Buchschätze wo vor 500 Jahren Latein gebüffelt wurde

Foto: Bandi Koeck/Gsi.News

Der Feldkircher Goaßzipfel ist um Buchladen Paula reicher

Im ehemaligen Schul- und Studierstädtchen Feldkirch hat vor wenigen Wochen ein langgeträumter Traum Wirklichkeit erlebt und ist in das 500 Jahre alte Gebäude, in dem sich einst die Lateinschule befand, eingezogen. Wir trafen uns mit Sabine Baumgartner zu einem Gespräch in der Neustadt 45.

Von Bandi Koeck

Gsi.News: Wie kam es dazu, dass Sie hier im geschichtsträchtigen Goaßzipfel eine so schöne Buchhandlung eröffnet haben?

Sabine Baumgartner: Ich komme ursprünglich aus Frastanz, bin gelernte Mittelschullehrerin für Englisch und Zeichnen und war viele Jahre zuhause, weil ich mich um meine vier Kinder gekümmert habe. Der Jüngste ist mittlerweile 13 und im Dezember werde ich 50. Daher überlegte ich, ob ich zurück gehe und als Lehrerin arbeite oder mir einen Traum erfülle, den ich seit 20 Jahren hege. Seit Juni 2022 wohne ich in diesem Haus. Gleichzeitig begann ich bei Cervantes mitzuarbeiten und habe in Zürich eine Ausbildung zum Branchenwissen Buchhandel für Quereinsteiger gemacht. Die Lisi, die zuerst hier einen Wollladen hatte, ging in Pension. So war es für mich klar, dass ich nach der achtmonatigen Ausbildung in Zürich hier das Geschäft eröffne.

Gsi.News: Wie fühlte es sich an, wenn ein so großer Traum in Erfüllung geht?

Baumgartner: Es fühlt sich super an, ich bin total glücklich. Es war eine schöne Zeit zuhause mit meinen Kindern, aber die vielen Kontakte, die ich täglich erlebe, sind sehr schön.

Gsi.News: Die Eröffnung des Buchladens ist aber erst der Anfang, denn Sie haben noch viele weitere Ideen?

Baumgartner: Ja, denn ich möchte mich breiter aufstellen. Im zweiten Obergeschoss, dem ehemaligen Klassenzimmer von der Lateinschule vor 500 Jahren, möchte ich ab Herbst 2024 kleine Veranstaltungen wie ein kleiner Lesesalon, eine kleine Schreibwerkstatt oder ein kleiner Kalligraphiekurs durchführen. Dazu muss ich Lehrer besorgen, welche die Kurse anbieten, denn ich stelle einfach den Raum zur Verfügung. Und ab 2025 möchte ich zudem in den Schulbuchhandel einsteigen. Ich habe noch einige Kontakte von damals als ich im Schuldienst war und will mich mit dem Thema Leseförderung vertiefen. Vieles ist noch in Entwicklung, denn ich habe noch viele Ideen.

Fotos: Bandi Koeck/Gsi.News

Gsi.News: Wie sehr hat die Digitalisierung in Ihren Buchhandel Einzug gehalten?

Baumgartner: Ich bin eine analoge Person, meine Tochter führt meinen Instagram-Account. Es gibt noch meine Webseite mit einem online Buchshop. Abgeholt werden sollte die Bestellung vor Ort in Feldkirch. Vieles bei mir läuft über Mundpropaganda. Viele stolpern herein und sagen: „Was ist denn da, das habe ich noch nie gesehen“ und beginnen zu stöbern.

Gsi.News: Die Namensgeberin lässt sich erahnen. Aber wieso heißt ihr Laden Paula?

Baumgartner: Mit der Lyrikerin Paula Ludwig verbinde ich einiges. Sie ist mittlerweile seit exakt 50 Jahre tot, wurde 1900 im Schloss Amberg in Feldkirch geboren, mit 12 zog sie weiter nach Linz, war viel unterwegs: Paris, München, Berlin. Ludwig floh vor den Nazis, obwohl sie keine Jüdin war, war aber mit dem NS-Regime nicht einverstanden. Sie  lebte einige Jahre in Brasilien, hatte große Schwierigkeiten, wieder einen Pass zu bekommen. Österreich gab ihr keinen mehr, daher lebte sie in Deutschland bei einem ihrer Söhne, wo sie dann auch 1974 verstarb. Die Frau schrieb mehrere Gedichtbände. Ich habe auch ältere Sachen von ihr vor Ort.

Gsi.News: Welchen Bestand haben Sie aktuell hier im Buchladen?

Fotos: Bandi Koeck/Gsi.News

Baumgartner: Insgesamt sind es 2.300 Bücher, 400 davon sind gebraucht. Mit Kurt Arnoldini vom Bücherbasar Meiningen habe ich eine gute Kooperation. Ich bediene viele Genres, bin aber größtenteils sachbuchlastig. Es gibt in Feldkirch zwei andere tolle Buchhandlungen, mit Belletristik. Hier gibt es die Themen Natur, Kunst, Reise, Lebensführung, Pädagogik, Philosophie und Sachbücher. Ich versuche sehr breit zu bleiben und experimentiere aktuell noch mit sog. Graphic Novels, die in anderen Ländern der Renner sind, bei uns noch weniger. Neben den Büchern gibt es  auch kleine Antiquitäten, alte Ansichten von Feldkirch oder alte Postkarten von lesenden Frauen.

Gsi.News: Was denken Sie, in welche Richtung sich der Buchhandel in nächster Zeit verändern wird?

Baumgartner: Das ist schwierig zu beantworten. Ich weiß nicht genau, denke aber eher in Richtung Antiquariat. Das Verhältnis mit aktuell noch mehr neu anstatt alt kann sich aufweichen mit der Zeit.

Gsi.News: Herzlichen Dank für das sympathische Gespräch und alles Gute bei all Ihren Vorhaben hier in Feldkirch.

Sabine Baumgartner. Foto: Bandi Koeck/Gsi.News

Zur Person:

Die mobile Version verlassen