Vier Jahre systematische Tagfalterzählungen in Gsiberg – 11.000 Schmetterlinge gezählt und bestimmt

Kleiner Fuchs (Aglais urticae). Foto: Eva Benedikt

Kleiner Fuchs, Kleiner Kohlweißling und Großes Ochsenauge – das sind die am weitesten verbreiteten Tagfalterarten Vorarlbergs. Seit 2020 zählen Forschende der Universität Innsbruck gemeinsam mit Freiwilligen die Tagfalter in Vorarlberg. In den letzten vier Jahren wurden so über 11.000 Schmetterlinge gezählt und bestimmt. Das Monitoring wird unter der wissenschaftlichen Leitung des Instituts für Ökologie der Universität Innsbruck von der inatura Erlebnis Naturschau Dornbirn, den Tiroler Landesmuseen, der Billa Stiftung Blühendes Österreich und der Abteilung Umwelt- und Klimaschutz des Landes Vorarlbergs getragen.

Schmetterlinge sind nicht nur schön anzusehen, sie sind auch von besonderer ökologischer Bedeutung. Deshalb werden sie in Vorarlberg seit dem Jahr 2020 im Rahmen des Viel-Falter Tagfalter Monitorings systematisch beobachtet. 2023 wurde das vierte Erhebungsjahr im Viel-Falter Tagfalter Monitorings abgeschlossen und damit der erste Erhebungszyklus, bei dem insgesamt 100 Erhebungsflächen in ganz Vorarlberg erfasst wurden, beendet. Bei jeweils vier Erhebungen an diesen 100 Standorten haben die beteiligten Biolog:innen die Schmetterlingsbestände Vorarlbergs ganz genau unter die Lupe genommen. Von intensiv genutzten Talwiesen über geschützte Feuchtgebiete bis zu alpinen Rasen waren alle offenen Lebensräume vertreten. 8.000 Tagfalter in 108 Arten – 68 % der in Vorarlberg vorkommenden Arten – wurden dabei dokumentiert. Unterstützt wurden die Forschenden von ehrenamtlichen Erheber:innen, die bei über 600 Erhebungen unzählige weitere Tagfalter zählten und dadurch einen wichtigen Beitrag zum Monitoring leisteten.

Möglichst viele Menschen für die biologische Vielfalt zu begeistern und das Bewusstsein für ihre Bedeutung zu erhöhen, ist ein zentrales Anliegen des Viel-Falter Monitorings. „Schmetterlinge eignen sich besonders gut als Botschafter für die Insektenvielfalt, das hat sich bei Vorträgen, Workshops und Exkursionen immer wieder gezeigt.“, erläutert Ruth Swoboda Direktorin der inatura. „Die inatura, als leidenschaftliche Vermittlerin von Naturwissen, ist stolz darauf, von Anfang an Teil dieser Initiative zu sein.“

Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Phengaris teleius). Foto Eva Hengsberger

Beim Biodiversitäts-Monitoring stehen nicht die besonders seltenen Arten im Vordergrund. Es geht beim Tagfalter-Monitoring insbesondere um die Beobachtung der Bestandsentwicklung häufiger und weit verbreiteter Arten wie beispielsweise dem Kleinen Fuchs oder dem Großen Ochsenauge. Diese häufigen Arten sind ökologisch von besonders großer Bedeutung. „Schmetterlinge und andere Insekten sind unabdingbar für gesunde Ökosysteme. Von der Bestäubung von Blütenpflanzen bis zur Nahrungsgrundlage für Vögel, Reptilien, Fledermäuse und andere Kleinsäuger erfüllen sie eine Vielzahl wichtiger ökologischer Funktionen“, erklärt Johannes Rüdisser, Leiter des Viel-Falter Monitorings und Biodiversitätsforscher an der Universität Innsbruck. „Gleichzeitig sind sie ausgezeichnete Biodiversitäts-Indikatoren – geben also Auskunft, wie es um den Zustand eines Lebensraums steht.“

Auch seltene und gefährdete Arten wurden beobachtet. Hier sind sechs Arten hervorzuheben, die europaweit unter Schutz stehen und deren Erhalt in Vorarlberg daher von besonders großer Bedeutung ist: Goldener Scheckenfalter, Roter und Schwarzer Apollo und drei Vertreter der Ameisenbläulinge (Schwarzfleckiger Ameisenbläuling, Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling). Daten zu diesen und vielen weiteren Arten stellen einen wichtigen Beitrag zur 2022 aktualisierten Roten Liste der Schmetterlinge Vorarlbergs dar. „Leider sind sehr viele Schmetterlinge in Vorarlberg aus unterschiedlichsten Gründen in ihrem Bestand bedroht. Effektives Monitoring ist auch deshalb die unverzichtbare Grundlage dafür, die Trends der Entwicklung von Arten zu erkennen und darauf aufbauend gezielte Schutzmaßnahmen für ihren Erhalt zu entwickeln.“ betont Landesrat Daniel Zadra, Naturschutzreferent des Landes Vorarlberg. „Eine Initiative, in der Expert:Innen und interessierte Freiwillige Hand in Hand wissenschaftlich fundiertes Monitoring durchführen, ist dabei ein besonderer Glücksfall.“

Ronald Wüflinger, Generalsekretär von Blühendes Österreich, ergänzt: „Viel-Falter hat dazu geführt hunderte Menschen – Citizen Scientists – für Biodiversität, Naturschutz und insbesondere Schmetterlinge zu begeistern. Die ersten vier Jahre Viel-Falter Monitoring in Vorarlberg sind eine Erfolgsgeschichte, mit der die Basis für Folgeaktivitäten gelegt wurde.“

Mit den Erhebungen der letzten vier Jahre wurde die Grundlage für die langfristige Beobachtung von Tagfaltern in Vorarlberg geschaffen. Da die Bestände von Insekten kurzfristig starken natürlichen Schwankungen unterworfen sind, ist ein Monitoring über mehrere Jahre bis Jahrzehnte besonders wichtig, um Trends ableiten und Veränderungen feststellen zu können. 2024 sind daher wieder Schmetterlingsbegeisterte auf Vorarlbergs Wiesen unterwegs, um Daten für den nächsten Erhebungszyklus zu sammeln.

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