treiben oder einen Podcast anhören.“ Allen Familienmitgliedern tue es zudem gut, den Alltag mit möglichst viel positiver Bestärkung zu würzen.

Podcast „Kinderernährung ohne Kokolores“

Die Reihe „Wertvolle Kinder“ des Vorarlberger Kinderdorfs wird in Kooperation mit Russmedia und dem ORF Vorarlberg durchgeführt und vom Land Vorarlberg – Fachbereich Jugend und Familie – unterstützt. Über 80 Vorträge können in der Mediathek des Vorarlberger Kinderdorfs unter www.vorarlberger-kinderdorf.at nachgehört werden.

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